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Returning to his troops, Colonel Paddy O'Rorke swung off his horse and waved his sword and shouted, „Down this way, boys!" and led the way to where what remained of the 16th Michigan was about to fall under the Rebels' rush. "It was about this time," wrote Sergeant James Campbell, "that Colonel O'Rorke, cheering on his men and acting as he always did, like a brave and good man, fell, pierced through the neck by a Rebel bullet." His enraged men rushed past their fallen colonel and into the vacated line, meeting a storm of fire and delivering a storm of fire of their own. As for Colonel O'Rorke's killer, one of the first New Yorkers to reach the battle line wrote, "that was Johnny's last shot, for a number of Companies A and G fired instantly." It was said that this particular Rebel was hit, by actual count, seventeen times. (Stephen W. Sears - Gettysburg, S. 294)

Interessiert man sich für den amerikanischen Bürgerkrieg, lässt die Fülle an veröffentlichter Literatur zum Thema beileibe keine Wünsche offen. Im Gegensatz zur oft etwas voreingenommenen deutschen Geschichtsschreibung, die die eigene Militärgeschichte eher stiefmütterlich behandelt, wird in den USA jedes noch so kleine historisch interessante Fleckchen heimischen Bodens multifach umgegraben. So erfährt dort nicht nur die politische Geschichte, sondern auch die Kriegs- und Schlachtenhistorie ihre berechtigte wissenschaftliche Analyse. Und da man über dem Teich mit dem Thema „Militär" aus historischen Gründen viel unverkrampfter umgeht als in Mitteleuropa, stolpert man in den amerikanischen Büchereien geradezu über wissenschaftliche Abhandlungen zum blutigen Ringen der Jahre 1861-1865, dessen Ergebnis nicht nur das Schicksal der USA, sondern im weiteren Verlauf - bei genauerer Betrachtung - die Geschichte des gesamten Zwanzigsten Jahrhunderts maßgeblich mitbestimmte. Doch sind die historischen Dimensionen nur eine unter vielen Erklärungen für das Interesse am Civil War, wenn auch die objektiv triftigste. Auch die klare, unverstellte Sicht auf die Ereignisse spielt hier eine nicht unwesentliche Rolle, ist doch bei diesem Krieg in der zweiten Hälfte des Neunzehnten Jahrhunderts erstmals die Quellenlage formidabel. Es existieren Abertausende Originaltagebücher und Feldpostbriefe, die die erschütternde Realität im Kriegsalltag übrigens besser als jeder Film widerspiegeln. Genau auf diesen Primärquellen fußt die Literatur Michael und Jeffrey Shaaras - der beiden mit Preisen überhäuften, den US-Bürgerkrieg auf äußerst akribische Weise beackernden amerikanischen Autoren. Ihre historischen Romane „The Killer Angels", „Gods and Generals" und „Last Full Measure" wurden mit überschwänglicher Kritik bedacht, unter anderem mit dem Pulitzer Preis. Ihre oft recht pathetischen Werke sind einerseits durchtränkt von Ehrfurcht vor den militärischen Leistungen der Protagonisten beider Seiten, doch mahnen sie andererseits auch Versöhnung an und vermitteln vor allem einen zwar unpolitischen, doch nicht minder ätzenden Einblick in das Blutbad eines modernen Schlachtfelds. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die Filmindustrie der erfolgreichen Romanvorlagen annehmen würde. So wurde „The Killer Angels" 1993 mit illustrem Cast als „Gettysburg" verfilmt und war immerhin so erfolgreich, dass 2002 auch „Gods and Generals", diesmal unter unverändertem Titel, auf Zelluloid gebannt wurde. Nur der dritte Teil wartet noch geduldig auf seine visuelle Umsetzung. „Gods and Generals" blieb wohl hinter den von Warner gesteckten Erwartungen. Aber nun zurück zur größten und blutigsten Schlacht der amerikanischen Geschichte, der dreitägigen Schlacht von Gettysburg, einem kleinen verschlafenen Städtchen, zwei Autostunden entfernt von Washington.

Wie inszeniert man eine Schlacht als zentralen Inhalt eines Films? Zudem eine, die eine große Anzahl interessanter historischer Details vorzuweisen hat und von der Hunderte erschütternde, akribisch genau recherchierte Einzelschicksale überliefert sind? Indem man Schwerpunkte setzt! Und die werden bequemer Weise von der vielgelobten Romanvorlage übernommen. Infolge dessen sind die Hauptakteure des Epos „Gettysburg" nicht unbedingt deckungsgleich mit den damaligen Hauptakteuren, wenn sie auch alle - dem relativ hohen wissenschaftlichen Anspruch der Verfilmung gemäß - historische Figuren sind. So wird zwar auf der Seite der Südstaaten der viel gerühmte General Robert E. Lee (der hier etwas zu weinerliche Martin Sheen), der - sonst ein begnadeter militärischer Führer- während des dreitägigen Ringens in Pennsylvania einen mehr als dürftigen Job verrichtete, völlig berechtigt als Oberbefehlshaber in den Mittelpunkt gestellt. Auf der Seite der Nordstaaten hingegen wird ein rangniedrigerer Offizier, dessen Name einem General Lee vermutlich erst Jahre nach dem Krieg, falls überhaupt jemals, zu Ohren gekommen ist, in den Fokus gerückt. Nicht der historisch ebenfalls sehr interessante Oberkommandierende der Nordstaatenarmee wird hier präsentiert, sondern nur ein Regimentskommandeur, ein Colonel - der in den USA jedem Schulkind bekannte Joshua Chamberlain (Jeff Daniels). Der freiwillig in militärische Dienste getretene Professor aus Maine hatte mit seinem beherzten, selbstlosen Zupacken in seinem kleinen Abschnitt der Hauptkampflinie bereits am zweiten Tag der Schlacht den Ausgang derselben maßgeblich entschieden. Völlig zusammengeschossen, ausgelaugt und mit aufgebrauchten Munitionsvorräten, wehrte Chamberlain mit seinem Regiment, sozusagen auf dem Zahnfleisch kriechend, einen Angriff nach dem nächsten ab und führte schließlich sogar eine auch für damalige Zeit Aufmerksamkeit erregende Bajonettattacke durch - gegen geladene Waffen. Im anbrechenden Zeitalter des modernen Krieges erhielt er ob des ungeahnten Erfolgs seines kühnen Handelns dafür die „Medal of Honor" des Kongresses - und 130 Jahre später die Verfilmung seiner Tat. Daniels gibt den Colonel restlos überzeugend und unterstreicht einmal mehr sein enormes schauspielerisches Potential, das von den dümmsten Rollen („Dumm und Dümmer", 1994) bis zum denkbar anspruchsvollen Charakterspiel alles mühelos abzudecken vermag.

Mit von der Partie ist ferner Tom Berenger, der Lees „Old War Horse" spielt, den ebenfalls viel gepriesenen General James Longstreet. Hier erlaubt sich Regisseur Ronald F. Maxwell übrigens einige filmdramaturgische Freiheiten, die nicht zur Gänze der historischen Wahrheit entsprechen. Das mag zwar nur für Interessierte eine Rolle spielen, ist aber angesichts der hohen Authentizität des Gesamtwerks etwas verwunderlich. Da wurde zu nibelungentreu der literarischen Vorlage vertraut. Ein Blick in wissenschaftliche Abhandlungen von Historikern wie dem oben zitierten Stephen W. Sears hätte verdeutlicht, dass das Verhältnis Lees zu seiner rechten Hand Longstreet während der Schlacht keineswegs so harmonisch gewesen war, wie im Film präsentiert. Longstreet plädierte - und das wird im Film gezeigt - von Anfang an für ein Umgehen der Nordstreitkräfte, um selbst in der Lage zu sein, Ort und damit geographische Begebenheiten des Gefechtsfelds zu bestimmen. Der damals tatsächlich völlig eskalierte Streit der beiden, wird hier ohne ersichtlichen Grund ausgeblendet. Lee, betört von den unablässigen Siegen seiner Männer in den Monaten zuvor, die oft gegen eine vielfache Übermacht erstritten worden waren, verkannte die Situation und beging den Fehler seines Lebens. Der am dritten Tag der Schlacht von ihm befohlene, alles entscheidende und in der Folge völlig fehlgeschlagene Angriff auf das Zentrum der Union, sollte nicht nur die Schlacht von Gettysburg, sondern praktisch den Krieg entscheiden. Dieser gewagte Angriff ist in die Geschichtsbücher eingegangen als „Pickett's Charge", benannt nach dem kommandierenden Offizier der Attacke, General George Pickett, formidabel gespielt von Stephen Lang. Für diesen großen Sturm nimmt sich Maxwell viel Zeit. Über 90 Minuten werden bei einer Gesamtspielzeit von 271 Minuten (des Director's Cut) allein darauf verwendet, das große Finale und seine Vorbereitung in Bilder zu gießen. Und das ist Maxwell wirklich gelungen. Zusammen mit dem Kampf Chamberlains um den „Little Round Top" bildet der Pickett's Charge den unbestrittenen, vortrefflich inszenierten Höhepunkt des Films. Das hier Gezeigte gehört, was verfilmte Militärgeschichte angeht, zum absoluten Nonplusultra. Ein atemberaubender Augenschmaus, der nur dadurch etwas getrübt wird, dass die Produktion noch ohne jegliches CGI den Einsatz Tausender echter Statisten nötig machte. So stapfen zwar 1500 grau gekleidete Komparsen quer über die Wiesen des Originalschauplatzes im National Battlefield Park „Gettysburg" in Pennsylvania. Doch steht man dabei vor dem Problem, dass vor hundertfünfzig Jahren nicht 1500, sondern 15.000 Südstaatler in ihren Untergang marschierten. Eine 1,6 Meilen breite, tief gestaffelte Menschenmasse, die im Kanonen-, Kartätschen-, Schrapnell- und Flintenfeuer in weniger als einer Stunde in den Boden gestampft wurde. Dieses Blutbad in originalgetreuen Dimensionen darzustellen, hätte wesentlich mehr Aufwand bedeutet, was das Budget des Films völlig gesprengt hätte. Ein kleiner Minuspunkt, der allerdings nur bedingt dem überaus ambitionierten Regisseur anzukreiden ist. Er hat sicherlich das Beste aus seinen Optionen gemacht.

Abgesehen vom Mangel an Darstellungsmöglichkeiten, was streckenweise, für den Laien allerdings nur bedingt erkennbar, sozusagen zu einer Miniaturschlacht führt, liegt Maxwells Schlacht- beziehungsweise Romanverfilmung in fast allen wichtigen Punkten meilenweit vor der Konkurrenz. Von der einen oder anderen Holperigkeit bei den Dialogen abgesehen, wird hier das Gefühl vermittelt, Geschichte zu erleben. Und welcher Historienschinken kann damit wirklich glänzen? Sicherlich sind ein „Braveheart" oder ein „Gladiator" dramaturgisch erstklassige, man möchte meinen, exzellente Kinobeiträge, die obendrein, bei aller mangelnden Historizität, viel für das allgemeine Interesse an der Geschichte geleistet haben. Doch bleiben Gibsons und Scotts Meisterwerke, trotz ihres enormen Unterhaltungswerts, stets mehr Theater als Geschichte. „Gettysburg" hingegen ist nicht für ein Massenpublikum inszeniert, sondern tatsächlich ein Beitrag zur Geschichtsschreibung. Und so mag er zwar dem weniger Interessierten langatmig und zu unzeitgemäß erscheinen, doch genau das ist die Stärke von Maxwells Film. Er taucht genuin ein in die uns oft fremd wirkende Vergangenheit und scheut nicht strapazierende Dialoge oder mangelnden Bilderrausch - was womöglich den gewöhnlichen, von Michael Bay verwöhnten Kinobesucher nach wenigen Minuten langweilt. So nimmt sich der Film sehr viel Zeit für die historischen Charaktere, ihre Beweggründe, ihre Hoffnungen und ihr maßloses Leid.

Untermalt vom treffsicheren Score Randy Edelmans, der hier neben dem Soundtrack zu Michael Manns „The Last of the Mohicans" seine beste Arbeit abgeliefert hat, erlebt man mit „Gettysburg" zwar ein wenig pathetisch, aber dafür authentisch, Geschichte pur. Nicht nur die grandiose Musikuntermalung trägt ihren Teil dazu bei, dass - benebelt vom unübersehbaren Ausstoß an angeblich historisch interessantem Fernsehen - es sich hier wirklich lohnt, mal ein Auge zu riskieren. Sicherlich sollte man keinen dogmatisch verteidigten Pazifismus im Gepäck führen oder den Golfkriegskommentar „Jarhead" (2005) für sachliches Kino halten, um „Gettysburg" als das, was er ist, genießen zu können: einen unvoreingenommenen, unparteiischen und überdies überzeugend realitätsnahen Beitrag zur amerikanischen Geschichte! Von Bürgerkriegsinteressierten und Geschichtscracks wird Maxwells Film zurecht nicht selten als Offenbarung gefeiert, der übrigens angesichts des unermesslich leidvollen Opfergangs der Soldaten des Südens umso mehr fesselt, wenn man den Ausgang der Schlacht kennt.

Ob man nun hollywoodsche Hochglanzgeschichtsbeiträge oder die eingangs zitierte Wirklichkeit und damit einen Film wie „Gettysburg" - der sich zumindest ernsthaft an ihr versucht - unterhaltsamer findet, bleibt letzten Endes Geschmackssache. Oder womöglich doch nur eine Frage der jeweiligen Laune. Denn Kino muss, wie jeder weiß, nun wirklich nicht immer, so wie hier, höchst anspruchsvoll sein.

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