Story:
Mitten in die Geburtstagfeier einer Familie in Los Angeles platzen die Gangster Ray, Fantasia und Pluto. Die anfängliche Party endet mit sechs grausamen Morden. Das Trio flüchtet mit Drogen im Wert von einer halben Millionen Dollar.
Da Fantasia es nicht übers Herz brachte einen kleinen Jungen an ihren Gangsterfreund und Liebhaber Ray zu verraten, gelingt der Polizei eine rasche Identifizierung der drei Flüchtigen.
Als mögliches Ziel der drei wird die Kleinstadt Star City in Arkansas ausgemacht.
Dem dortigen Sheriff Dale Dixon werden zwei erfahrene Profis zur Seite gestellt, die die Verbrecher auf ihrer Durchreise abfangen und verhaften sollen.
Der ehrgeizige Dale, dessen tägliche Polizeiarbeit darin besteht in seinem Wagen herumzukutschieren und Ehestreits zu schlichten, sieht in diesem Fall seine große Chance aus dem langweiligen Kleinstadtleben zu entfliehen und eine „richtige“ Polizeikarriere zu beginnen. Seine beiden Kollegen können diesen Ehrgeiz und Enthusiasmus in gleicher Weise mitleidig wie arrogant nur müde belächeln.
Während in Star City die Vorbereitungen für den „Empfang“ der drei Verbrecher auf Hochtouren laufen, nähert sich das Gangstertrio immer weiter ihrem Ziel und hinterlässt eine blutige Spur. Ein Aufeinandertreffen beider Parteien schient unvermeidlich...
Was mir gefallen hat:
Als der Film 1993 in den deutschen Kinos lief, fand er leider bei der breiten Masse wenig Aufmerksamkeit und Beachtung. Entstanden ist der Film schon 1991, mit einem auch für damalige Verhältnisse winzigen Budget von 2,5 Millionen Dollar. Als Carl Franklin (der mit „One False Move“ debütierte) seine fertigen Film der unabhängigen Produktionsfirma IRS vorlegte, wollte diese den Film sofort ins Video-Ghetto abschieben. Zu hart, zu ungewöhnlich, zu riskant, wie es hieß.
Amerikanische Kritiker waren da anderer Meinung. Der Film wurde überall in den höchsten Tönen gelobt und letzten Endes schaffte er es doch noch mit 50 Kopien in die US-Kinos und avancierte zum Kulthit des Sommers `92.
Statt die Geschichte in kalten Häuserschluchten einer Großstadt anzusiedeln, verlegt Franklin den Schauplatz in den Mittelwesten der USA, der durch seine weiten, einsamen Highways und kleinen, staubigen Städtchen eine unvergleichlich dichte Atmosphäre bietet. Die fast schon stoisch wirkende Ruhe, die sich durch über den ganzen Film erstreckt fesselt von der ersten bis zur letzten Minute. Nur kurz vor Schluss wird diese Ruhe durch vereinzelte Pistolenschüsse unterbrochen, um dann wieder in Totenstille (im wahrsten Sinne des Wortes) zu versinken.
Als eine Mischung aus Film noir, Road-Movie und Kleinstadtkrimi erzählt „One False Move“ die Geschichte des Gangster-Trios Ray, Pluto und Fantasia und des Kleinstadtsheriffs Dale.
Carl Franklin springt hierbei in kluger Abfolge zwischen den beiden Fronten hin und her, widmet sich ganz seinen Figuren und verknüpft ihre Schicksale immer fester miteinander, zieht den Kreis enger und enger, bis eine Konfrontation unausweichlich scheint.
Obwohl der Film oberflächlich gesehen einen sehr gradlinigen Aufbau hat, überrascht Franklin des öfteren mit kleinen Wendungen, die den Film durchgehend interessant und spannend gestalten.
Gott sei Dank verzichtet der Film auf die klassische Schwarz-Weiß-Malerei. Die Grenzen zwischen „Gut“ und „Böse“ verschwimmen im Staub der Straße. Gut gefallen hat mir auch, dass es keinen eindeutig guten Charakter im Film gibt. Jeder hat seine „Schattenseite“. Man kann sich mit den Figuren aus „One False Move“ sehr gut identifizieren, da sie wie aus dem echten Leben sind. Keine typischen Hollywood Stereotypen.
Auch sonst wirkt „One False Move“ sehr realistisch und natürlich. Eine Geschichte wie aus dem Leben gegriffen. Dieser Aspekt ist es auch, der den Film so interessant macht. Keine aufgepuschte Heldenstory, in der der Held (den es in „One False Move“ noch nicht mal gibt) letzten Endes ohne Kratzer aus dem Showdown hervorgeht.
Eine Art Showdown hat „One False Move“ auch. Aber anders als man ihn sich vorgestellt. Das kompromisslose, offene Ende, das ich hier natürlich nicht verraten werde, gehört mit zu den besten Ende, die ich gesehen habe. Jenseits aller nervtötenden Happy Ends und dem „Alles wird gut“ Geplänkel.
Die Darstellung der Gewalt in „One False Move“ dürfte viele befremden. Obwohl wenig Blut und keine spektakulären Todesszenen zu sehen sind, behandelt Franklin die Themen Gewalt und Tod sehr direkt und mit einer ungewöhnlichen Härte. Der Tod wird hier nicht zu einer Show degradiert, die am Ende womöglich noch beklatscht und mit einem „Geschieht im recht!“ quittiert wird.
Mit Bill Paxton, Billy Bob Thornton, Cynda Williams und Michael Beach kann Franklin ein Traumbesetzung vorweisen.
Bill Paxton, der vorher eher in action- oder horrororientierten Filmen wie „Aliens – Die Rückkehr“ oder „Near Dark“ zu sehen war, konnte mit „One False Move“ erstmals auch unter Kritikern auf sich aufmerksam machen. Er liefert eine tadellose, bis ins letzte Detail glaubwürdige Darstellung des enthusiastischen, aber leicht naiven Kleinstadtsheriffs Dale Dixon, der mit die interessanteste Figur im ganzen Film ist.
Zunächst erscheint er dem Zuschauer als ein fröhlicher, unbeschwerter, ja sogar etwas leichtsinniger Gesetzeshüter und Familienvater, der die Ankunft der drei äußerst gefährlichen Verbrecher mit fast schon kindlich wirkender Freude erwartet. Er ist halt die Art von Mensch die man einfach lieb haben muss, aber aufgrund deren Verhalten man insgeheim den Kopf schüttelt.
So wie seine beiden „Kollegen“ aus L.A., die sich über seine Naivität und seinen Eifer amüsieren. Paxtons Figur schlägt, nachdem das Gespräch der beiden mitangehört hat, eine völlig andere Richtung ein. Er wirkt überlegter, misstrauischer, erwachsener. Er wächst mit seinen Aufgaben, wie man so schön sagt.
In einem ganz anderen Licht präsentiert sich seine Figur, wenn Dale das erste Mal mit Fantasia zusammentrifft und der Zuschauer etwas über den dunklen Fleck auf der weißen Weste des Sheriffs erfährt.
Die restlichen Schauspieler können in ihren Rollen ebenfalls überzeugen, müssen aber nicht weiter herausgehoben werden. Cynda Williams, als Gangsterbraut, die aus ärmlichen Verhältnissen stammt, wie es für viele Schwarze in Amerika traurige und bittere Realität ist und sich Ray und Pluto offensichtlich nur angeschlossen hat, um für ihren kleinen Sohn sorgen zu können gewinnt sofort die Zuschauer für sich. Und man hofft fast schon, dass für sie am Ende alles gut ausgeht und sie aus dem Teufelskreis der Gewalt entfliehen kann.
Billy Bob Thornton, der auch am Drehbuch beteiligt war, bietet eine wie immer souveräne Darstellung, des cholerischen Gangster Ray.
Auch Michael Beach als skrupelloser, eiskalter Verbrecher mit einer Vorliebe für Messer kann durchweg überzeugen.
Was ich nicht so toll fand:
Die deutsche Übersetzung ist an manchen Stellen etwas holperig und unvorteilhaft, ansonsten gibt es bei diesem Film absolut kein Kontra!
Fazit:
„Ein Meisterwerk, nichts weniger“ schrieb die Cinema einmal über diesen Film. Und ich kann mich diesem nur anschließen. „One False Move“ ist einer dieser kleinen, aber feinen Filme, die ohne die übliche Hollywood Action und Effekthascherei auskommt, aber trotzdem ungemein spannend ist. Er trifft mit Sicherheit nichts jedermanns Geschmack, aber welcher Film tut dies schon? Freunde von „Fargo“, „Red Rock West“ und „Ein einfacher Plan“ werden diesen Film sowieso sofort in ihr Herz schließen, mein Tipp an alle anderen: AUCH ANSEHEN!
Der Film erhält von mir 10 Punkte.