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Im Weltall hört dich niemand schreien...

"Alien" ist einer der bedeutensten Science-Fiction-Filme der Filmgeschichte und vielleicht der erste Film nach Kubricks "2001", der das Genre nachhaltig revolutionieren konnte.

"Alien" kann als vollendeter Design-Klassiker angesehen werden; vor allem H.R. Gigers berühmtes Alien-Design, aber auch das ausserirdische Schiff, der fremde Planet, die "Nostromo", ja sogar die Raumanzüge und das Rettungsschiff sind bis ins kleinste Detail mit viel Sorgfalt komponiert worden und können dank der makellosen Regieleistung Ridley Scotts ihre unheimlichen und atmosphärischen Reize komplett ausspielen. Scott präsentiert mit "Alien" seine Version eine dreckigen Zukunft, nichts an der "Nostromo" wirkt gemütlich - das karge Weiss des Mannschaftsdecks trifft auf die feuchten, düsteren und verschlungenen Gänge des Unterdecks. Die Protagonisten sind keine heldenhaften Astronauten auf abenteuerlichen Reisen durchs All, sondern ganz einfache Arbeiter, die Waren transportieren und unter Fabrik-ähnlichen Bedingungen arbeiten müssen (wenn sie nicht gerade in ihren Hyperschlafkabinen die Reisezeit überbrücken). Es gibt Diskussionen über die Verteilung der Prozente und über allem wacht der "Konzern", dessen düstere Interessen im Lauf des Films aufgedeckt werden.

Die Atmosphäre in "Alien" ist von Anfang bis Ende sehr fesselnd und wird von einer allgegenwärtigen Spannung getragen. Ähnlich wie in Spielbergs Horrorklassiker "Jaws" sieht man das Alien im Film nur sehr kurz und an manchen Stellen stehen die Spannungen innerhalb der Besatzung im Mittelpunkt. Vor allem Ripleys Beziehung zu Ash, dem wissenschaftlichen Offizier, ist sehr gut ausgearbeitet und findet in einem furiosen Höhepunkt ein Ende. So ist es alleine schon spannend zu verfolgen wie die Crew mit der Bedrohung umgeht und sich die Entwicklung einzelner Charaktere anzuschauen - das Alien ist jedoch auch an Bord und könnte jeden Moment seinen nächsten tödlichen Angriff unternehmen...

Neben allen anderen Vorzügen des Films spielt dieses Alien eine wesentliche Rolle, um den Spannungsbogen über die ganze Spieldauer aufrecht zu halten. Von diesem fremdartigen Wesen geht eine unbestimmbare Faszination aus und man kann Ash (im Prinzip) verstehen, wenn er sagt er bewundere die "konzeptionelle Reinheit" des Aliens - "geschaffen, um zu töten". Allein die Entwicklung des Wesens in seinen verschiedenen Stadien kann einem jede Menge Angst einjagen: der etwas mehr als handgroße Parasit an Kanes Helm, die Szene mit dem Brustkorb und letztlich die vollendete Killermaschine. Wenn man bedenkt, dass die Zuschauer damals keine Ahnung vom Ausgang hatten und auch nicht wussten, dass das Alien sich in dieser Art entpuppen und entwickeln wird, kann man den Meilenstein-Charakter des Films noch mehr verstehen. Die Effekte wirken heute in bezug auf das Alien etwas veraltet, können aber trotzdem noch immer überzeugen (abgesehen vielleicht von der Aufnahme des Aliens im Weltraum; die besten Aliens gibt es meiner Ansicht nach übrigens im zweiten Teil zu sehen).

Gleichwertig neben dem Alien steht die bereits angesprochene Besatzung des Raumfrachters, die perfekt besetzt worden ist. Sigourney Weaver ist als Lt. Ellen Ripley in ihrer stärksten Rolle zu sehen und auch das restliche Ensemle kann vollends überzeugen. Die Sympathien erhält zu Beginn Dallas und es ist daher umso überraschender, dass er bereits das dritte Opfer des Films ist.

Lediglich die allerletzte Szene, als Ripley das Wesen ins All schleudert, ist nicht im Sinne von Realismus gedreht. Aber der folgende, legendäre Funkspruch kann dafür entschädigen und man kann sich am Ende über ein rundum gelungenes Filmereignis freuen.

Ridley Scotts "Alien" ist ein komplett ausgereiftes Kunstwerk, das sowohl ein Meilenstein des Science-Fiction- als auch des Horrorkinos ist. Ästhetisch überragend, unglaublich spannend und auf allen Ebenen filmischer Gestaltung äusserst interessant und gekonnt umgesetzt.

10/10 Punkten.

Auch die beiden Fortsetzungen (Alien 4 gibt es für mich nicht) von James Cameron und David Fincher können überzeugen und führen die Geschichte Ripleys in konsequenter Tragik weiter. Während "Aliens" (1986) auf Spannung gepaart mit Action setzt (was sehr gut funktioniert, man denke an die Königin!), kehrte Fincher 1992 zu den Wurzlen des Horrors zurück und brachte die Geschichte zu einem tragischen Ende. Jean-Pierre Jeunet (der es eigentlich besser kann) hat sich mit dem vierten Teil die Finger verbrannt und einer genialen Trilogie einen verkrüppelten Sprössling geboren, der allerdings glücklicherweise zu schwach ist, um seine Vorgängerfilme nachhaltig besudeln zu können.

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