Durch „Star Wars“ waren Space Operas Ende der siebziger Jahre derart populär, dass sogar die ironische Kalkleiste Roger Moore als James Bond in „Moonraker“ seinen höchst lächerlichen Einsatz im Weltall bekam. Und indirekt ist es wohl auch George Lucas zu verdanken, dass „Alien“ überhaupt gedreht wurde, weil sich die Studios in jenen Jahren gierig auf alles gestürzt haben, was inhaltlich im Weltraum angesiedelt war, sogar den Schund. Und auch „Alien“ war wohl zunächst nur als B-Schinken geplant. Aber einige couragierte und teilweise auch geniale Menschen haben das glücklicherweise zu verhindern gewusst. So konnte man den schweizer Neosurrealisten H. R. Giger für das düstere Set- und das berühmte Alien-Design gewinnen, ließ den Werbefilmer Ridley Scott auf dem Regiestuhl Platz nehmen und besetzte die Hauptrolle des Films mit der vollkommen unbekannten Sigourney Weaver. Alles Glücksgriffe, die den Film weit über das hinausgehoben haben, was auf den ersten Blick im Plot zu stecken scheint: eine aggressive außerirdische Kreatur metzelt die Besatzung eines Raumfrachters im Zehn-kleine-Negerlein-Prinzip nieder. Aber glücklicherweise ist der Film dann - dem Drehbuch sei Dank - doch nicht ganz so geradlinig, wie es diese Umschreibung suggeriert.
Der Film lässt sich sehr viel Zeit, was für die Atmosphäre und die Spannung aber ungeheuer förderlich ist. Hier geht es subtil zu Werke, auf die üblichen Horrorstandards wird weitgehend verzichtet, stattdessen werden neue gesetzt. Viele Dinge, die heute zum Repertoire eines jeden Horrorfilms oder Thrillers gehören, wurden hier zum ersten Mal in dieser Form gezeigt. Dem geneigten, aber vielleicht schon ein wenig abgestumpften Filmfreund möchte ich daher ganz deutlich sagen, dass „Alien“ das Original ist und keine Kopie. Es geht in „Alien“ nicht um den billigen Schockeffekt, sondern um menschliche Urängste, mit denen hier ziemlich brillant gespielt wird. Wer für Feinheiten keinen Sinn hat, wird sich mit dem Alien schnell langweilen, denke ich. Und wer eine hohe Dosis Splatter oder Gore braucht, der ist hier ganz falsch, weil hier fast gar nichts explizit ist. Wer hingegen Freude an einer sich schleichend intensivierenden Bedrohung hat und gerne seine eigene Fantasie spielen lässt, der ist hier genau richtig. Der Spannungsaufbau des Films ist meisterlich, weil die Spanungskurve ohne überflüssigen Schnickschnack kontinuierlich ansteigt. Der Film ist äußerst dunkel, die Charakterzeichnung der Figuren sehr realistisch – Helden oder echte Identifikationsfiguren wird man hier nicht finden - und die Handlung frei von Klischees. Visuell ist der Film trotz des Alters sehr überzeugend und die musikalische Untermalung verstärkt den Eindruck des Films ungemein.
Mit diesem Film legten Ridley Scott und Sigourney Weaver den Grundstein für ihre Hollywood-Karrieren. Scott etablierte sich mit diesem Film als großer Stilist, Weaver fand in Ellen Ripley gleich die Rolle ihres Lebens, die sie noch drei weitere Male verkörpern sollte - und Gigers Alien wurde ein fester Bestandteil der Popkultur.
„Alien“ ist Genrekino im allerbesten Sinn, ein Referenztitel, der stilprägend wirkte und als unerreichter moderner Klassiker zu Recht seinen Kultstatus erlangt hat.