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Ok, die Story ist uralt und trägt einen Bart, länger geht's kaum noch. Die Filmgeschichte hat uns mit so vielen bitterbösen Außerirdischen totgeschmissen, aus der Invasion aus dem All ist ja mittlerweile schon eher eine Integration geworden. Warum sollte man sich dann einen Film aus einem Genre antun, in dem eigentlich schon alles gesagt wurde, und der eine von vielen Wellen losgetreten hat, die in dem TV-Mystery-Hype der Neunziger Jahre mündeten, der selbst die hartgesottesten Alienfreunde weichgespült hat? Ganz einfach: "Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt" ist der Maßstab, an dem sich alle nachfolgende Sci-Fi-Horror-Beiträge messen lassen mussten - und die nicht selten an diesem Vergleich zu Grunde gingen.

30 Jahre hat der Streifen nun auf dem Buckel. Und er hat bis heute nichts von seiner Wirkung verloren. Was in erster Linie mit ein künstlerischer Verdienst eines H.G. Giger ist. Der mit dem Design des Aliens nicht nur einen monströsen Meilenstein unserer Popkultur geschaffen hat, sondern der sich auch mit seinen Ideen für die genial-düstere Atmosphäre des Films verantwortlich zeichnet. Star-Trek und Co.hatten uns zwar bereits gelehrt, dass Raumreisen kein Zuckerschlecken sind, aber im Vergleich zu dem Schrecken, der die Besatzung der Nostromo heimsucht, muten die vorangegangen Film- und Fernsehabenteuer wie Kaffeefahrten an. Schon in den ersten Minuten wird deutlich: Die Nostromo ist kein High-Tech-Geschoss, sondern eine raumfahrende Müllkippe, ihre Belegschaft kein heldenhafter Haufen, sondern eine zusammengewürfelte Truppe mit Söldnermentalität.

Und die begibt sich nur widerwillig auf eine Rettungsmission. Kein Wunder, dass die Sache in die Hose gehen muss. Sehr zur Freude des Publikums, das eine ganze Reihe "Must-Have-Seen"-Momente erleben durfte: Die Untersuchung eines fremden und alptraumhaften Raumschiffes, das gespenstische, versteinerte Skelett einer unbekannten Spezies, der Ausbruch eines Aliens aus einem lebendigen Torso oder Captain Dallas nervenaufreibende Jagd durch das klaustrophobische Lüftungssystem der Nostromo - nur um nur ein paar der spektakulärsten Aufnahmen zu nennen.

Doch aller Spannung zum Trotz ist "Alien" ein erfrischend ruhig erzählter Horrorfilm. Ohne viel Blabla. Ohne hektische Schnitte. Scheinbar endlos hält die Kamera auf dem Gesicht von Harry Dean Stantons Alter Ego Brett inne, stets mit dem Verdacht, dass jeden Augenblick etwas passieren könnte. Doch das Unheil bleibt aus - um dann im nächsten Moment doch zuzuschlagen. Ein Stilmittel, dass inzwischen in jedem x-beliebigen Horrorschinken überstrapaziert wird, aber in Ridley Scotts Machwerk erst richtig zur Geltung kommt.

Bei einem so bedächtig vorangetriebenen Terror bleibt die Body Count-Ratio natürlich überschaubar. Aber selbst wenn das Monstrum mal für 15 Minuten von der Bildfläche verschwunden bleibt - die Anspannung lässt nicht locker. Mir fällt spontan kein weiterer Film an, bei dem ich noch heute so oft zusammenzucke, obwohl gerade gar nichts Schreckliches passiert ist. Ein umfallender Behälter im richtigen Moment oder eine aufgeschreckte Hauskatze reichen bereits aus, um die Pumpe auf Hochtouren zu bringen.

Aber so funktioniert Horror am besten: Wenn das Mysterium möglichst lange im Verborgenen bleibt. Es ist eine weise Entscheidung gewesen, das Alien stets im Dunkeln zu halten. Nicht nur, weil im Prä-CGI-Zeitalter noch leibhaftige Menschen in die Latexkostüme gesteckt wurden (was man dem Alien hier aber nur in der Schlussszene wirklich anmerkt). Wie man einen Mythos durch eine explizite Zurschaustellung galant in den Sand setzen kann, hat uns Paul Anderson mit seiner kruden Crossover-Schleuderware "Alien vs. Predator" ja anschaulich vorexerziert.

Fazit: Natürlich kann man "Alien" vorwerfen, dass er vorsehbar und wenig originell sei - auch Ripley's Auftritt als weibliche Heldin, damals ein Novum und nur nach heftigen Debatten mit dem Studio durchgesetzt, gehört inzwischen zum Standard-Repertoire des Genres - aber eben nur, weil in den dreißig Jahren danach zahlreiche Kopien vom Reißbrett auf den Markt geschleudert wurden. Wer sich wirklich drauf einlässt, wird am eigenen Leib spüren, dass der Streifen mehr als nur nostalgischen Wert hat. Verdiente 10 von 10 Punkten und der Auftakt einer unglaublichen Saga, die in seinen vier Ausführungen keinen einzigen Ausfall verbuchen musste.

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