Die Liebe tritt unerwartet in das Leben des Klosterjägers Haymo. Nachdem er der hübschen Gittli das Leben rettete, als diese beim Pflücken von Alpenblümlein beinahe in die Tiefe stürzte, steht für ihn fest, dass er dieses anständige Mädchen zur Braut nehmen will. Gittlis Familie indes befindet sich in einer alles andere als rosigen Situation. Ihr Bruder bangt um das Leben seines sterbenskranken Kindes und steht mit der Pachtzahlung bei dem unbarmherzigen Vogt schon lange im Rückstand. Der Arzt, der das Kind versorgt, erklärt ihm, dass das Leben des Kindes nur durch das Herz eines Steinbocks bewahrt werden könne, doch die Wilderei ist in der Gegend untersagt und aufgrund seiner Armut stehen die Chancen äußerst schlecht, ein Steinbockherz auf legale Weise zu erwerben. Da bietet ihm ein reicher Bauer, dessen Frau selbst auf dem Sterbebett liegt, einen Handel an: falls Wolfrat den Steinbock schießt, der in letzter Zeit oftmals in der Region gesehen wurde, teilen sie sich seine wundersamen Innereien zur Heilung ihrer Kranken und Wolfrat bekommt zudem von ihm das Geld geschenkt, das er dem Vogt schuldet. Wolfrat schlägt ein und zieht unter dem Vorwand, einen Holzchristus auf der Höhe anzubringen, am nächsten Morgen ins Gebirge hinauf, wo er auch tatsächlich den Bock vor die Flinte kriegt. Jedoch ist auch Haymo vor Ort und stellt Wolfrat, der es jedoch schafft, ihn in ein Handgemenge zu verwickeln und niederzuschlagen. Als er allerdings im Tal ankommt, ist sein Kind schon verstorben und ihm zudem die ermittelnden Behörden auf der Spur. Haymo befindet sich in einem Gewissenskonflikt. Soll er den Bruder des Mädchens, das er liebt, verraten oder den Verbrecher decken…?
DER KLOSTERJÄGER nimmt eine Ausnahmestellung im deutsch-österreichischen Heimatfilm der 50er und 60er Jahre ein, denn hier trennt die Handlung nicht nur das Setting, die Stimmung, das Ambiente von der Lebenswirklichkeit der Nachkriegsbevölkerung, die statt mit unberührten Wäldern jeden Tag mit den Schatten der Vergangenheit zu tun hatte, sondern auch rein zeitlich distanziert der Film sich von der Gegenwart. Aus den wenigen Kulissen, die vornehmlich aus dem Innern des Klosters oder schlichten Bauernhütten bestehen, oder den Kostümen lässt sich kaum schließen, in welcher Zeit DER KLOSTERJÄGER angesiedelt sein soll, ob im Hochmittelalter, ob in der Frühen Neuzeit, oder gar im neunzehnten Jahrhundert. Ob es den Verantwortlichen nun bewusst war oder nicht: der Film gibt sich allein deshalb den Anstrich einer Legende, eines Mythos, weil es unmöglich ist, ihn historisch zu verorten. Zu dem Eindruck trägt natürlich auch die Geschichte selbst bei, die für das Genre reichlich komplex geraten ist und mit einer ungeheueren Fülle an Protagonisten aufwartet, von denen jede noch so unwichtige Nebenfigur eine recht deutliche Charakterisierung erhält. Der Film, ein Frühwerk Harald Reinls, der später zu einem der kommerziell erfolgreichsten deutschen Unterhaltungsregisseur avancieren sollte, nimmt seine Figuren offenbar wirklich ernst, und anders als in vielen zeitgleich entstandenen Heimatfilme wirken sie nicht nur wie Schablonen, wie leere Leinwände, in die jeder Zuschauer seine eigenen Sehnsüchte und Gefühle hineinprojizieren sollte. Selbst die Liebenden, die ja generell darunter leiden, dass ihre Charaktere ziemlich blass und langweilig ausfallen, haben hier so etwas wie ein Profil.
Was dem Film zudem die Atmosphäre gibt, man hätte es hier mit einer verfilmten Legende zu tun, sind einige Besonderheiten der Story. Dass das Blut, die Innereien eines Steinbocks wundertätige Wirkung entfalten und den Tod von Kranken fernhalten sollen, erinnert ebenso an mittelalterlichen Volksglauben wie das Setting im Kloster und die vielen Mönche, die den Film bevölkern, was dem Film eine tiefreligiöse, teilweise gar mystische Atmosphäre verleiht, die freilich auch zur Folge hat, dass hier permanent mit christlicher Symbolik gearbeitet wird. Die fällt naturgemäß nicht besonders subtil aus. Wenn Wolfrat Haymo gerade vor dem Christus, den er auf die Höhe hinaufschleppte, niederzuschlagen versucht, spricht das ebenso für sich wie das Thema der Sünde und der Vergebung, das den gesamten Film durchzieht und am Ende im Tod Wolfrats kulminiert.
Optisch ist der Film vielleicht sogar eine noch größere Augenweide als viele andere Heimatfilme, die ja auch vorrangig mit ihren wunderhübschen Bildern punkten. Das Kloster, die alpinen Landschaften, die Bauernhütten sind allesamt eingefangen wie Gemälde. Positiv ist auch, dass DER KLOSTERJÄGER weitgehend auf Klamauk jedweder Art verzichtet, seine Geschichte zwar nicht todernst erzählt, jedoch seine Witze meist aufgrund der Eigenheiten der Charaktere entwickelt. Peinlich wird es höchstens in den glücklicherweise seltenen Ehestreitszenen zwischen dem Vogt und seiner Frau, die man sich wirklich hätte sparen können. Wenn jedoch feiste Mönche Decknamen für Bier und Leckereien erfinden, um ihren Abt zu täuschen, und sich heimlich die Bäuche vollzuschlagen, ist das sogar eine ganz amüsante Kritik an den Schlemmereien des Klerus wie sie auch in einer Decameron-Episode hätte auftauchen können.
Sicher lehnt sich der Film nie besonders weit aus dem Fenster, was seine Innovationen betrifft, und wahrscheinlich ist der Umstand, dass DER KLOSTERJÄGER ein wahrlich mythisches Werk geworden ist, mehr dem Zufall zu verdanken als vorausschauender Planung, doch das ändert nichts daran, dass es sich hierbei wohl um meinen liebsten Heimatfilm der goldenen Ära handelt. Und besonders schlecht kann ich einen Film sowieso nicht bewerten, in dem eine trashige Kampfszene zwischen Bär und Mensch zu sehen ist, in der der Bär von einem Schauspieler in einem lausigen Kostüm dargestellt wird.