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Der gebürtige Spanier Koldo Serra war wohl ein großer Fan von Sam Peckinpahs "Wer Gewalt sät", denn sein "Backwoods" enthält unzählige Gemeinsamkeiten. Nur knappe fünf Millionen Dollar standen ihm dafür zur Verfügung, doch mit Gary Oldman (The Dark Knight, The Book of Eli) konnte er nicht nur einen bekannten, sondern auch großartigen Mimen unter Vertrag nehmen.

Spanien 1978: Paul (Gary Oldman) hat seinen ehemaligen Mitarbeiter und Freund Norman (Paddy Considine) in sein Waldhaus eingeladen. Nach langer Fahrt kommen Paul und Norman mit ihren beiden Frauen Isabel (Aitana Sánchez-Gijón) und Lucy (Virginie Ledoyen) dort an. Doch die Abgeschiedenheit hat schnell ihren Reiz verloren, als Paul und Norman bei einem Jagdausflug ein eingesperrtes Mädchen, deren Hände total verstümmelt sind, aus einer Hütte befreien. Denn das Mädchen wird schnell vermisst und schon bald klopft es an der Tür von Pauls Haus. Doch man versteckt das Mädchen, was eine Kettenreaktion voller Gewalt in Gang setzt.

Man ist erstmal ein wenig überrascht, denn Serras Film ist kein trivialer Kampf Hinterwäldler gegen Urlauber und versucht diverse Klischees zu vermeiden. Desweiteren erhalten die vier Hauptfiguren enorm viel Platz, dafür bleiben sie leider zu oberflächlich. Das Verhältnis zwischen Paul und Norman wird nur kurz angesprochen, genauso die Ehekrise von Norman und Lucy. Fast jeder Dialog endet in einer Reiberei, doch auch Paul hat nicht das allerbeste Verhältnis zu seiner Isabel und ist besonders was seine Liebe zur Natur angeht sehr leicht reizbar. Man muss sich hier auf eine langsame Erzählweise einstellen, bedrohlich wirkende Momente sind leider rar gesäht. Richtig störend sind die fehlenden Informationen über das gefangen gehaltene Mädchen. Eine Erklärung wird nicht geliefert, nur dass die Einwohner unheimlich an dem Mädchen hängen und sofort einen Suchtrupp zusammenstellen. Jedoch haben wir es nicht durchgehend mit mordlüsternden Hinterwäldlern zu tun. Gerade das Oberhaupt Paco (Lluis Homar) will jede Form von Gewalt vermeiden und muss seine Kollegen immer wieder zurecht weisen. Dennoch sind Gewaltakte unausweichlich, denn man beschließt das Kind zur Polizei zu bringen, während Paul den Suchtrupp begleitet und somit ablenkt. Doch der Suchtrupp trennt sich bald und eine sich anbahnende Vergewaltigung löst die Gewaltspirale richtig aus.

Doch hier stehen wir schon an der Schwelle zum letzten Drittel, bevor sich Paul einiger Angriffe erwehren muss und durch den Wald gehetzt wird, während Norman, Lucy und Isabel mit dem Kind Richtung Dorf fliehen. Hier liefert Serra wirklich einen packenden Überlebenskampf, der jedoch nie übertrieben wirkt und fast ohne Brutalitäten auskommt. Hinterwäldler sind dafür bekannt, dass sie gerne die Gesetze in ihre eigenen Hände nehmen, aber auch der Suchtrupp um Paco wird drastisch dezimiert. Die stets triste Grundstimmung wird durch die verregnete Waldkulisse noch verstärkt. Trotzdem macht man dem Zuschauer das Mitfiebern nicht gerade leicht, denn die Charaktere sind alles andere als sympathisch. Lucy zickt ständig nur herum, Norman wird immer seltsamer, vor allem sein kompromissloses Handeln im Finale will man nicht so recht verstehen. Paul und Isabel benehmen sich teilweise auch etwas komisch. Das sehr offene Ende hinterlässt einen bitteren Beigeschmack, andererseits auch ratlose Gesichter. Nur auf die Darsteller kann man sich wirklich verlassen, die ausser Gary Oldman und Paddy Considine (Hot Fuzz, Das Bourne Ultimatum) jedoch recht unbekannt sind.

Es mangelt an Hintergrundinformationen, auch kommt das eigentliche Geschehen erst sehr spät in die Gänge, bleibt aber stets sehr bodenständig. Spannend ist "Backwoods" leider nicht durchgehend, obwohl es das letzte Drittel in sich hat. Die Darsteller machen einen tollen Job, doch im Endeffekt bleibt dieser Film zuviele Erklärungen schuldig.

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