Einige Reviewer (vor allem im IMDb) behaupten, das dieser Film ein Abklatsch oder zumindest ähnlich wie *Saw* oder sogar *Cube* ist. Das ist aber nicht korrekt, bzw. nur kurz am Anfang; da hat er dann doch schon eher Ähnlichkeiten mit *Five Fingers*.
Die Story, die in UNKNOWN aber erzählt wird, ist eine komplett andere.
>> hier könnte es leicht verSPOILERt sein <<
Schon gleich zu Beginn wird das Gebäude auch von außen gezeigt, wodurch man erfährt, das es sich dabei um ein reguläres Fabrikgemäuer in einer zwar öden Gegend, aber immerhin in der wirklichen Welt steht. Auch die Protagonisten im Inneren haben die Möglichkeit durch Fenster nach außen zu schauen und können ihren Aufenthaltsort zumindest einigermaßen lokalisieren. Sogar Leute kommen dorthin, mit denen kurzfristig Kontakt aufgenommen wird, aber nur am Rande und ohne Erfolg. Im Prinzip wird dadurch bewusst die Spannung des "unheimlichen Ortes" etwas zurückgenommen, wodurch sich der Betrachter etwas besser auf die neu aufgebauten Spannungselemente konzentrieren kann.
>> SPOILER ENDE <<
Das sind die Details, die den Film von *Saw*, *Cube* und auch von *Five Fingers* etc. deutlich genug abheben.
Die auch oft angedeuteten Parallelen zu *Reservoir Dogs*, *Fight Club* oder *Die üblichen Verdächtigen* treffen nur punktuell und geringfügig zu; man sollte sich auf keinen Fall von der Nennung dieser Filmtitel blenden lassen, was in Sachen Qualität, Anspruch und Thema dort im Vergleich zu UNKNOWN abgeliefert wird; man könnte herbe enttäuscht werden.
Daher kurz zur Story:
5 Männer wachen nacheinander eingesperrt in einer Halle auf und haben keine Erinnerungen daran, wer sie sind, woher sie kommen, wie sie dort hin kamen und welche Beziehungen sie zu den anderen Probanden haben. Zwischenzeitlich werden von allen ein paar Erinnerungsfetzen eingeworfen, sodass man erfährt, das es eine Rangelei gab und dadurch verursacht ein Gas ausströmte, welches für die Amnesie verantwortlich scheint. Die Frage, die sich ihnen mit der Zeit stellt ist, welche Rolle sie möglicherweise bei einer Entführung spielen, von der sie aus einer herumliegenden Zeitung erfahren; deren Opfer oder Täter sie sein könnten. Gemeinsam versuchen sie zumindest, mit ein paar künstlich eingeworfenen Querelen untereinander, ihrem Gefängnis zu entfliehen.
Diese Amnesiegeschichte wurde übrigens sehr gut ausgearbeitet und wird auch ordentlich dargestellt.
Was mir an UNKNOWN nicht so gefiel ist, das er keine goldene Mitte vorweisen kann; einige Dinge an ihm sind ganz gut, andere wiederum schlecht.
>> ACHTUNG: leichte SPOILER <<
Das Interessante an dem Film ist, das hier in einer Nebenhandlung auch Bilder von "draußen" gezeigt werden. Es spielt sich nicht alles nur in dem Kerker ab, sondern die Geschichte entschlüsselt sich nebenbei durch Outdoor-Szenen mit zeitweiliger TexMex-Atmosphäre. In denen geht es, in Verbindung mit dem Kidnapping, um eine gescheiterte Geldübergabe und deren weitere Verfolgung. Das lockert die ganze Situation auf, zumal der Kontrast zwischen (dem allerdings nicht gerade engem) Gefängnis und weiten Wüstenlandschaften meines Erachtens ganz gut gelungen ist. Auch gut hergerichtet wurde das Setting in der alten Fabrik.
Fast schon exzellent empfand ich die Filmmusik; und auch die ruhige Bildführung mit nur wenigen, aber gut platzierten Gimmicks war ein Genuss. Die Kamerafahrt während den Pre-Credits, wobei einem schon mal das Gebäude näher gebracht wird, hat ebenso gefallen. Der End-Twist ist eine schöne Überraschung und entlässt einen zumindest in diesem Punkt befriedigt aus den Film.
Und nun zu den negativen Punkten:
Die Interaktion zwischen den "Amnesisten" ist derweil haarsträubend schlecht, insbesondere die Verbalen; sie wirken gnadenlos kindisch ("gib' mir die Pistole; ich will sie haben - Manno" oder so ähnlich). Da wäre viel weniger mehr gewesen, denn trotzdem sie sich ja angeblich nicht erinnern, so werden doch sofort nach dem Erwachen misstrauische Feindbilder untereinander erschaffen, was sich in oberflächlichen Machtgebärden und Zankereien sowie stümperhaft zusammengedusselten Gesprächen + Anmachen äußert.
Gleichfalls unter den Cops in der Außenwelt sind die Dialoge und Gesten untereinander unglaublich primitiv, was zum Teil (aber bestimmt nur im geringen Maße) mit an der Synchro liegen mag (welche zumindest akustisch ganz ordentlich klingt). Jedenfalls schwächt dieses Text-Manko den ansonsten recht gelungenen Film ungemein.
Auch der einzige vorhandene und auch gutgemeinte Joke konnte mir kein Schmunzeln abverlangen: einer der Cops stellt in einer mexikanischen Kneipe die Frage, wer der Anwesenden einen Pick-Up fährt, woraufhin natürlich alle die Hand heben (weil eben alle Mexis einen Pick-Up besitzen; das sollte man dazu schon wissen oder vermuten) und erst die Farbdefinition ein wenig Klarheit bringt.
>> SPOILER ENDE <<
Bis auf JAMES CAVIEZEL und GREG KINNEAR konnte mich von den Darstellern keiner so richtig überzeugen. BARRY PEPPER zeigte mir hier nach *Three Burials* eindeutig, das er zwar ordentlich auf die Tube drücken kann, dabei aber nicht wirklich überzeugend ist. JOE PANTOLIANO's Figur hat mich auch nicht wirklich "fesseln" können, da er hauptsächlich herumsaß und von allen Anwesenden noch das dümmste Gequatsche von sich gab.
In der Parallel-Handlung ist es auch nicht besser, zumal die Figuren, bis auf BRIDGET MOYNAHAN und WILMER CALDERON, nicht sehr vordergründig dargestellt werden. Die zwar ebenfalls oft gezeigten Detectives wirken oberflächlich und konturlos.
PETER STORMARE spielt seine kleine Gastrolle als Ober-Bösewicht sehr dezent, also ohne sein typisches Overacting, was mir wiederum ganz gut gefiel.
Schulnote: 3-
Meine themenbezogene Empfehlung:
Auch nicht richtig erinnern kann sich Christian Bale (Batman Begins, Equilibrium) in dem Streifen *The Machinist (El Maquinista)*, eine spanische Produktion unter der Regie von Brad Anderson aus dem Jahre 2004. Nicht nur aufgrund Bale's Wandlungsfähigkeit, die sich bei diesem Film nicht nur auf seine darstellerische Leistung bezieht, ist jenes Werk absolut genial und empfehlenswert. Der hier und da mitunter etwas zäh wirkende Film hat es in sich; also nicht verzagen, sondern genau zusehen.
Und vorher nach Möglichkeit keine Reviews lesen, da wird einfach zu viel verraten.