Eine Kritik von McClane (Bewertung des Films: 5 / 10) eingetragen am 17.12.2005, seitdem 1409 Mal gelesen
Die Entdeckung Amerikas war genau 500 Jahre her als Ridley Scott seinen „1492 – Conquest of Paradise“ ins Rennen schickte.
Christoph Columbus (Gerard Depardieu) ist Seemann und entschlossen einen neuen Seeweg nach Indien zu finden – wenngleich niemand diesen Weg bisher untersucht hat. Doch in Spanien herrschen Kirche und Aristokratie mit entschlossenem Willen, jede neue Idee wird kritisch beäugt. Doch Columbus verfolgt seine Ziele mit krankhaften Ehrgeiz, wobei „1492“ stellenweise schon ein kritisches Bild zu zeichnen versucht – was jedoch daran scheitert, dass der Film Columbus gleichzeitig über alle Maßen glorifiziert.
Schließlich kann Columbus wenigstens die Königin Isabella (Sigourney Weaver) und den Edelmann Sanchez (Armand Assante) überzeugen, ihm eine Expedition zu genehmigen – der Rest ist Geschichte…
Zumindest ist der Rest teilweise Geschichte, denn „1492“ ist nur bedingt um historische Korrektheit bemüht. Zum einen werden kaum mehr als die allseits bekannten Fakten präsentiert, zum anderen finden sich jedoch kleine Fehler (soweit mir bekannt, kam z.B. nur eins von Columbus’ drei Schiffen durch und nicht alle). Aber es geht hier ja nicht um historische Korrektheit, sondern Unterhaltungswert, aber auch da wechseln sich Licht und Schatten miteinander ab, wobei „1492“ einfach zu überfrachtet ist und zu viele Genres auf einmal bedienen will.
Viele interessante Ansätze werden nur angerissen, z.B. bei der Überfahrt. Nur teilweise kann Ridley Scott die Entbehrungen der Mannschaft und das harte Seefahrerleben deutlich machen, aber zu schnell wird hier abgebrochen. Gleiches gilt für die Kampfhandlungen in der Schlussphase des Films, wenn es in der neuen Welt kriselt. Episodenhaft werden einzelne Scharmützel präsentiert, teilweise mitten in der Schlacht abgebrochen und die Entwicklungen, die dazu führten (Krach zwischen Columbus und anderen Edelmännern, sogar gespaltene Lager bei den Indianern usw.) nur schemenhaft angedeutet.
Die größten Schwächen bei „1492“ liegen jedoch im Drehbuch, speziell im Dialog. So schleppt sich die Story etwas gemächlich daher, wirklich episches Flair will nur teilweise aufkommen. Auch die Glorifizierung von Columbus als unbeugsamen Recken gegenüber feigen, betrügerischen Adeligen ist teilweise kitschig bis zum Exzess. Besonders problematisch jedoch die Dialoge, in denen oft pathetisch, inhaltsleer und pseudophilosophisch dahergeschwätzt wird – vor allem Columbus’ Off-Kommentare hauen dem Fass oft den Boden raus.
So entwickeln sich die Stärken von „1492“ meist dann, wenn Ridley Scott die Bilder sprechen lässt und die Charaktere die Fresse halten. Eindrucksvolle Aufnahmen, wenn endlich das gelobte Land aus dem Nebel auftaucht, die überraschend derben Kampfszenen oder kurze emotionale Momente wie die Beerdigung von Pinzon (Tcheky Karyo) sind klare Highlights und retten „1492“ dann halbwegs. Ebenfalls sehr stark ist der Soundtrack von Vangelis, der damals auch die Charts stürmte.
Schauspielerisch ist „1492“ auch tadellos. Vor allem der sonst eher als Komödienonkel bekannte Gerard Depardieu gibt eine überzeugende Columbus-Verkörperung in verschiedenen Altersstadien ab. Sigourney Weaver ist gut, hat aber wenig Screentime, sodass vor allem Armand Assante und Michael Wincott als arrogante Höflinge Akzente setzen können. Auch der Rest des Ensembles voll bekannter Gesichter (u.a. noch Tcheky Karyo, Frank Langella, Arnold Vosloo und Kevin Dunn) bietet keinen Anlass zur Klage.
So stehen ein wenig spannendes Script und arge Dialogschwächen den tadellosen Leistungen von Regie und Schauspielern gegenüber, was nur Mittelmaß ergibt. Ein gescheitertes Epos, aber immerhin mit viel Stil gescheitert.
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