Eine Kritik von niklas90 (Bewertung des Films: 5 / 10) eingetragen am 30.10.2008, seitdem 678 Mal gelesen
Gerard Depardieu spielt den spanischen Entdecker Christoph Kolumbus, der bekanntermaßen Amerika entdeckte, als er versuchte eine Route nach Indien über den atlantischen Ozean zu finden. Der Film gibt die Biografie des Entdeckers wieder und beginnt dabei bei Kolumbus Ankunft in Madrid.
Ridley Scott ist ohne Frage einer der besten Regisseure unserer Zeit und unter rein handwerklichen Gesichtspunkten, vor allem in Hinblick auf die Optik seiner Filme, vielleicht sogar der beste, den Hollywood momentan zu bieten hat. Ob die visionären Alptraumwelten in "Alien", die künstliche und fortschrittliche Kulisse in "Blade Runner", die berauschenden und gewaltigen Aufnahmen in "Gladiator" oder die teils edlen, düsteren Kulissen in "American Gangster", Scott ist einfach Klasse. Dumm nur, dass Scott, wie schon bei seinem Debüt "Die Duellisten" eine wirklich schwache Story vorgelegt bekommt, an der der Film bereits scheitert. Schade um seine, einmal mehr grandiose Arbeit.
Das Problem an der Thematik ist zunächst einmal, dass jeder Grundschüler weiß, wer Kolumbus war, was er entdeckt hat und warum er es entdeckt hat und jeder, der über das zwölfte Lebensjahr hinaus ist, weiß sogar noch mehr. Also hätte man sich rund um das Thema Kolumbus und die Entdeckung Amerikas weitere interessante Fakten suchen sollen, die der Zuschauer noch nicht kennt, aber man versucht nicht einmal das Interesse zu erwecken, da man nicht einmal dem geringsten Anspruch an historische Korrektheit stellt und einige Fakten und Stationen im Leben des Entdeckers entfallen lässt. Stattdessen baut man lieber ein paar Gefechte mit ein, die historisch sehr zweifelhaft geworden sind, so wird die Verantwortung von Kolumbus am Niedergang der indianischen Kultur mehr oder weniger ins Gegenteil gekehrt und sogar die Hexenverbrennung, die ja eigentlich rein gar nichts mit der Thematik zu tun hat, wird mit einbezogen. Kurz um: Der Autor setzt die falschen Schwerpunkte. Die Charakterkonstruktion ist sehr stark idealisiert, Kolumbus hat kaum Ecken und Kanten und ist somit nahezu naiv konstruiert, genauso, wie die unglaublich eindimensional gestrickten Nebenfiguren. Um beim Publikum besser anzukommen, strickt man also einen sympathischen und tragischen Bilderbuch-Helden und verliert somit den letzten interessanten Aspekt des Films aus den Augen. Die Story ist ein Totalausfall.
Immerhin macht Scott das Beste aus diesem Desaster. Die Optik ist einmal mehr hervorragend. Malerische Sonnenuntergänge, die Weiten des Ozeans, die unberührte Natur Amerikas und das mittelalterliche Europa: Einfach alles ist perfekt in Szene gesetzt und zu jedem Zeitpunkt überzeugt Scotts Optik mit berauschenden Kamerafahrten und virtuosen Aufnahmen von der ersten bis zur letzten Minute voll und ganz. Auch die Schlachten und Gefechte, so überflüssig sie in diesem Film auch sein mögen, sind ebenfalls hervorragend inszeniert und geben schon einmal einen Vorgeschmack darauf, was Scott in seinem Meisterstück "Gladiator" noch liefern sollte. Diese perfekten Aufnahmen sind mit dem Soundtrack von Vangelis perfekt unterlegt. Die Musik, die später die Charts in mehreren Staaten stürmte und die Boxkämpfe von Henri Maske einleiten sollte, würde ich jeder Zeit zu den 10 besten Filmmusiken aller Zeiten zählen und so ist die Inszenierung handwerklich einmal mehr nahezu perfekt. Das Erzähltempo ist, wie es sich für ein Historienepos gehört, relativ langsam, wird aber leider langatmig, da die desolate Story die Laufzeit kaum ausfüllen kann. Mit "Königreich der Himmel" und "Gladiator" blieb Scott auch weiterhin dem Genre treu, wobei bei diesen späteren Werken auch die Storys stimmten. Normalerweise hätte ein Regisseur mit solchem Weltklasseformat das Projekt niemals übernehmen dürfen.
Auch der Cast ist solide. Gerard Depardieu spielt genau das, was er spielen soll, nämlich den tragischen Helden und das macht er gewohnt gut, wobei man ihm den Vorwurf machen kann, dass er sich damit dem flachen Drehbuch anpasst, da auch er über diese naive Zeichnung seiner Figur nicht hinauskommt. Für Depardieu war dies nach längerer Zeit endlich noch einmal ein größeres Projekt, in dem er sein Talent beweisen konnte. Sigourney Weaver überzeugt nach "Alien" erneut unter der Regie von Ridley Scott und auch der übrige Cast spielt gut.
Fazit:
Schade um die guten Darsteller, den hervorragenden Soundtrack und die opulenten Bilder von Regie-Legende Ridley Scott. Der Film hätte durchaus Potential gehabt, wenn die Story nicht die falschen Schwerpunkte setzen, historisch sehr fragwürdige Thesen aufstellen, und die Charakterzeichnung nicht so kindlich naiv sein würde. So ist "1492 - Eroberung des Paradieses" leider mäßig unterhaltsam und kaum interessant. Wer`s nicht gesehen hat, hat nichts verpasst.
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