„Der Straßenfeger für den Neger!“ (Oliver Kalkofe)
Die Blaxploitation-Welle trieb anscheinend manch recht kuriose Blüte und machte auch vor dem Horror-Genre nicht halt. Neben Filmen wie „Abby“, „Dr. Black, Mr. Hyde“ und „Blackenstein“ gibt es mit „Blacula“, dem Regie-Debüt des US-Regisseurs William Crain aus dem Jahre 1972, auch eine dunkelhäutige Vampir-Variante, die ich doch tatsächlich als Heranwachsender und ohne einen, äh, „blassen“ Schimmer vom Blaxploitation-Phänomen im Nachtprogramm eines Privatsenders sah und dank der „Die schlechtesten Filme aller Zeiten“-Reihe auf Tele5 in den Genuss einer Zweitsichtung kam.
Im Jahre 1790 reisen der afrikanische Prinz Mamuwalde (William Marshall, „Abby“) und seine Frau Luva (Vonetta McGee, „Ich, die Nonne und die Schweinehunde“) quer durch Europa, um unter den Adligen Verbündete im Kampf gegen den Sklavenhandel zu finden. Eines Tages gerät er dabei auch an den Grafen Dracula (Charles Macaulay), der von dieser Idee alles andere als begeistert ist, sich ganz im Gegenteil als mieser Rassist entpuppt, Mamuwalde kurzerhand ebenfalls zu einem Vampir macht, ihn „Blacula“ tauft und zusammen mit Luva in einer Grabkammer einkerkert. Rund 200 Jahre später erstehen zwei Innenarchitekten aus Los Angeles, USA, Draculas Schloss inklusive Mamuwaldes Sarg und lassen diesen zusammen mit anderen Reliquien in ihre Heimat liefern. Nach Öffnung des Sargs stürzt sich Blacula zunächst auf die beiden jungen Männer und treibt anschließend auf den Straßen und in den Nachtclubs der Stadt sein Unwesen. Als er auf die junge Tina trifft, die seiner dahingeschiedenen Luva wie aus dem Gesicht geschnitten scheint, verliebt er sich unsterblich in sie. Doch der besonders engagierte Dr. Gordon Thomas (Thalmus Rasulala, „Lambada – Heiß und gefährlich“) hält nicht viel von dieser Art Romantik und schickt sich an, dem finsteren Treiben ein Ende zu bereiten...
„So was von einem flegelhaften Nigger ist mir ja noch nie über den Weg gelaufen!“
Nach einer tanzbaren funky Titelmelodie, die zu einer langen, liebevoll animierten Introsequenz ertönte, wähnte ich mich bald in einer Gay- statt Blaxploitation, denn die beiden Sargkäufer (wohlgemerkt einer von ihnen mit Afro) wurden derart tuntig überzeichnet, dass man knietief durch Schwulenklischees watet. Die Sarg-Transportszene wurde übrigens mir nichts, dir nichts aus „Junges Blut für Dracula“ gemopst. Doch schwamm drüber, dafür sieht Blacula durchaus imposant aus, da wurde gute Maskenarbeit geleistet. Dass er bedeutungsschwanger langsam durch die Gegend latscht und dabei irre lacht, wirkt jedoch eher belustigend denn unheimlich und trägt auch nicht dazu bei, der Blutsauger-Sause Gruselstimmung oder wirkliche Vampir-Atmosphäre einzuhauchen. Das könnte zum einen an den minutenlangen Soul-Gesangseinlagen im Nachtclub liegen, die zwar direkt in die Beine gehen, deren Interpreten dazu aber eher im Fremdschambereich tanzen. Zum anderen scheint dies auch nicht unbedingt Intention der Filmemacher gewesen zu sein, die sich zwar genüsslich in Vampir- und Schwarzen-Klischees suhlen, ihre Handlung jedoch nicht unbedingt ernst und es mit der inneren Logik nicht sonderlich genau nehmen. So findet sich Blacula offenbar problemlos bestens im Los Angeles des 20. Jahrhunderts zurecht, während um ihn herum manch alberner Spruch gerissen wird. Aber immerhin verwandelt er sich in eine Fledermaus und steuert Tina per Telepathie, bis sie von einem idiotischen Bullen erschossen wird. Die Vampirisierung der Opfer Blaculas tritt unmittelbar ein und macht sie zu ansehnlichen Untoten, für deren Erscheinungsbild man sich Mühe gab und sie auch in schöne Stunts schickt, indem man sie anzündet. Das Finale fällt dann recht durchschnittlich aus, dafür actionreich und mit einer netten tragisch-romantischen Note.
„Blacula“ ist schon in gewisser Weise trashig, wirkt aber gefangen im Niemandsland zwischen ernstgemeint und karikierendem urbanem Ethno-Spaß, ist nett anzusehen, aber nicht wirklich spannend. Guten Ideen folgen schluderigen Vernachlässigungen von Mindeststandards, der Gruselfaktor der Masken und Make-ups sowie der Thematik an sich wird untergraben vom beschwingten Soul, Funk und Groove, der sich nicht nur in der Filmmusik wiederfindet, sondern auch im poppigen Inszenierungsstil. So richtig gut ist „Blacula“ nicht, aber auch nicht richtig schlecht. Kritik scheint er sich durch Ironisierung entziehen zu wollen, mit einer Horrorkomödie möchte er dennoch nicht verwechselt werden. Unter Berücksichtigung seiner Originalität lege ich mich auf glatten Durchschnitt fest; unbedingte Blaxploitation-Fans wiederum dürften evtl. mehr an ihm finden als ich.