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Kottan ermittelt: Hartlgasse 16a (1976)

Eine Kritik von Bretzelburger (Bewertung des Films: 9 / 10)
eingetragen am 11.12.2007, seitdem 2042 Mal gelesen



Unabhängig davon, wie man die Fernsehserie "Kottan ermittelt" im Nachhinein betrachtet, wird die erste Folge immer ihren solitären Charakter bewahren, einfach deshalb, weil sie wesentlich früher entstand und als eigenständige Geschichte konzipiert worden war. Umgekehrt ist es interessant zu beobachten, wie Autor Helmut Zenker und Regisseur Peter Patzak aus der hier entwickelten Konstellation eine Serie machten, die den in "Hartlgasse 16a" gesponnenen Faden kongenial aufnahm und mit jeder Folge mehr entfremdete. In dieser Metamorphose, die die erste und letzte Folge fast bis zur Unkenntlichkeit auseinander entwickelte, ist die Besonderheit dieser Serie zu erkennen, die sich nie auf der Befriedigung von Wiedererkennungswerten ausruhte und selbst gewohnte "Running Gags" wieder persiflierte.

Von diesen Variationen ist in "Hartlgasse 16a" noch nichts zu erkennen, denn Zenker und Patzak schufen hier ein in sich abgeschlossenes Filmkunstwerk. Auffällig dabei ist vor allem, dass die scheinbare Hauptfigur Kottan nur eine Randfigur darstellt, die nicht einmal Einfluss auf die Geschehnisse in der Hartlgasse 16a nimmt, sondern eher als Satire auf den stumpfsinnigen, fremdenfeindlichen Polizeibeamten angelegt ist. Peter Vogels zurückhaltendem Spiel ist es zu verdanken, dass dabei nie der Rahmen des Lächerlichen überschritten wird. Seine Aktionen, die sich ausschließlich auf die für ihn verdächtigen Jugoslawen konzentrieren, sind keineswegs übertrieben oder vordergründig bösartig, aber in ihrer Sturheit ein bezeichnendes Abbild dieser Vorurteils beladenen Denkweise.

Wie damalige Zuschauerreaktionen noch nachvollziehbar machen, wurde eine solche Charakterisierung der Polizei 1976 noch als Provokation empfunden, besonders deshalb, da sich Patzak und Zenker vordergründig an der Gestaltung eines "Tatort" orientierten, indem zu Beginn ganz konventionell eine Leiche in der "Hartlgasse 16a" entdeckt wird. Die alte Frau Klenner wird durch den Briefträger, der ihr die Rente bringen will, auf dem Boden liegend gefunden und die herbeigerufene Polizei stellt fest, dass sie erstochen wurde. Zudem findet sie schnell heraus, dass es sich bei der alten Dame keineswegs um eine arme Rentnerin handelte, sondern dass sie zwei Häuser besaß, die sie vor allem an Ausländer vermietete.

Ab diesem Zeitpunkt ist allerdings nichts mehr wie im normalen Tatort, denn Zenker entwirft hier ein realistisches Szenario eines Wiener Mietshauses, in dem die gegenseitige Missgunst der Bewohner noch das kleinste Übel ist. Obwohl sich die verschiedenen Damen spinnefeind sind, sind sie sich in ihren Vorurteilen gleich, ganz abgesehen davon, dass im Haus sowieso Jeder wusste, dass die alte Frau Klenner in Wirklichkeit sehr wohlhabend war. Überraschend in "Hartlgasse 16a" ist die Leichtigkeit mit der hier in amüsanter Art und Weise finsterstes Gedankengut verbreitet wird. Die hervorragenden Darsteller spielen so real, dass der Film trotz des leicht satirischen Anstrichs einen nahezu dokumentarischen Charakter erhält.

Einiges davon wirkt heute weniger provokativ als vor 30 Jahren, aber die Macher ließen für damalige Verhältnisse wenig aus und zeigen das ganz normale reaktionäre Gedankengut, dass sich einerseits in unverhohlen rechtsradikalen, ausländerfeindlichen und homophoben Ausdrücken auslebt, andererseits obrigkeitshörig und verlogen geriert. Das galt auch für die Verstorbene, die die jungen Jugoslawen zwecks „Liebes Dienst“ in ihr trautes Heim lud, damit sie so einen Teil der Miete in ihren heruntergekommenen Häusern ableisten konnten.

In diesem Szenario wird die Rolle des Kottan trotz der fehlenden Interaktion mit den Hausbewohnern wieder wichtig, denn in „Hartlgasse 16a“ gibt es keinen Polizeikommissar, der vorurteilsfrei und selbstkritisch agiert und die Dinge wieder zu recht rücken kann. Major Kottan ist nicht anders als die Anderen und es ist bezeichnend, dass ausgerechnet der „Krüppel“ (für die der Wiener auch immer etwas übrig hatte, wie diverse „Volkslieder“ glaubhaft machen) Paul Schremser (Walter Davy), der als einbeiniger Polizist bis heute ein Unikum geblieben ist, die Tat letztendlich aufklärt.

Trotz des munteren Treibens, das auch noch einen zweiten Mord nach sich zieht, spürt man auch einen melancholischen, fast depressiven Unterton, den die Macher durch einen fremdartigen inszenatorischen Trick erzeugen. Die Musik, die in „Hartlgasse 16a“ zu hören ist, stammt ausschließlich von Georg Danzer, auch wenn Jemand Radio hört oder einen Schilling in die Music-Box in der Kneipe einwirft. Danzers Musik ist in der Realität wahrscheinlich das Letzte, was die Protagonisten hier hören würden, und so wirken seine Texte wie ein Kommentar aus dem Off. Wenn sein trauriges Lied „Das kann doch noch nicht alles gewesen sein“ erklingt, dass aus einer selbstkritischen Sicht geschrieben wurde, dann wird dem Betrachter angesichts der hier gezeigten Vorgänge klar, dass die hier Agierenden bestimmt nicht auf solche Gedanken kämen, obwohl sie es eigentlich müssten… (9,5/10).


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