Eine Kritik von niklas90 (Bewertung des Films: 6 / 10) eingetragen am 26.11.2008, seitdem 1178 Mal gelesen
Ellen Page spielt die 16jährige Juno, die ungewollt schwanger wird. Mit Unterstützung ihrer Eltern beschließt sie schließlich das Kind zur Adoption freizugeben und findet schnell ein scheinbar perfektes Pärchen, gespielt von Jennifer Garner und Jason Bateman, muss dann aber während der Schwangerschaft feststellen, dass es sich bei den beiden vielleicht doch nicht um das perfekte Pärchen handelt, dem sie ihr Kind anvertrauen wollte.
Mit "Thank You For Smoking" hatte Jason Reitman die beste Satire seit Jahren abgeliefert und feierte so einen furiosen Einstand in Hollywood, die Erwartungen an sein nächstes Werk waren damit hoch, gerade, da er sich mit einem strittigen Thema, nämlich ungewollten Teenagerschwangerschaften auseinandersetzen wollte, aber leider kann das Endprodukt, das zwar nicht schlecht ist, diese Erwartungen, die durch seine vier Oscar-Nominierungen noch weiter erhöht wurden nicht einhalten.
Im Prinzip gibt es immer zwei Möglichkeiten, mit einer Thematik, wie dieser umzugehen, die vielschichtige, realistische und ernste und natürlich die leichte und lockere Variante, für die man sich in diesem Fall entscheidet. Damit manövriert der Film im Prinzip um alle Ansätze und Problematiken herum, die man sich bei dieser kontroversen Thematik erhofft hätte. Die Frage, warum Juno nicht verhütet hat stellt sich überhaupt nicht, der Vater und die Stiefmutter reagieren unglaublich gelassen und auch die Frage, wie die Gesellschaft mit einer schwangeren 16jährigen im eher konservativen Amerika umgeht, wird nur tangiert. Hinzu kommt noch die relativ unglaubwürdige Begründung dafür, dass Juno nicht abtreiben will: warum sollte der dreiste Teenager, der schon mit 16 schwanger geworden ist bitte bei der Frage ob er abtreiben soll oder nicht auf die theologische/ethische Argumentation hören? Im Grunde ist es ja ein schlechter Witz, dass Diablo Cody, die eine eher flache Story abliefert, die sämtliche tiefergehenden Fragen umgeht, für ihr Drehbuch den Oscar erhielt.
Die Charakterkonstruktion ist ebenfalls eher mittelmäßig. Juno ist etwas zu selbstbewusst konstruiert, aber alles in allem ein relativ glaubwürdiger Charakter, der durchaus Sympathie und Mitgefühl erweckt. Ihre Eltern, ihre Freunde und der künftige Vater sind ebenfalls sympathisch gehalten, dabei aber teilweise zu liebenswürdig und glatt, wobei man sich sichtlich Mühe gibt altbekannte Hollywood-Klischees zu umgehen. Das Adoptiv-Pärchen ist allerdings eher schlecht konstruiert. Die Nebenhandlung um Juno und den künftigen Adoptivvater, der ihr zunehmend sympathischer wird, ist in meinen Augen eher überflüssig und bremst das Geschehen nur aus. Die Adoptivmutter ist vollkommen unglaubwürdig konstruiert, ihr Kinderwunsch und ihre Kinderliebe sind viel zu extrem dargestellt und auch hier fehlen jegliche Ecken und Kanten. Die Handlung an sich ist unvorhersehbar, bleibt aber im Rahmen des Konventionellen. Die Story ist einfach zu flach und zu locker für die ernste Thematik, die sie behandelt.
Der Humor besteht meist aus unbeschwertem Wortwitz und einem bisschen Situationskomik und erinnert in groben Zügen an Woody Allens Werk. Die Gags werden zwar gut platziert und sympathisch serviert, aber auf Dauer werden Junos Kommentare dann auch recht monoton und belustigen kaum noch. Als Filmmusik wählt Reitman, wie bei Feel-Good-Movies dieser Art üblich, diverse Pop- und Rock-Songs, wobei diese in meinen Augen zu stark überdosiert sind, so gibt es einfach zu wenige ruhige Momente im Film. Ansonsten ist der Film routiniert inszeniert, die Darsteller setzt Reitman gut in Szene, das Erzähltempo hält er schnell genug um durchgehend unterhalten zu können, aber auch hier gibt es nichts zu sehen, was das Rad neu erfinden würde.
Die einzige, in meinen Augen nachvollziehbare Oscar-Nominierung ist die für Ellen Page, die zuvor schon mit "An American Crime" zeigen konnte, was in ihr steckt, da sie auf einem Niveau mit der routinierten Catherine Keener spielte. Das 21jährige Talent ist in ihrer Rolle rundum sympathisch, besticht mit Präsenz, Ausstrahlung und Charisma und wirkt von Anfang bis Ende locker und erfrischend und liefert zudem eine hervorragende, fehlerfreie Darstellung ab. In meinen Augen gehört sie zu den ambitioniertesten Nachwuchsdarstellern, die Hollywood momentan hat. Jennifer Garner und Jason Bateman liefern grundsolide Leistungen ab, können Ellen Page aber bei weitem nicht das Wasser reichen. J.K. Simmons, der als Chefredakteur in "Spider-Man" und als Mitarbeiter der Akademie für Tabakstudien in "Thank you for Smoking" mit seiner hektischen, schlagfertigen Art dutzende Lacher verbuchen konnte, wird als liebenswerter und ruhiger Vater einfach verheizt, da er so in einer Rolle steckt, die gar nicht schlechter zu ihm passen könnte. Am restlichen Cast gibt es nichts zu bemängeln.
Fazit:
"Juno" ist eine leichte, lockere und unterhaltsame Komödie, die mit gelungenem Wortwitz und der brillianten Ellen Page über die volle Laufzeit unterhält. An seiner ernsten Thematik scheitert der Film jedoch, der mit seiner unglaubwürdigen Charakterkonstruktion und der zu glatt verlaufenden Handlung auf keine sonderlich vielschichtige Ebene gelangt.
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