Eine Kritik von Sauza (Bewertung des Films: 3 / 10) eingetragen am 18.08.2009, seitdem 5181 Mal gelesen
Der kolportierte Geheimtip Midnight meat train erweist sich leider wie so viele andere hochgepriesene Werke als Reinfall.
Schon vom Cover kotzt es einem weiß auf rot entgegen: "Zu extrem fürs Kino!!!" Insofern weckt der extended directors cut durchaus Erwartungen, kann diese aber einfach nicht erfüllen.
Da hätten wir zum einen die CGI-Splatter, deren erster schon nach wenigen Minuten in Form eines in Zeitlupe herausfliegenden Auges ganz Böses ahnen läßt. Aha, darum gehts also: computergenerierte Gore-szenen. Nicht mal schlecht gemacht, aber absolut vorhersehbar und in ihrer Wirkung trotz reichlich vorhandenem CGI-Blut so spannend wie Kartoffelschälen. Nur in ganz wenig Szenen werden "echte" SFX dargeboten - dies kann aber den zuvor vernichteten Schockeffekt nicht wirklich retten. Die teilweise zu schnellen Schnittfolgen, die kaum benutzte Distanz von wenigstens ein paar Metern Abstand zum Geschehen lassen alles Andere als Gruselstimmung aufkommen. Computerblut, zumal so deutlich als solches erkennbar, schockt einfach nicht.
Aus der Story an sich hätte man durchaus etwas machen können: Irrer Metzger haut in spärlich besetzten U-Bahn-Zügen wahllos Leute mit dem Fleischklopfer um, hängt diese entkleidet an Stahlhaken auf und fährt sie per U-Bahn irgendwohin (wie er jedesmal seine völlig eingesaute Kleidung wieder sauberkriegt wird allerdings nicht erklärt).
Eines Tages wird durch Zufall der junge Fotograf Leon Kaufman drauf aufmerksam, daß da Leute verschwinden. Er steigert sich in die Sache rein, findet einige Spuren bis er am Ende die wenig spektakuläre Wahrheit erfährt.
Bis dorthin unterlaufen dem Drehbuch einige vermeidbare Fehler, die nicht nur dem aufmerksamen Zuseher auf den Magen schlagen: Als erstes der Fotograf, der seine Schnappschüsse an eine Galeristin (dargestellt von Brooke "huhu mich gibts auch noch wenn auch nur ganz kurz in dieser Nebenrolle" Shields) verkaufen will. Diese erklärt ihm, daß die Bilder nicht gut genug seien, er bessere Bilder bringen solle. Und was macht der Typ? Geht schnurstracks auf die Straße, knipst die erstbesten Leute die er sieht (tolle Vorbereitung, wirklich erfolgversprechend) und gibt dann den galanten Retter, als die 3 Typen eine Asiatin anmachen. Was für ein realitätsfremdes Verhalten, daß die 3 ihn gehen lassen, statt ihn ein wenig durchzuschütteln, wie es in 99,9% aller vergleichbaren Fälle passieren würde, und was für ein Zufall, daß die soeben gerettete Dame kurz darauf vorerwähntem Metzger in die Hände fällt... da verwundert es nicht, daß Leon kurz darauf das Bild der Vermissten in der Zeitung entdeckt und sich sofort auf Spurensuche begibt - er hat ja sonst nichts zu tun, könnte man den Eindruck haben.
Die Szene, wie er seine Freundin (ebenso blond wie belanglos) ziemlich teilnahmslos in der Küche durchnudelt wäre ein Ansatzpunkt für eine Studie seiner Psyche gewesen - leider geht der Film nicht näher darauf ein. Und die sich dem Zuseher neben anderen immer wieder aufdrängende Frage, wohin denn die U-Bahnen mit den Leichen fahren, ob es denn da keine Kameras gibt usw. wird auch zu keiner Zeit auch nur ansatzweise behandelt.
Der mordende Metzger hingegen (Vinnie Jones) ist das einzige Positivum des Streifens, da er die ganze Zeit eisern schweigt und man nichts über seine Motive erfährt. Ruhig und offensichtlich wohl vorbereitet fährt er in sauberem Anzug mit der U-Bahn, bis er plötzlich sein "Werkzeug" auspackt und loslegt... Vinnie Jones, der mir wie der sowjetische Folterknecht in Rambo II vorkommt, macht seine Sache sehr gut: Diszipliniert, nie eine Miene verziehend erledigt er sein schauerliches Handwerk. Die geringe Spannung, die sich trotz der immergleichen Vorgehensweise und trotz der wenig erfolgreichen Erkundungsversuche des Fotografen Leon beim Zuseher bis zum Schluß in Form des Wunsches nach Aufklärung hält, liegt allein im acting des Metzgers. Lobenswert, daß selbst er gewisse Schwächen zu haben scheint, als sich ein renitenter Fahrgast gegen das Abmurksen wehrt und sich den Metzger wenigstens kurzzeitig vom Leib halten kann. Nett auch die Idee mit den Süßigkeiten verkaufenden Kindern, als er nicht etwa sein "Werkzeug" aus der Tasche zieht, sondern Geld. Überzeugend eklig die Geschwüre, die er in einem Glas sammelt. Das alles sind jedoch Momentaufnahmen, die einen ansonsten sehr konventionell aufgebauten Film bestensfalls stützen, aber gewiss nicht tragen können.
Am enttäuschendsten ist dann der Schluß, wo in den letzten Minuten eine an den Haaren herbeigezogene "Aufklärung" präsentiert wird, die in ihrer Unglaubwürdigkeit aus irgendeinem billigen Sci-Fi-Taschenroman stammen könnte und der ganzen löchrigen Geschichte noch die Krone aufsetzt. Wer bitte soll das glauben? Aber noch bevor man sich 1000 Fragen stellt, wie diese Lösung über all die Jahre niemand aufgefallen sein kann/soll, ist Midnight Meat Train auch schon vorbei. Der Plottwist mit der Rollenübernahme in den letzten Filmsekunden geht genauso unter wie viele andere Handlungsstränge des Films, die bestenfalls kurz angerissen aber leider nicht weiter verfolgt wurden. Wer sich jetzt auf die Vorlage herausredet, liegt daneben: Es stand und steht jedem Regisseur frei, eigene Elemente einzubringen. Oder zumindest besonderen Quatsch wegzulassen, zumal ein Roman bzw. ein Comic doch etwas anderes ist als ein Film.
Creep (mit Franka Potente), der in ähnlichen Umständen spielt, hat wegen seines wenig gelungenen Endes teils böse Kritiken bekommen, wäre aber geradezu Gold gegenüber dem Unsinn, den Midnight Meat Train auf den letzten Metern seinen Zusehern zumutet.
Fazit: Viel heiße Luft um einen glänzend disponierten Vinnie Jones in einer unglaubwürdigen Geschichte. Ein Film, den man sich kein zweites Mal ansieht. 2,8 Points.
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