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Paul Schrader gehört mit seinen Drehbüchern („TAXI DRIVER", „RAGING BULL") und Regie-Leistungen („LIGHT SLEEPER", „AUTO FOCUS") zur alten Garde Hollywoods. Sein Interesse galt niemals dem kommerziell ausgerichteten, glatten Mainstream-Kino. Schrader's Werke handelten meist von gescheiterten Existenzen oder gesellschaftlichen Randgruppen - Themen, die vom breiten Publikum in der Regel wenig Zuspruch finden.
Auch in seinem Werk „DER GEJAGTE - AFFLICTION" sieht die Zukunft wenig rosig aus.

Das ruhige Drama dreht sich im Wesentlichen um den psychischen Verfall von Wade Whitehouse, einem kleinen Cop in einer gottverlassenen Gegend irgendwo in New Hampshire. Als ein hochrangiger Gewerkschaftsführer erschossen aufgefunden wird, leckt er Blut und beginnt, wildeste Verschwörungs-Theorien in die Welt zu setzen. Von seinen privaten Problemen bereits angeschlagen gerät er immer tiefer in einen Strudel aus selbstzerstörerischer Gewalt, geplatzten Träumen und Realitätsfremde.

Paul Schrader schildert in ruhigen, eindrucksvollen Bildern, wie eine Kleinstadt-Idylle hinter den menschlichen Fassaden zerbricht. Die fantastische Schar mit vier der besten Charakterdarsteller Hollywoods (Nick Nolte, James Coburn, Willem Dafoe und Sissy Spacek) liefert eine schauspielerische Tour-de-Force aller erster Güte. Nick Nolte wartet dabei als blinder Sturkopf im erfolglosen Kampf um die Liebe und das Sorgerecht seiner Tochter und die Anerkennung von seinem Vater mit der besten Leistung seiner Karriere auf, die zu Recht mit einer Oscar-Nominierung belohnt wurde. Diese Auszeichnung erhielt James Coburn als bester Nebendarsteller - Als Wade's Vater bringt er das Monster in Menschengestalt auf die Leinwand: Frauen-verachtend, jähzornig und vom Alkohol gezeichnet verleiht er dem verbitterten Charakter einer innerlich zerrissenen Figur auf unglaublich intensive, beinahe besessene Art und Weise ein Gesicht!

Großes Schauspiel-Kino mit einer kleinen Geschichte von einem kaputten Menschen in einer kaputten Welt, der zunehmend die Kontrolle über sein Leben verliert.
Der meisterhaften Inszenierung des Regisseurs ist es zu verdanken, dass diese deprimierende Geschichte nicht in Selbstmitleid versinkt, sondern sofort an den Bildschirm fesselt. Unterstützt von der intensiven Musik von Michael Brook („HEAT") entwirft Schrader ein selten tristes Panorama, das aufgrund einer derart ausweglosen Situation niemals Hoffnung aufkommen lässt, sondern gnadenlos den Weg des Verderbens zeichnet.

Harter Tobak für das Publikum und ohne Zweifel nicht gerade das, was man unter leichter Unterhaltung versteht. Wer sich den menschlichen Abgründen offenbart und sich auch einmal Zeit für solch schwer verdauliche Kost nimmt, wird mit einem impulsiven Meisterwerk belohnt, das in seiner düsteren Grundstimmung nahezu einzigartig ist!

(8,5 / 10)

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