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Nordwand (2008)

Eine Kritik von Bretzelburger (Bewertung des Films: 8 / 10)
eingetragen am 30.09.2008, seitdem 2774 Mal gelesen



Als Luis Trenker 1938 "Der Berg ruft" drehte, verlegte er die Handlung in die Mitte des 19.Jahrhunderts, um seine Geschichte unabhängig von der Tagesaktualität eines nationalsozialistischen Deutschlands zu erzählen. Er beschrieb in seinem Film das Wettrennen um die Erstbesteigung des Matterhorn, die damit verbundenen nationalen Erwaltungshaltungen und auch die materiellen Interessen der am Boden Verbliebenen, die sich sensationsgierig am lebensgefährlichen Treiben delektierten. Angesichts Stölzls Bergsteigerfilm "Nordwand", dessen Handlung während der Entstehungszeit von "Der Berg ruft" spielt, erkennt man, dass Trenker damals auf seine unmittelbare Gegenwart anspielte.

Parallel zu den kurz bevorstehenden Olympischen Spielen in Berlin 1936 gelüstete es den Nationalsozialisten nach deutschen Helden. Das Bergsteigen mit seiner Mischung aus sportlicher Höchstleistung und todesmutigem Risiko bot einen hervorragenden Nährboden für eine mediale Verbreitung, weshalb die "Berliner Zeitung" den Auftrag bekam, einen Bericht über eine erfolgreiche Erstbesteigung zu verfassen. Redakteur Henry Arau (Ulrich Tukur) beginnt Interesse für seine Volontärin Luise Fellner (Johanna Wokalek) zu entwickeln, als diese zwei junge Männer aus ihrer Berchtesgadener Heimat nennt, bei denen es sich um sehr gute Bergsteiger handeln soll – Toni Kurz (Benno Fürmann) und Andreas Hinterstoisser (Florian Lukas). Mit dem Auftrag, diese für das Projekt „Erstbesteigung der Eiger Nordwand“ zu gewinnen, reist sie nach Hause, wo sie vor unerwartete Probleme gestellt wird. Während Andreas sofort begeistert ist, reagiert Toni ablehnend. Ganz offensichtlich gibt es zwischen ihm und Luise noch Einiges aus der Vergangenheit zu klären, aber Toni entzieht sich einer Aussprache und sie reist unverrichteter Dinge wieder nach Berlin.

Obwohl Toni und Andreas bei einer Eliteeinheit der Gebirgsjäger dienen, betont der Film ihren unkonventionellen Charakter. Meistens sieht man sie dabei, wie sie irgendwelche Strafen in ihrer Einheit ableisten müssen, weil sie undiszipliniert waren und sich lieber dem Bergsteigen widmeten. Außerdem zeigen sie keinerlei Interesse an der nationalsozialistischen „Bewegung“ und lehnen jede Art der üblichen Begrüßung ab. Aus diesem Grund reagiert der regierungstreue Arau nur wenig verärgert, als Luise ohne Erfolg zurückkommt, und nimmt sie stattdessen mit in die Schweiz, nachdem er erfahren hatte, dass einige andere Bergsteiger den Versuch starten wollen, die Nordwand zu erklimmen – darunter ein österreichisches Team, dessen nationalsozialistische Gesinnung bekannt ist. Was weder er noch Luise ahnen, ist, dass Toni es sich anders überlegt hat und mit Andreas per Fahrrad in die Schweiz fährt, um doch den Eiger zu bezwingen. Da sie keinen Urlaub von ihrer Einheit erhielten, quittierten sie kurzerhand den Dienst.

In dieser Charakterisierung der Helden sind wieder Parallelen zu Trenkers Bergdrama zu erkennen, der ebenfalls stark den eigenwilligen und unabhängigen Standpunkt der Bergsteiger betonte. Allerdings war Trenker wesentlich konsequenter, in dem er deutlicher die Nähe zwischen Heldenverehrung und Wahnsinn herausarbeitete, und damit die Gefahr, jederzeit von der Bevölkerung abgelehnt zu werden. Stölzl dagegen verharmlost ein wenig die Situation der beiden Protagonisten im damaligen Deutschland, wenn er diese frei agieren lässt, obwohl sie nicht bereit sind, sich anzupassen. Insgesamt sind die einzelnen Charaktere zu stereotyp angelegt – der ruhige Toni, der das Ende seiner Jugendliebe zu Luise nicht verarbeitet hat, der quirlige Andi, der immer für einen Spaß zu haben ist, und die ehrgeizige Luise, die sich zuerst vor den (nationalsozialistischen) Karren spannen lässt. Einzig Tukur als schmierig, mondäner Redakteur gelingt eine zwiespältige Darstellung eines Nazis, die ohne plakative Muster auskommt, und damit die Verlogenheit und den Egoismus, mit denen er unter dem Deckmäntelchen des nationalen Interesses agiert, erst deutlich werden lässt.

Dagegen verschenkt der Film das Konfliktpotential zwischen den drei Berchtesgadener Freunden, erklärt nicht schlüssig, warum Toni wider besseren Wissen doch auf das Risiko der Besteigung der Eiger Nordwand eingeht, und konfrontiert auch nicht Luise mit ihrem zuerst sehr selbstsüchtig geäußerten Wunsch, der nur wenig das Risiko für die Freunde berücksichtigte. Doch das spielt keine Rolle mehr, sobald der Anstieg über die mehr als 1000 Meter hohe, fast senkrechte Nordwand beginnt. Ab diesem Zeitpunkt übernimmt der Berg die Regie und es ist schwer, sich der unglaublichen Faszination der Bilder dieses Kampfes gegen die Natur zu entziehen. Ähnlich wie bei Trenker werden die Menschen in der Konfrontation mit dem steinernen Riesen zu hilflosen Zwergen und „Nordwand“ wird zunehmend zu einer Geschichte über das Scheitern, die jegliches Heldenpathos vermeidet.

Durch den Gegensatz zwischen dem Luxusleben im Hotel, von wo die Touristen bequem die Leistung der Bergsteiger kommentieren, und den unwirtlichen Verhältnissen in der Steilwand, wird die Rolle der Bergsteiger als nützliche Idioten für die sensationsgierigen Betrachter betont, die sofort ihr Interesse verlieren, als das Misslingen der Erstbesteigung offensichtlich wird. Doch der Film macht sich nicht mit den unten im Warmen Gebliebenen gemein, sondern bewegt sich so nah an die Bergsteiger heran, dass die Bewunderung darüber, solch eine Situation meistern zu wollen, weit über die Frage der Vernunft hinausgeht. Wie allen guten Bergfilmen gelingt es auch „Nordland“, nachvollziehbar werden zu lassen, was Menschen dazu treibt, sich einer solchen Gefahr auszusetzen (7,5/10).


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