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Nordwand (2008)

Eine Kritik von Moonshade (Bewertung des Films: 5 / 10)
eingetragen am 27.10.2008, seitdem 1355 Mal gelesen



Manchmal, auch wenn es niemand wirklich jemals zugeben würde, möchte man doch in Deutschland Filme drehen, als wäre dies Amerika, so richtig groß und teuer und mit mächtigen Schauwerten und Krawumm.
Hin und wieder versucht es einer und scheitert dann im großen Stil oder wandert notgedrungen in die Staaten aus, aber manchmal ist man auch einfach nur ganz nah dran.

Philip Stölzl hat es mit „Nordwand“ beinahe geschafft – wohlgemerkt, beinahe.

Das auf Tatsachen beruhende Drama um zwei deutsche Bergsteiger, die sich im Jahr 1936 an das „letzte Problem der Alpen“, die Besteigung der Eiger Nordwand machen und zusammen mit einem österreichischen Team in eine Katastrophe geraten, ist genau der Historienstoff, aus dem die Kinoträume sind.
Erinnerungen an Luis Trenker und seine Bergepen werden wieder lebendig, wenn die Helden wider dem unberechenbaren Wetter in den steilen Höhen ums Überleben kämpfen; der Mensch in der unerbittlichen Todesumarmung mit Mutter Natur, das ist Stoff für prachtvolle Aufnahmen.

Und ja, Stölzl und sein Team haben für deutsche Verhältnisse tatsächlich in den Bergszenen einen Meilenstein hingelegt, Dramatik und Atemnot pur präsentiert der Film in seiner zweiten Hälfte und dazu eine allzu menschliche Tragödie; der Stoff aus dem die Träume sind.

Nur leider bedingt eine zweite Hälfte dann doch immer, daß es auch eine erste Hälfte gibt und die handelt nun mal, wie bei deutschen Filmen nicht selten üblich, vom zeitgeschichtlichen Hintergrund.
Es ist, einmal mehr, die Zeit des Nationalsozialismus und der mußte solche Heldenversuche natürlich immer samt Opfermut und deutscher Tugenden ausschlachten, bis keiner mehr steht (oder hängt). Thema genug für einen modernen Regisseur, diese Zwiespältigkeit betont herauszustellen – denn sonst wird das Drama alsbald zu einer plakativen Lehrstunde im ungewollten Deutschtum, das man in dieser Form heute ja nun so gar nicht mehr will – wir wissen ja, Autobahn geht gar nicht.

Entsprechend treten also auf in diesem Spiel von Gipfelsturm und Elend: zunächst mal zwei wackere Feldjäger, nämlich der Toni Kurz und der Andi Hinterstoisser, die zwar formell tagsüber Uniformträger sind (ohne Armbinde, gelle), aber in letzter Instanz doch berggeilen kleinen Renegaten, die den Naziabsichten eins auswischen. Schon beim Marsch rein oder raus in die Kaserne dürfen sie dem soliden „Heil Hitler“ ein fahrig „Servus!“ entgegen schmettern, das allesamt im Saale sofort an Manitous Schuh erinnert.
Derb und bodenständig sind sie, ernst der Eine, ein bißchen Schürzenjäger der Andere.
Doch das allein macht noch keine Diskussion.

Daher hat man sich (ein wenig Hollywood muß ja sein), einfach mal eine Frauenrolle dazu gedacht, die es so gar nicht gab: das ist dann die Luise, gebürtig ebenfalls aus Berchtesgarden und jetzt in Berlin für die Presse gepflegte Kaffeekochervolontärin im Presseclub. Die wittert natürlich aufgrund ihrer Schulbekanntschaft die bewährte Morgenluft, denn ihr Cheffe gibt ihr eine Chance – sie soll die Jungs auf den Berg und die Story unter Dach und Fach bringen.

Und hier fängt die Story leider wehleidig an zu quietschen, daß es nur so kracht: besagter Chef, dargestellt von einem hochmotivierten Ulrich Tukur, heißt auch noch Arau (nudge, nudge...) und ist schon mal präventiv nur halbstrammer Nationalsozialist, dafür aber ein rieselnder Reporter, wie er im Buche der Gewissenlosen steht. Über den ganzen Film darf der jetzt flotte Springerpresse-Binsenweisheiten absondern, während sein Gegenpart in einem wohlgenährten Austriaklops besteht, der sozusagen das menschelnde Gewissen im Kaviarrausch dazu gibt. Das ist auch nötig, denn Luise, deren Job das eigentlich wäre – ist ja endlos mit ihrer nicht vorhandenen Love Story zu dem kurzen Toni beschäftigt. Johanna Wokalek mag ja eine beachtliche Theaterschauspielerin sein, aber hier im Film ist der Bremsklotz par excellence, wirft große tiefe Blicke aus Kulleraugen in die Runde, steht mit zitternder Lippe vor all der Naturgewalt (Chef, Berg, Tonis Bizeps) und geht allen tierisch auf den Geist.

And so goes the „Kammerdrama“ – oben am Berg kämpft man alsbald ums Überleben, unten im Tal wird die sensationsgeile Situation thematisiert.
Da paßt es gut, daß sich zu unseren deutschen Widerborsten noch ein Ösi-Profiteam gesellt, die doch tatsächlich dermaßen peinlich gezeichnet sind, daß man eine Entschuldigungsadresse an Wien abschicken möchte: die bedienen sich am bereits ausgekundschafteten Aufstiegsweg, sind uneinsichtig, klettern mit gefährlicher Verletzung weiter, sind wehleidig, verzweifeln baldigst und sind letztendlich der Klotz am Arsch, der alle in den Tod reißt.
Möglicherweise so eine Art historische Analyse: hätten wir nicht den Anschluß gemacht, vielleicht wär dann vieles besser gelaufen...oder wie?

Und es kommt, wie es kommen muß, der Bergstieg wird zur Todesfalle, die Luise läßt die Karriere fahren, greift zur Lachtüchte und harrt im Schnee contrahistorisch nachtlang in eisiger Höhe aus, weil man einen deutschen Helden ja nicht allein sterben lassen darf.
Anschließend gibt sich Arau tendenziell untröstlich in seiner schwarzen Reporterseele und Luise kündigt „diesen Leuten“ die Gefolgschaft. Zwar meint sie wohl (denn selten sind in einer solchen Produktion die Nazi so sittsam an den Rand erzählt worden) die Journalisten, aber Herr Stölzl meint die Nazis und deswegen wird Luise dann auch ein Musterbeispiel der Emanzipation, nämlich Fotografin in New York. Jupp, am besten kann man sich selbst verwirklichen, wenn das Land eh schon vor die Hunde geht.

Fakt ist: irgendetwas wollte Stölzl mit dieser Extrastory uns wohl erzählen, ich tendiere gern dazu, das es eine contra-nationalsozialistische Botschaft sein soll, aber so plump und platt, so brachial wie hier im Sinne des Unterhaltungskinos gegen den Strich gebürstet wird, ist es geradezu beschämend, daß das ein Gegenbeispiel zu der sonst herrschen Selbstbestrafung aller Beteiligten und Filmemacher sein soll, die sich mit der Vergangenheitsbewältigung herumschlagen müssen.

Effektiv ist man so am Hollywoodziel angekommen: der Film ist tatsächlich ein halbblödes oder fragwürdiges Kuddelmuddel mit tollen Actionszenen, wie die meiste Erfolgsware aus der Traumfabrik, aber ich kann nicht glauben, daß darin die Zukunft des deutschen Films besteht.
Wer also den reinen Unterhaltungsfaktor im Auge behält und alles andere gekonnt ausblendet (das werden nicht wenige sein), wird sich bestimmt überrascht positiv äußern, was der deutsche Film doch plötzlich leisten kann.
Kämpft man sich aber wachen Geistes durch das erste bergsteigefreie Drittel, so ächzt das Konstrukt in seiner Grobschlächtigkeit in allen Gelenken: die hehren politikfreien Waldbauernbuben aus dem Dörfl, die sind ollemal besser als die fiesen Großstadtmenschen, die uns die ganze Scheiße mit Hitler eingebracht haben. Willkommen in der Grauzone zwischen naiv und gefährlich. (5/10)


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