Review

Mittlerweile eilt dem Werk zwar der Ruf als film – noir – Klassiker erster Güte voraus, aber dass war nicht immer so; wenn man bedenkt, dass die Verfilmung von Daniel Mainwarings 1946 verfasstem „Build my Gallows high“ zur Entstehungszeit als allenfalls etwas besserer B – Film angesehen wurde.
Das Dumme ist nur, dass man es vielleicht wirklich eher bei der Einschätzung hätte belassen sollen; denn angesichts der dadurch sehr hoch etablierten Erwartungen und in Anbetracht anderer Produktionen wird nicht das geboten, was man sich erhofft hat.
Dabei fängt man sehr gut an und bezieht aus der ersten halbe Stunde trotz einer Rückblende sofort Atmosphäre, Spannung und ein Mysterium, aber kann diesen guten Eindruck dann nicht behalten und erweist sich fortschreitend als effizient aufbereitete Aneinanderreihung fast sämtlicher Genrethemen auf einmal. Zuviel auf einmal.
Eben nicht aufs Wesentliche reduziert, ändert sich die Handlung mittig, reisst einen aus der bisherigen Erzählung heraus und startet Jahre später noch einmal fast von vorne. Man hat beinahe das Gefühl, nun einen neuen und irgendwie doch den gleichen, aber lange nicht mehr so guten Film im Anschluss zu sehen, der das nächste, mittlerweile zum Klischee gewordene Versatzstück einwirft.

In diesem Umschwung auf die gesamte Stilrichtung konnte oder wollte man es nicht bei einem Schauplatz, einer Zeit und einem Geschehen belassen, sondern musste wirklich im Längsschnitt durch Raum, Tempus und filmischem Milieu eilen. Immer auf der Jagd nach dem nächsten vermeintlich Coup de théâtre, der als als lediges Element wohl mehr Effekt gehabt hätte als in einer stetig wiederholenden Addierung. Man belässt es nicht bei einem soweit durchaus ausreichenden Plotstrang, sondern fügt beinahe alphabetisch neue hinzu. Die sich schon an die bisher gegebenen anschliessen, aber sie nicht so fortführen, dass man weiterhin mit ganzen Interesse und Aufmerksamkeit dabei ist.
[ James M. Cain soll ohne Nennung am Skript mitgearbeitet haben; aber andererseits auch den von Mainwaring an Produzent Warren Duff überreichten ersten Entwurf genommen, in den Papierkorb gesteckt und dafür 25000 Dollar kassiert haben. ]
Vielleicht ist das umständliche Drehbuch der Grund, warum vor der Besetzung mit Robert Mitchum Darsteller wie Humphrey Bogart, John Garfield und Dick Powell abgesprungen sind. Und andererseits ist dann vielleicht auch Mitchums eher eindimensionales Porträt die Ursache dafür, dass der Film nicht allein durch die verfahrene Geschichte über einen Privatdetektiv in der selbst hineinmanövrierten Klemme nicht die Wirkung beziehen kann, für die der Film so gerühmt wird.

Mitchum spielt Jeff Markham, der sich mittlerweile Jeff Bailey nennt und eine Autowerkstatt / Tankstelle in dem kleinen Nest Bridgeport in Kalifornien besitzt. Er hat sich eine neue Identität aufgebaut, nach zehn Jahren auf der Flucht scheinbar endlich ein zweites Leben beginnen können und in Ann Miller [ Virginia Huston ] auch jemand gefunden, die ihn in eine bessere Zukunft begleiten würde.
Doch eines Tages taucht aus heiterem Himmel ein Mann auf, den er von früher kennt – Out of the Past [ Originaltitel ] - und bestellt ihn zu einem anderen Mann, dem er noch etwas schuldet. Markham macht sich zu dem Treff auf, weil er es endlich hinter sich haben will, das Versteckspiel satt hat und möchte, dass Schluss damit ist. Dass sein virtuell gelebter Amerikanischer Traum nicht nur weiterhin ein Trugbild bleibt; sondern sich auch wirklich mal als das darstellt, wonach es nach aussen hin schon erscheint.
Auf der Fahrt weiht er seine Freundin ein.

Daraus ergibt sich die Rückblende, der Film springt um ein Jahrzehnt nach hinten und legt die Vorgeschichte dar; die Vergangenheit stellt die Weichen für die Gegenwart und auch die Zukunft. Dort Geschehenes ist nachträglich nicht ohne Weiteres zu beseitigen, ein Auslöschen funktioniert nicht; auch ein Ändern fällt im Nachhinein schwer:
Markham wurde mit seinem Partner vom Spielhöllenbesitzer Whit Sterling [ Kirk Douglas; die deutsche Synchronisation besteht aus einem nebulösen Grund auf „Fred“ ] angeheuert, dessen Freundin Kathie Moffat [ Jane Greer; hierzulande „Kitty“ ] zurückzuholen. Und die 40000 Dollar, die sie ihm gestohlen hat; nachdem sie viermal auf ihn geschossen und auch einmal getroffen hat. Whit schwört, dass er ihr kein Haar krümmt und lässt eine grosszügige Entlohnung springen; Markham macht sich alleine auf die Suche.

Nun fügt sich das zumindest technisch hauptsächliche Kennzeichen der Erzählweise ein; der Film ist zwar ruhig und sicher aufgeführt, aber wechselt alle Naselang die Location.
Von New York aus folgt Markham Kathies Spur über Mexico City und Taxco hin nach Acapulco. Dort trifft er endlich die Frau und verliebt sich auf den ersten Blick in die faszinierende Schönheit; seinen Auftrag noch im Hinterkopf will er eigentlich auch Meldung erstatten, aber ist nicht böse, dass am ersten Tag das Telegraphenamt geschlossen hat. Und schafft es danach nicht mehr, seinen Gefühlen zu widerstehen; Kathie wickelt ihn leicht um die Finger und zieht ihn schlussendlich in eine Mordaffäre. Es geht von Acapulco nach San Francisco. Von Lake Tahoe nach Los Angeles. Man dreht entgegen aller Regeln auch nicht im Studio, sondern direkt vor Ort, bindet die Natur als Umschreibung für die Desorientierung und ungewissen Lebenslagen mit ein. Fährt einen zitierfähigen Oneliner nach dem anderen auf. Bekommt bei der Reise durch Hoffnung und Wirklichkeit, Absichten und Abgründen, Gut und Böse den Zuschauer aber nur halb an sich gekettet.

Denn so Einiges auf der Leinwand weist trotz zumeist gelungener Interpretationen nicht die entsprechende Intensität und Präsenz auf, die über ein Nachfühlen und emotionales Mitempfinden die spätere Verworrenheit überspielt. Die Liebesgeschichte allein ist schon nicht glaubhaft, sondern von Beginn an ein Traum, an dem auch nur Markham selber beteiligt ist. Von den Bildern her funktioniert [ eigentlich ein falsches Wort für Gefühle, aber es erweist sich ja alsbald als Trugschluss ] die kurzweilige Affäre; man geniesst die Freiheit, die weggefallenen Grenzen, die ausgeschaltete Kontrolle von Sterling und gibt sich am nächtlichen Strand von Acapulco oder in Moffats Haus im mexikanischen Stil vollständig der Illusion hin, dass man ewig so weiterleben könnte.
Dann hört die Musik auf – in der lange Zeit aussagekräftigsten Szene hält Kathie einfach die nebenbei spielende Schallplatte an – und man muss sich der Realität stellen. Und diese lautet erstmal „Flucht“ und später schnell „Verdrängung“; wobei beides nicht ausreicht, das von Minute 1 an vorherrschende Labyrinth aus Lügen, Intrigen und unentgehbarem Schicksal hinter sich zu lassen.

Diese Eingrenzung, noch verstärkt durch Ränkeschmieden und mal sichtbarer, mal bis zum letzten Moment unentdeckbarer Konspiration ist auf die Dauer zu eng und hält trotz guter Intentionen der Filmemacher nicht für ewig die anfangs durchaus spürbare Bedrängnis und Auswegslosigkeit offen. Man dehnt sich ja selber aus, wenn man über dem gesamten Zeitraum nur neue Szenen in neuer Umgebung anschliesst und so eine Weiterführung erreichen möchte; statt die alten wenigstens in einem gewissen Rahmen erstmal zu beenden. Natürlich weist man dadurch eine Unvorhersehbarkeit des Kommenden und eine allgemeine Unsicherheit auf; aber dementsprechend stellt sich auch schnell die Frage, warum die Beteiligten die meiste Zeit nur wie Katzen um den heissen Brei herumschleichen und das zuweilen offenere Spiel nicht auch mit dementsprechend offenen Karten bedienen. Vor allem Sterling lässt sich die gesamte Zeit Märchen erzählen und reagiert nur mit für den Moment treffenden Spitzfindigkeiten – Wortwechsel sind einige Male grossartig -; um sich in prompt wieder etwas Ausgedachtes anhören zu müssen.

Die visuelle Cleverness von Regisseur Torneur ist dann zwar ein Lehrstück in Sachen Schwarzer Serie, aber die perfekt definierten Bilder reichen nur aus, um die inhaltliche Parabel angemessen umzusetzen; nicht um die vielen Haken und Ösen einleuchtend zu machen. Sowieso erstreckt sich über die meiste Laufzeit der Eindruck, dass die gesamte Produktion kräftig anvisiert wirkt und dabei zu optimal sein will, um ehrliche Begeisterung und Anteilnahme zu erzeugen. Man will mit allen Mitteln für Thrill und Irritation sorgen, und schafft dies nur so lange, bis das taktische Motiv dahinter deutlich wird; dann dreht man sich im Kreis und fängt mit denselben, teilweise platten Mitteln wieder von vorne an. Es wird noch eine Femme Fatale aufgefahren. Kathie hat wieder eine Pisole in der Hand. Sterling heuert Markham ein zweites Mal an. Dieser wird immer wieder von längst Passiertem eingeholt und tappt beim nächsten Schritt trotz nunmehriger Vorkenntnise erneut hinein.

Mitchums Figur ist deswegen noch weniger eine Identifikation, als er durch die träge Darstellung so schon ist. Aus - für manchen - unerfindlichen Gründen für einen der besten Schauspielers Hollywoods gehalten spielt er Liebe, Leidenschaft, Traurigkeit, Gelassenheit und Wut alles mit dem gleichen Blick in der gleichen Tonlage. Nüchtern ja, psychologisch ausgefeilt nein. Er kommt nicht nur weiter, wenn er andere reden, sondern auch wenn er andere lebendig wirken lässt. Greer dagegen überzeugt in ihrer Rolle; Douglas mit kaum screen time füllt die Leinwand mit mal gebündelter / oft virtuoser Energie und macht jede seiner wenigen Szenen zu einem Genuss.

Auch der Film ist vom Handwerk her sicherlich bewunderswert und oftmals leuchtet es auch ein, wieso man als Paradebeispiel angesehen wird; insgesamt kann man diese Ansicht aber dann doch nicht unterschreiben. Dafür ist man zu sehr aussen vor und sieht nur unbeteiligt zu.

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