Eine Kritik von vodkamartini (Bewertung des Films: 6 / 10) eingetragen am 06.12.2009, seitdem 4190 Mal gelesen
„Komödien-Nachklapp auf Nummer sicher"
Der erste Eindruck ist oft der Entscheidende. Til Schweigers Überraschungshit Keinohrhasen startete mit einer brüllend komischen Auftaktsequenz fulminant durch und konnte dieses Niveau beinahe durchgehend halten. Am Anfang der Fortsetzung Zweiohrküken steht ein feuchter Männertraum der Hauptfigur Ludo. Der ist in erster Linie schlüpfrig und bewegt sich wie auf Autopilot mit traumwandlerischer Sicherheit deutlich unter der Gürtellinie. Leider ist auch hier der Beginn exemplarisch für Ton und Qualität des Restprogramms.
Nach dem witzigen, charmanten und mit gepfefferten Dialogen gewürzten Vorgänger scheint Produzent, Hauptdarsteller und Regisseur Schweiger unverständlicherweise etwas der Mut abhanden gekommen zu sein. Anstatt an die Stärken von Keinohrhasen anzuknüpfen und sich vielleicht auch mit breiter Erfolgsbrust einen Tick weiter aus dem Fenster zu lehnen, geht der einzig verbliebene deutsche RomCom-Superstar auf Nummer sicher und bringt (zumindest bei ihm) längst vergessen geglaubten Humor aus der schlüpfrigen Mottenkiste.
Da geht es um Penis- und Körbchengrößen, um Sexsucht, billigste Anmachsprüche und Intimrasur. Nicht einmal vor der leider häufig obligatorischen Fäkal(humor)einlage macht unser Til halt. Das ist in manchen Szenen abgeschmackt, niveaulos und - was am Schlimmsten ist - meist mit dem ganzen Zaun gewunken.
Dabei ist die Grundidee gar nicht mal so blöde. Nach zwei Jahren Beziehung sind auch Womanizer Ludo (Til Schweiger) und die schrullig-süße Kindergärtnerin Anna (Nora Tschirner) im grauen Paaralltag gestrandet. Schlabberige Schlafanzüge, lästige Haushaltspflichten und vermeintlich typische männliche (fehlende Ordnungsliebe) wie weibliche (Entscheidungsschwäche bei der abendlichen Garderobe) Marotten haben den vormaligen Himmel voller Geigen ordentlich eingetrübt. Hier hat der Film klar seine stärksten Momente, knüpft nahtlos an den launigen Esprit des Vorgängers an und macht schmerzvoll deutlich, was insgesamt möglich gewesen wäre.
Der erwähnte Niveaueinbruch beginnt mit dem Auftauchen von Ludos vollbusiger Exfreundin und Annas Tappen in die Eifersuchtsfalle. Die erneut knuddelig natürliche Nora Tschirner spielt tapfer gegen das teilweise tiefergelegte Drehbuch an. Als ihr Regisseur das Gemächt von Annas Exfreund zum deutlich sichtbaren Running Gag hochjubelt, kann auch sie nichts mehr retten. Beide Expartner sind zudem klischeehaft bis zum Anschlag. Er ein süßlich-schmieriger Baggerlappen und sie eine stutenbissige, aufgetakelte Berechnungs-Schlampe.
Ein weiteres Manko ist, dass diesmal auch die Charmeoffensive der mitspielenden Kinderschar beinahe wirkungslos verpufft. Keinohrhasen sammelte haufenweise Sympathiepunkte durch die (zwar nicht neue, aber immer wieder) erfrischende Idee, einen selbstgefälligen Bilderbuchmacho durch eine niedliche Rasselbande emotional weich zu klopfen. Inzwischen kennt man allerdings Ludos unerwartete Qualitäten als Kindergärtner. Und auch Anna ist damit nicht mehr zu becircen.
Bleibt noch die Romantik. Hier kämpft der Film mit dem Problem, das die beiden bereits ein Paar sind. Nicht umsonst enden so ziemlich alle romantischen Komödien mit dem Zusammenkommen der Turteltauben. Und nicht umsonst gibt es in keinem Genre so wenig Fortsetzungen wie in diesem. So wartet man nach dem (allerdings schwer) unterhaltsamen Teil über die Tücken des Beziehungsalltags auf die obligatorische Krise, nach der sich Ludo und Anna erneut kriegen können. Im Unterschied zu Keinohrhasen ist dieser dritte Akt aber deutlich zu lang geraten und trieft zudem vor Herz-Schmerz-Kitsch. Das harmoniert aber weder so recht mit der luftigen Leichtigkeit des ersten Films, noch mit der immer wieder durchbrechenden derben Zotigkeit des Sequels.
Fazit:
Mit Zweiohrküken brach Til Schweiger ein ungeschriebenes RomCom-Gesetz und drehte eine Fortsetzung seines Überraschungshits Keinohrhasen. Leider erreicht das Sequel nicht durchgängig Esprit, Witz und vor allem Charme des Vorgängers. Schweiger setzt diesmal ohne Not auf vordergründigeren und vor allem zotigeren Humor.
Nach insgesamt zumindest recht unterhaltsamen und flott erzählten ersten 90 Minuten mündet der Film in ein unnötig langgezogenes und kitschiges Herz-Schmerz-Finale, das gerade aufgrund seiner epischen Breite nicht wirklich berührt. Für den offenbar bereits fest geplanten dritten Teil sollte sich Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Hauptdarsteller Schweiger wieder mehr auf die Stärken des spritzigen Originals besinnen. Der unvermeidliche Erfolg des Sequels wird dabei hoffentlich nicht hinderlich sein.
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