Eine Kritik von MäcFly (Bewertung des Films: 2 / 10) eingetragen am 24.09.2010, seitdem 1739 Mal gelesen
Als vor einem halben Jahr „Keinohrhasen“ seine Free-TV-Premiere hatte, kam parallel der unverwüstliche „Harry und Sally“ auf einem Dritten. Wenn man so will, liefen das große Vorbild und die schlechte Kopie gleichzeitig, mit dem Unterschied, dass den Rob-Reiner-Klassiker wohl niemand so richtig wahrgenommen hat. Til Schweiger ist der Zuschauermagnet des deutschen Films, da kann kommen was will – auch eine miese Fortsetzung zu einer ohnehin schon miesen Beziehungskomödie.
Der Titel „Zweiohrküken“ wurde diesmal übrigens noch unbeholfener in den Streifen integriert als noch beim Vorgänger, aber solange man behinderte Stoffpuppen in Limited-Editions an den DVD-Käufer bringen kann, ist das anscheinend legitim. Das fertige Produkt wird dadurch freilich nicht besser, denn Schweiger hat im Vergleich zu „Keinohrhasen“ kaum etwas dazu gelernt.
Erneut agiert er nach dem Motto „schlecht geklaut ist halb gewonnen“ und langweilt mit Beziehungsknatsch der öderen Sorte: Männer lassen die dreckigen Fußballschuhe im Wohnzimmer stehen, bringen die Pfandflaschen nicht weg und wollen einen größeren Penis. Frauen benötigen Aufmerksamkeit, kaufen Dessous und wollen größere Brüste. So sieht es aus in der Welt des Til Schweiger. Damit daran kein Zweifel aufkommt, lässt er seinen Ludo schon in der Anfangssequenz von Jet-Pilotin Anna mit Angelina-Jolie-Titten träumen.
Wenn das Drehbuch dann auch noch die ältesten Geschütze, seit es Blondinenwitze gibt, auffährt („Ich bekomme von neuen Schuhen immer Blasen.“ – „Ach ja? Bei mir ist es umgekehrt!“), ganze Sequenzen aus alten US-Komödien recycelt (die Klospülung bei der Traumfrau versagt am Morgen danach) und den Figuren Sprüche mit sooooooo einem Bart in den Mund legt („Hast du ein Bleirohr in der Hose oder freust du dich nur, mich zu sehen?“), möchte man nur noch die Tapete von der Wand kratzen. Dass Millionen von Kinobesuchern darüber lachen wollten, macht einem allerdings eher Angst.
Wobei Schweiger natürlich auch dafür gesorgt hat, dass hier bloß nichts dem Massengeschmack zuwiderläuft. Dabei helfen zum Beispiel Cameos von Promis wie Waldimir Klitschko, Johannes B. Kerner, Paul van Dyk und Co., die so ziemlich alle Zuschauerschichten abdecken und ein Weichspüler-Soundtrack, den jeder schon auswendig aus dem Radio kennt. Und wem geht nicht das Herz auf, wenn zwanzig Kindergartenkinder mit großen Augen schief in die Kamera blicken? So hat Schweiger auch Töchterchen Emma Tiger mit dem Filmnamen Cheyenne Blue (man suche sich die schlimmere Bezeichnung bitte selbst aus) erneut mit ans Set gezerrt, die immer dann Besinnliches in Babysprech Richtung Zuschauer(innnen) nuschelt, wenn diesen nach einem „Hach, süß!“ ist oder ihrem Vater ins Gesicht furzt, wenn schnell ein billiger Lacher her muss.
Ja, das Denken kann man bei „Zweiohrküken“ getrost einstellen und das tut man am Besten auch. Sonst könnte einem unter Umständen auch auffallen, wie ungelenk und unglaubwürdig das alles zusammengeschustert ist: Auf eine Tränendrückerszene folgt Gross-Out-Humor, worauf sich der Film wieder seinem alltäglichen Beziehungsbrimborium widmet. Ohne Rücksicht auf Verluste werden willkürlich Szenen aneinandergereiht, was für Totalausfälle wie den Subplot um den notgeilen Ludo-Kumpel Moritz sorgt. Jede Sequenz steht irgendwie für sich und nicht für einen gesamten, runden Film. Zudem verhalten sich die Figuren mehr als unglaubwürdig: Wenn Anna annimmt, es gäbe keine Probleme, einen Ex-Lover einige Tage zu sich und Ludo in die Wohnung aufzunehmen, kann man sich nur an den Kopf langen. Bezeichnend, dass „Zweiohrküken“ von dieser unrealistischen Dreierkonstellation aus seine Handlung entwickelt.
Til Schweiger hat mittlerweile gelernt, seinen Filmen einen absolut professionellen Hochglanz-Look zu verleihen, der sich kaum noch von weitaus höher budgetierten Hollywood-Produktionen unterscheidet. Das mag den Großteil der Kinozuschauer von den vielen Unstimmigkeiten ablenken. Dass Zuschauerrekorde meist dann purzeln, wenn der Film dem Publikum nichts abverlangt, ist ebenfalls nicht neu, weshalb man sich darüber gar nicht großartig aufzuregen braucht. Aber wie sich Schweiger darin in seinem Kritikerboykott bestätigt fühlt, Qualität mit Einspielergebnis gleichsetzt und sich überhaupt als Messias des deutschen Films sieht, dafür findet man keine Worte mehr. Denn im Endeffekt ist „Zweiohrküken“ nicht mehr als Scheiße für die Massen, hochgestapelt auf zwei Stunden - viel zu Lachen für die „Generation Mario Barth“.
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