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In der Welt habt ihr Angst (2011)

Eine Kritik von Bretzelburger (Bewertung des Films: 2 / 10)
eingetragen am 22.01.2011, seitdem 665 Mal gelesen



Hans W. Geissendörfer will schon mit seinem Filmtitel angreifen - "In der Welt habt ihr Angst" - Wer wird damit angesprochen? - Wir, die Zuschauer, oder ein imaginäres Gegenüber im Film? - Und wovor soll der so Angesprochene Angst haben? - Vor der eigenen Courage, dem Anderssein, dem Mut zum Unkonventionellen oder zum Ausleben der eigenen Wünsche?

Angesichts des Paares, das Geissendörfer in den Mittelpunkt seiner Story stellt, liegen diese Vermutungen nah, denn Eva (Anna Maria Mühe) und Jo (Max von Thun) sind anders. Sie lieben sich und zwar so sehr über alle Grenzen hinaus, dass sie sich auch dann noch spüren, wenn sie an verschiedenen Orten sind. Geissendörfer verwendete dabei eigene Erfahrungen, wie er in einem Interview verlauten ließ. Dazu ist Eva schwanger und Jo wird von ihrer bürgerlichen, im provinziellen Bamberg beheimateten, Umgebung abgelehnt - dem strengen Vater (Hanns Zischler), Kantor am Bamberger Dom, ihrem Ex-Freund Tom (Johannes Allmeyer), der die Trennung bis heute nicht überwunden hat, und letztlich von dem gesamten Staat, der ihnen auf den Fersen ist.

Geissendörfer wollte - wie er selbst sagt - einen Film über die Liebe drehen - eine unfassbar intensive Liebe, zu der die meisten gar nicht den Mut haben ("In der Welt habt ihr Angst"). Dafür inszeniert er Eva und Jo als Außenseiterpaar, denn beide sind Heroin abhängig. Um aus diesem Teufelskreis heraus zu kommen, wollen die jungen Liebenden nach Neuseeland fliegen, wo sie an den schwarzen Stränden zur inneren Ruhe kommen könnten, nur will ihnen partout Niemand dafür das Geld leihen.

Diese Ignoranz zwingt sie dazu, einen Buchhändler zu überfallen. Eva lenkt den Besitzer ab, während Jo in die Kasse greift. Auf Grund seiner Entzugserscheinungen allerdings so ungeschickt, dass er dabei ertappt wird, der Händler die Polizei anrufen kann und dabei seine Pistole zückt. Eva erschlägt ihn darauf hin im Affekt, greift die Waffe und kann fliehen - im Gegensatz zu ihrem Freund, der von der Polizei überwältigt wird. Darauf hin irrt die schwangere, drogenabhängige junge Frau durch die schmalen Gassen, setzt sich den reißenden Fluten der Regnitz aus und versteckt sich im Erdgeschoss eines alten Gebäudes, wo sie zitternd vor Kälte und Entzugserscheinungen unter einer Plane liegen bleibt.

Spätestens jetzt wird deutlich, was Geissendörfer mit seinem Filmtitel erreichen wollte - Manipulation. Von Beginn an gestaltet er Eva und Jo als Menschen, die zwar Schwächen haben, aber - anders als der durchschnittliche, ängstliche Normalbürger - ihre echten Emotionen leben. Vor allem Anna Maria Mühe gibt hier eine Performance, die je nach Situation zart und drogenabhängig, liebevoll und schuldbewusst oder tough und überlegen ist - das was gerade angesagt ist. So bereut sie den Tod des Buchhändlers natürlich sehr, der von ihr zwar nicht beabsichtigt war, aber schließlich ist sie ab sofort gezwungen, mit dieser Schuld zu leben. Geissendörfer hütet sich davor, irgendwelche weiteren Informationen zum Buchhändler zu erwähnen, die irgendein negatives Licht auf seine Hauptdarstellerin werfen könnten - weder gibt es Angehörige, noch eine genaue polizeiliche Untersuchung.

Stattdessen lässt er keine Gelegenheit aus, ihre Umgebung als Ansammlung von Psychopathen oder Spießbürgern zu diffamieren. Ihren Vater liebt sie zwar, aber dieser kann seinen Konventionen nicht entkommen, ihr Ex-Freund Tom ist geradezu krankhaft in seiner Abhängigkeit, was sie aber nicht stört, ihn nach Strich und Faden auszunutzen, und dann gibt es noch das mittelalterliche Ehepaar Gisela (Kirsten Block) und Paul (Axel Prahl), die weder Kinder haben, noch eine gute Ehe führen. Als Gisela nach einem Streit das Haus verlässt, dringt Eva in deren Wohnung ein und zwingt den betrogenen Ehemann mit Waffengewalt, sich zu fesseln. Die Situation in der Wohnung eskaliert, als Gisela wieder zurück kommt, aber Paul entdeckt für sich, was wirklich im Leben zählt...

Um seine konstruierte Story voran zu treiben und immer wieder neue Wendungen einzufügen, schreckt Geissendörfer vor keiner Unlogik zurück. Wenn nötig - wie bei dem Überfall auf den Buchladen - ist die Polizei sofort vor Ort, während sie bei den späteren Gelegenheiten keinen Fehler mehr auslässt und jedesmal so lange braucht, dass die Verfolgten auch bei ungünstigsten äußerlichen Verhältnissen in Ruhe fliehen können, ganz abgesehen davon, dass Dinge wie Spurensicherung, Zeugenbefragungen oder systematische Fahndung hier keine Rolle spielen, obwohl ein Mensch zu Tode kommt und eine Geiselnahme geschieht. Auch die Entzugserscheinungen der Drogenabhängigen werden situationsbedingt verwendet. Während Jo im Knast, völlig unbeaufsichtigt, die Qualen des kalten Entzugs erlebt, darf seine geliebte Eva zwischendurch, cool angezogen, die gemeinsame Flucht planen oder erzählt nette Geschichten beim Pizza-Backen oder Nudelkochen für ihre Geiseln.

Die Menge an inhaltlichen Fehlern ist von so großer Anzahl, dass man sie auch als inszenatorisches Mittel begreifen könnte, wenn sich der Film nicht gleichzeitig so ernst nähme. Entscheidender ist aber, dass es Geissendörfer nicht gelingt, das Paar Eva und Jo als sympathische Draufgänger im Stil von "Bonny und Clyde" oder "Butch Cassidy und Sundance Kid" in den Mittelpunkt zu stellen, sondern als Pseudo-Außenseiter, die keine Gelegenheit auslassen, ihre Umgebung auszunutzen. Weder wird berührt, warum Jo überhaupt drogenabhängig wurde, noch stellt der Film einen Moment in Frage, warum dieses Studenten-Pärchen, dass unter keinerlei wirtschaftlichem Druck stand, überhaupt gezwungen war, nach Neuseeland fliegen zu müssen, weshalb sie erst den tödlichen Raubüberfall unternahmen. Angesichts dieser egoistischen Ignoranz wünscht man ihnen geradezu, endlich von der Polizei erwischt zu werden.

Geissendörfer beschreibt in einem Interview, auf welche Schwierigkeiten er mit seinem Projekt gestoßen wäre, weil seine Hauptakteure drogensüchtig gewesen wären. Man kann, auch angesichts dieser erwähnten Widerstände, seine Intention mit Händen greifen - er wollte die Liebe eines jungen Paares einer Realität gegenüber stellen, die von Ängsten bestimmt wird und verhindert, dass die Menschen noch ihre wahren Emotionen leben. Das ist ein legitimer Ansatz, aber der Film wird diesem in keinem Moment gerecht - die Story ist unschlüssig und voll grober Fehler, die emotionale Manipulation einseitig und klischeehaft und die Abläufe von solcher Naivität, wie Geissendörfers eigene Bemerkung zur kritisierten Drogenabhängigkeit - am Ende wären Eva und Jo doch clean (2/10).


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