Eine Kritik von McClane (Bewertung des Films: 8 / 10) eingetragen am 20.01.2015, seitdem 581 Mal gelesen
Ursprünglich wollte Teenfilmpapst John Hughes mit der Umsetzung von Stephen Chboskys Briefroman „The Perks of Being a Wallflower“ ein Comeback wagen, verstarb aber und stellte das Script nie fertig, weshalb Chbosky den Film schließlich selbst drehte, dabei aber Gerüchten zufolge Teile von Hughes‘ Drehbuch verwendete.
Das titelgebende Mauerblümchen des Films ist der 15jährige Charlie (Logan Lerman), Hauptfigur des Films und reichlich problembelastet, vor allem nach dem Selbstmord seines besten Freundes. Er ist verschlossen, findet kaum Kontakt zu seinen Mitschülern und kann sich allenfalls mit seinem Englischlehrer Mr. Anderson (Paul Rudd) unterhalten, der die schreiberischen Fähigkeiten seines Schützlings fördern will – nicht umsonst ist die Vorlage ein Briefroman, verfasst von der Hauptfigur.
Mit seinem Mitschüler Patrick (Ezra Miller) kann sich Charlie schließlich anfreunden, worüber er auch dessen Schwester Sam (Emma Watson) kennenlernt, von der er schnell hin und weg ist. Er wird Teil ihrer flippigen Clique von Exoten und Außenseitern und lernt dabei sich selbst der Welt zu öffnen…
Das klingt auf dem Papier nicht besonders originell und tatsächlich ist „The Perks of Being a Wallflower“ ein reiner Genrefilm des Coming-of-Age-Dramas, aber als solcher ein starker Vertreter seiner Zunft. Regisseur und Drehbuchautor Chbosky versteht sich darauf sich in die Figuren einzufühlen, auch wenn er sich von der nüchtern-realistischen Schiene etwas wegbewegt, wenn sich die Traumata bei seiner Hauptfigur regelrecht stapeln – nicht, dass diese leicht ins Melodramatische driftenden Schicksalsschläge nicht ihre Wirkung entfalten würden und als Drehbuchkniffe bestehen könnten, aber sie passen nicht immer hundertprozentig zum sonst eher nüchternen Stil des Films.
Denn Chbosky nimmt sich sensibler Themen an: Das Finden der eigenen Identität, unerfüllte Liebe, erste Erfahrungen mit Sex oder Drogen, Cliquenbildung und dergleichen, sowie der Strategien damit umzugehen. Während der flamboyante Patrick offen zu seiner Homosexualität steht und dies in Aufführungen der „Rocky Horror Picture Show“ regelrecht zelebriert, will sein Freund, ein Sportstar, seine sexuelle Orientierung verstecken – der daraus resultierende Konflikt verletzt beide gleichermaßen. Sam hat einen älteren Freund hat, weckt aber Gefühle bei Charlie, womit dieser nur schwer umgehen kann. Dieser allerdings lässt sich auf eine Beziehung mit Mary Elizabeth (Mae Whitman) aus der Clique ein, einem freundlichen Mädchen, das aber trotzdem nie den Status wie Sam für ihn hat, was natürlich auch auf Probleme zusteuert. Diese und andere emotionale Schwierigkeiten bildet Chbosky ohne erhobenen Zeigefinger ab, lässt den Zuschauer selbst bewerten, wie richtig oder falsch er das Verhalten seiner Figuren finden mag, denn eines kann man auf jeden Fall: Sie verstehen.
Mit zurückhaltenden Popkulturreferenzen und einem teilweise zeitgenössischen Soundtrack (der Film spielt in den frühen 1990ern), aber auch Stücken neuerer Bands wie Imagine Dragons ist „The Perks of Being a Wallflower“ ein Stimmungsbild, leicht melancholisch, einfühlsam und mit viele Liebe für seine durchaus fehlerhaften Figuren. Das manches dann doch klassischen Hollywood-Happy-End-Regeln folgt ist dabei voll und ganz zu verschmerzen, während kleinere, sich meist aus den Figuren und Situationen ergebende Humormomente die Geschichte auflockern, die noch das eine oder andere Pfund an dramatischen Entwicklungen zu bieten hat, zu denen auch der (bereits vor Filmbeginn erfolgte) Unfalltod von Charlies Tante Helen (Melanie Lynskey) gehört, an dem das Mauerblümchen noch zu knabbern hat.
Dabei lebt der Film von seiner Besetzung, deren größter Trumpf in Sachen Aufmerksamkeit natürlich Emma Watson in der Post-Harry-Potter-Phase ist, die als quirlige Sam auch den Erwartungen mehr als gerecht wird. Noch stärker ist da Ezra Miller als ihr Lebemann-Bruder, während Logan Lerman in seiner Mauerblümchen-Rolle drehbuchbedingt nicht so sehr aus sich rauskommen kann, doch auch bei diesem nuancierten Part überzeugt. In Nebenrollen glänzen Mae Whitman und Paul Rudd, in kleinen Parts darf man sich über bekannte Gesichter wie Melanie Lynskey, Joan Cusack, Dylan McDermott und FX-Guru Tom Savini.
Nicht nur die hervorragende Besetzung, sondern auch das einfühlsame Buch und die Stimmung tragen zum Gelingen von „The Perks of Being a Wallflower“ bei, auch wenn manche Traumata der Hauptfigur etwas forciert wirken – die zwischenmenschlichen Probleme unter den Teenagern wirken stets lebensnah genug.
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