Eine Kritik von Trevedas (Bewertung des Films: 3 / 10) eingetragen am 29.12.2015, seitdem 303 Mal gelesen
10% seiner Gehirnkapazität soll der Mensch lediglich nutzen (können), die titelgebende Lucy ist im Laufe des Films imstande mehr und mehr Kapazität zu nutzen und entwickelt dadurch super duper dolle neue Fähigkeiten.
Beim Zuschauer ist es dann im Prinzip genau anders herum. Je weniger Gehirnkapazität man bei dem Film einsetzt, desto mehr entwickelt man die Fähigkeit, diesen Film mögen zu können.
Bei mir hat es allerdings nicht geklappt.
Da hat man auf der Habenseite Scarlett Johansson als weiblichen Korben-Dallas-Verschnitt, Morgan Freeman der eigentlich jeden Film bereichert in dem er auftritt und/oder spricht und eine ungemein interessante Grundprämisse. Es hätte daraus ein anspruchsvoller Thriller mit wenigen, aber gelungen Actionszenen werden können, oder auch ein effektvoller Actioner mit zumindest dem Hauch von Tiefgang.
Was am Ende dabei herausgekommen ist lässt sich dann aber eher als Unverschämtheit bezeichnen. Anscheinend hält Luc Besson seine Zuschauer für unsagbar dumm und wohl kaum in der Lage mehr als 0,1% der Hirnkapazität zu nutzen. Anders lässt sich dieses Dilemma eines Films nicht beschreiben.
Allein die an und für sich völlig belanglose Anfangsszene zieht sich wie Kaugummi und fühlt sich an, als hätte man bereits Stunden vor der Glotze gesessen. Dabei wird lediglich größtenteils gebrabbelt, ohne dass es einen größeren narrativen Nutzen hätte. Bla Bla auf koreanisch zu englisch, auf englisch zu koreanisch. Da kann man sich selbst nicht darüber freuen, den ansonsten großartigen Choi Min-sik zu sehen, weil er so krass verschenkt ist.
Aber da und nach den kurzen aber tatsächlich doch schicken "wissenschaftlichen" Erklärungsszenen mit Morgan Freeman, hatte ich immerhin noch Hoffnung, dass der Film vielleicht doch noch gut anzieht, aber völliger Pustekuchen.
Da fängt Lucy plötzlich an in bester J-Horror-Manier an Wänden rumzukrabbeln, während sich die Droge in Ihrem Körper verbreitet. Plötzlich und ohne Vorankündigung oder gar Erklärung, ist aus ihr ein nahezu gefühlloser, an den Menschen völlig uninteressierte Maschine geworden (nicht das der Film versucht hätte sie vor dieser Transformation auch nur annähernd interessant zu gestalten). Diese gefühlskalte Maschine bricht dann aber, völlig ohne zusammenhängenden oder erklärbaren Grund, in Gefühlsdöselei aus, nur um kurz darauf wieder der gefühlskalte Eisblock zu werden. Ebenso erklärt Freeman bei seiner Vorlesung, was man alles bei welcher Prozentzahl an nutzbarer Gehirnkapazität so alles treiben kann (und zusätzlich gibt es sogar Einblendungen, damit man ganz genau weiß, wie viel Prozent sie aktuell nutzen kann), nur damit Lucy kurz darauf entweder die erklärten nützlichen Fähigkeiten in Situationen, in denen Sie es nutzen sollte, nicht nutzt oder Fähigkeiten nutzt, die laut der eigenen Filmerklärung eigentlich in dem Stadium noch gar nicht möglich sein sollten.
Es ist nicht das Fehlen von genereller Logik, sondern dieses völlige Fehlen von innerer Logik und schlüssigen Konsequenzen der eigenen Prämissen im Film, die den Film nahezu ungenießbar machen. Das zieht sich dann auch bis zum Rest des Films durch. Gepaart mit schlechten Effekten und dummen visuellen Einfällen, wie den E.T.-Gedächtnis-Leuchtfinger, beim Lesen von Choi Min-siks Erinnerungen, bei dem man nicht weiß, ob Luc Besson, diesen Film nicht doch als ziemlich krasse und ungemein subtile Parodie filmen wollte.
Und als wäre es dann nicht genug, wird zum Schluss einfach mal rumgeballert (immerhin ganz ansehnlich), wobei die komplette Szene vor offener Dummheit strotzt, wenn irgendwelche Polizisten, irgendwelche Gangster aufhalten, während Lucy im Nachbarraum seelenruhig eine schlecht animierte, schlecht gefilmte und kaum gehaltvolle innere Zeitreise macht. Und dies, während der Film suggeriert, dass die Gangster Lucys Vorhaben der Erschließung von Ur-Erinnerungen, bedrohen, indem Sie den Raum stürmen. Warum man das als ernsthafte Bedrohung sehen sollte, anstatt darüber zu grübeln, warum Lucy mit Ihrer neu erworbenen Jedi-Macht die ganzen Gangster nicht einfach wegschleudert, erschließt sich natürlich nicht. Genau wie so vieles in diesem Film. Genau so wie der verdammte USB-Stick am Ende.
Was bleibt, sind ein paar schicke Schauwerte, ein wie immer sympathischer Morgan Freeman und ein ansehbarer aber verschenkter Choi Min-sik.
Und man fragt sich am Ende erneut: Wann zum Teufel kommt der Regisseur von LEON und DAS FÜNFTE ELEMENT zurück? Vermutlich, wenn Besson anfängt seine Gehirnkapazität auf zumindest über 1% zu steigern.
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