Eine Kritik von Sauza (Bewertung des Films: 4 / 10) eingetragen am 21.10.2018, seitdem 3165 Mal gelesen
Ein gut situierter Architekt ist am Vatertag vorübergehend Strohwitwer, als es spätnachts an der Tür klingelt: Knock Knock - hätte er dieses titelgebende Klopfgeräusch doch lieber überhört. So aber gewährt er zwei regennassen jungen Mädels vermeintlich kurz Unterstand, bis ein herbeigerufenes Taxi die beiden abholt. Diese zufällige Begebenheit jedoch entpuppt sich als abgekartetes Psychospiel zweier erstaunlich abgebrühter Sadistinnen, die die bis dahin heile Familienwelt des Archtekten nachhaltig zerstören.
Dabei hatte alles mit einem schönen Morgen begonnen, als die beiden Kinder in aller Früh zwar Papas Intimitäten mit Mama stören, dafür aber einen Schokoladenkuchen überreichen - als sich die ganze Rasselbande dann später verabschiedet, da sie mit Mama zum Strand fahren, nutzt Evan Webber (Keanu Reeves) die Zeit, bei entspannend lauter Musik einige Architekturarbeiten gemütlich zu beenden. Knock Knock - das (elektronische) Türklopfen nach Mitternacht bringt unerwartete Gäste - gutgelaunt und hilfsbereit läßt er die beiden durcheinander plappernden Tussen ins Haus und das Unheil nimmt seinen Lauf.
Eli Roths Home-Invasion-Thriller ist simpel aufgebaut und spielt mal wieder mit der Erwartungshaltung des Zuschauers - wie würdest DU dich verhalten, wenn es nachts in Strömen regnet und zwei junge Mädels nach dem Weg fragen? Kann man sie draußen stehen lassen und keinerlei Ärger riskieren oder ist das zu hartherzig, immerhin sind sie nur leicht bekleidet und fragen höflich nach einer Adresse... Dabei zögert Evan sogar noch einen kurzen Moment, als er der einen ein Taschentuch reicht, dann aber läßt er sie doch herein. Geschickt ergreifen die beiden bei jeder weiteren Gelegenheit vom sprichwörtlich dargebotenen Finger jeweils die ganze Hand - und Evan merkt nichts, ringt mit sich, ist hin- und hergerissen von Schmeicheleien einerseits und Standhaftigkeit andererseits und läßt sich dann doch einwickeln. Den Mädels Bademäntel anzubieten und ihre nassen Klamotten in den Trockner zu schmeissen, ist dann doch ein Schritt zuviel - der ohne mit der Wimper zu zucken angenommen wird. Weitere Steigerungen ergeben sich im Minutentakt, und der in die Enge getriebene Evans schaut immer wieder hilflos auf die Handy-Anzeige, wann denn das gerufene Taxi endlich kommt. Als die Smalltalk-Themen sich immer mehr um sexuelle Dinge drehen, stellt er dies zwar einmal recht erstaunt fest, versäumt es jedoch, die Initiative zu ergreifen und auf andere Dinge zu sprechen zu kommen. Endgültig unlogisch wird dann seine Passivität im Bad, als er halb vergewaltigt wird von den kichernden Mädels und dies geschehen läßt, und vor allem daß sich dieser flotte Dreier im ehelichen Schlafzimmer fortsetzt. Was dann am nächsten Morgen folgt scheint eine logische Folge zu sein - er wird die beiden nicht mehr los.
Des Regisseurs Vorlieben für äußerst missliche, ja peinliche Situationen und Qualen kennt man bereits aus seinen vorherigen Werken wie Cabin Fever oder Hostel, und auch Knock Knock hält eine Menge schlichtweg unangenehm anzusehender Szenen bereit. Während man schon beim ungenierten Herumsauen der Mädels beim Frühstück am Morgen danach ahnt was sich Evan da eingebrockt hat und daß er dafür einen hohen Preis bezahlen muß, bleibt das einzig spannende Moment, wie weit die beiden Psychopathinnen gehen werden - was sie eigentlich wollen, bleibt ohnehin vollkommen im Dunkeln. Nun darf man Roths Werke, die zu einem Gutteil auf gezielter Provokation beruhen, nicht allzu ernst nehmen, dennoch stellt sich mit zunehmender Dauer des Films immer mehr die Frage, woher die teuflischen Verführerinnen ihre Legitimation nehmen, so einfach in das Leben einer intakten Familie einzudringen und dort zu zerstören, was ihnen in die Finger kommt. Diese Frage wird wie erwartet jedoch keineswegs beantwortet. Sind sie selbst Opfer von Übergriffen väterlicherseits geworden? Woher kommt diese erhebliche kriminelle Energie? Dazu kommen einige Fragen zu den äußeren Umständen ihrer Gewalttaten: Hätten sie bei Evan geklingelt, wenn doch ein Nachbar anwesend gewesen wäre? Wie sicher konnten sie sich sein, daß Evan nicht doch durch Zufall gehört wurde, als er laut um Hilfe schrie im Garten? Und da sie damit prahlten, diese Tour schon öfter durchgezogen zu haben: Das ganze Haus ist voll mit ihrer DNA und Fingerabdrücken, stehen die beiden nicht längst auf irgendeiner Fahndungsliste, irgendein geprellter Familienvater wird sie doch angezeigt haben? Von der Leiche des Kunstliebhabers im Wagen, die 100%ig eine Untersuchung nach sich zieht, reden wir da noch gar nicht...
Darstellerisch ist das Ganze nicht übel vorgetragen: Sowohl Reeves wirkt in seiner teilweisen Hilflosigkeit überzeugend, als auch die beiden Kichererbsen einigermaßen glaubhaft den Wandel von den leicht zu beeindruckenden Teenagern über die raffinierten Verführerinnen bis hin zu den psychopathisch kichernden Sadistinnen darbieten - die dunkelhaarige Lorenza Izzo wurde übrigens kurz zuvor Eli Roths Ehefrau, was vielleicht auch erklärt, warum sie und ihre blonde Freundin (Ana de Armas) trotz der teils eindeutig zweideutigen Dialoge und Handlungen kaum Körpereinsatz bringen (müssen) - neben der jugendfreundlichen US-Einstufung des Films natürlich.
Insgesamt ist Knock Knock daher eher eine Eintagsfliege, die man sich wohl kein zweites Mal anschaut - zu vorhersehbar, streckenweise konstruiert, überraschungsarm und am Ende unaufgeklärt bleibt diese Sex-Erpressung. 4 Punkte.
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