Eine Kritik von Moonshade (Bewertung des Films: 3 / 10) eingetragen am 13.05.2022, seitdem 80 Mal gelesen
Irgendwie warte ich jetzt seit 20 Jahren.
Seit 20 Jahren warte ich auf einen profilierungsunsüchtigen Horror-Spezialisten unter den nachwachsenden Regisseuren, der als Filmemacher eine gradlinige Handschrift an den Tag legt und im Kleinen großes Geschick beweist – und das möglichst dauerhaft. Aber seit es die klassische B-Variante Genrefilm leider für das Kino nicht mehr gibt, sondern nur noch am Fließband für Videotheken und Streamingportale produziert wird, hat Masse die individuelle Klasse abgelöst und eine eigene Handschrift entwickelt sich so leider nicht mehr so organisch wie es mit den früheren Regisseuren war.
Padraig Reynolds hat sich als einer der aktuellen Low-Budget-Regisseure ebenfalls daran gemacht, hauptsächlich im Horror-Bereich zu produzieren, führt Regie und schreibt selbst, insofern ein idealer Fall, bei dem man so eine Entwicklung mal gut mitverfolgen kann – und dann auch sieht, woran es hapert.
Im Falle von „Worry Dolls“ klingt das geschriebene Wort über den Film viel besser als das fertige Produkt am Ende ausschaut und das ist irgendwie traurig. Der Plot ist feinste 80er/90er-Ware für Videotheken (damals noch physisch): ein vollkommen durchgeknallter Serienkiller meuchelt Kinder und wird nach längerer Jagd von einem toughen Cop zur Strecke gebracht. Leider hat er ein Faible für das Okkulte besessen und mittels eines Voodoo-Zaubers vier sogenannte Sorgenpüppchen mit eingeflochtenen Haaren produziert. Diese haben die unangenehme Nebenwirkung, dass die Besitzer früher oder später zu allerlei spitzen und scharfen Gegenständen greifen und auf ihre unmittelbare Umgebung losgehen, und zwar ohne Rücksicht auf Verluste.
Was also nach einem spannenden Wettlauf mit der Zeit klingt, scheitert leider praktisch in allen Belangen (außer einer) und das ist dann wieder dem Budget und dem Talent gegeben. Anstatt aus dem Voodoo-Fluch eine Fingerübung in okkulter Folklore zu machen, bringt der Film den Auslöser erst im letzten Drittel in den Fokus, während das Publikum den Trick schon nach einem Drittel verstanden hat. Bis dahin trödelt der Film nach einem deftigen Auftakt vor sich hin: Familie des Polizisten, Kind nimmt sich Püppchen, Kind verkauft auf dem Trödelmarkt Püppchen, Polizist ist müde und erschöpft. Alle Viertelstunde klinkt dann ein Neubesitzer aus und füllt weitere 10 Minuten damit, seine Wohnung zu zerlegen und ein oder zwei arme Opfer zu scheuchen, bis es nur so suppt. Danach dürfen die Beamten wieder rätseln und sich lange und pointenlos unterhalten, wobei Christopher Wiehl denkbar ungeeignet ist, einen brauchbaren Polizisten darzustellen, er wirkt wie ein stets überforderter Land-Deputy.
Ansonsten fehlt dem an sich simpel und gut klingenden Plot jeglicher Fluss und jegliche Finesse. Der Film hakt nach und nach alle Püppchenbesitzer gnadenlos ab und versackt dann zwischendurch immer wieder bei den Ermittlungen, bis auf der Schlussgerade dann endlich der Groschen fällt und wir mal zur Püppchen-Spezialistin fährt, die das alles dann bis zum Quasi-Exorzismus auch schön „plain“ erklärt.
Es fehlt Finesse, es fehlt Drive, es fehlt Atmosphäre. Ob wir uns in einer Groß- oder Kleinstadt befinden, wird nie geklärt – es mangelt an nachvollziehbarer Topographie, an einem visuellen Rahmen, stets reicht das Budget nur für den Dreh in improvisiert wirkenden Real-Locations ohne Pfiff, wenn man mal von zufällig passenden Ruinen oder dem finalen Hexenhäuschen absieht.
Woran sich Splatterfans erinnern, sind sicher die recht roten Matschereien, die recht deftig umgesetzt worden sind und die auch vor unschuldigen Opfern nicht Halt machen. Und obwohl man sich irgendwann damit arrangieren muss, dass Officer (oder Detective, das wird nicht so ganz klar, da man sich mal wie ein Landsheriff und dann wieder wie ein Großstadt-Cop gebärden muss) Matt nichts hinbekommt, ist es sowas von klar, dass er final sein Töchterlein retten wird, welchen auch schon in die Besteckschublade greift, um es ihren Eltern heimzuleuchten.
Gekrönt wird das alles von einer absolut reizlosen C-Klasse-Synchro, die auch nicht fähig ist, Besetzungsschwächen akustisch zu korrigieren. Sicher, es gibt schlimmere und schlechtere Filme, aber hier schwebt über allem das Gefühl, dass es am Ende dann doch nicht reicht mit dem Talent für Spannung und intensive Bilder, stattdessen verortet man das bei einem gut recherchierten Privatprojekt, wo es einfach nicht für mehr gereicht hat.
Wie gesagt: es ist alles im Plot enthalten, samt Requisiten, Fahrzeugen und Gore, aber es das Gefühl bleibt falsch. Es ist ein weiter Weg zu einem gefeierten Genreregisseur und nicht jeder hat sofort ein Händchen für alles. Möge Mr.Reynolds seines noch finden. (3/10)
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