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Kesse Mary - Irrer Larry (1974)

Eine Kritik von LittleMole (Bewertung des Films: 3 / 10)
eingetragen am 08.09.2020, seitdem 294 Mal gelesen



Der gescheiterte Rennfahrer Larry und sein ebenfalls gescheiterter Mechaniker Deke wollen zurück auf die großen Rennstrecken, nach Daytona und nach Riverside. Dafür benötigen sie Geld, das sie bekommen indem sie die Familie eines Supermarktleiters gefangen nehmen und sich vom diesem dann das Geld aus dem Supermarkttresor geben lassen, im Tausch gegen die Freiheit der Familie.
Der Plan klappt ziemlich gut, aber Mary, bei der Larry vorher die Nacht verbracht hatte, sitzt plötzlich im Fluchtwagen und will mit. Die Freunde haben keine andere Möglichkeit und nehmen sie notgedrungen mit, aber die Polizei sitzt ihnen hart auf den Fersen, und der gut durchkalkulierte Fluchtplan wird durch Mary einige Male böse durcheinander gewirbelt.

Wenn Personen in einem Film nicht an einem einzigen Ort agieren sondern sich während der Handlung ständig von A nach B bewegen, gleich ob freiwillig oder von einer anderen Partei gejagt, dann nennt man das Road Movie. Spätestens ausgehend von EASY RIDER, in dem die Freiheit der Prärie aus einer Kombination von Motorengebrubbel und Zeitgeist versucht wurde einzufangen, gab es vor allem in den 70-ern bis in die frühen 80-er Jahre eine Welle von Filmen, in denen gleiches versucht wurde. Manchmal mit dramatischem Hintergrund (DER TIGER HETZT DIE MEUTE), manchmal mit sozialen Tönen unterlegt (BADLANDS), und manchmal angelegt als reine Komödie (die EIN AUSGEKOCHTES SCHLITZOHR-Filme).

In der ersten Hälfte der 70-er Jahre waren Roadmovies ziemlich in. Junge Leute die gegen das Gesetz aufbegehren indem sie mit Muscle Cars gegen den Sheriff und seine Leute antreten, so in etwa jedenfalls. Neben den erwähnten grösser budgetierten Erfolgsfilmen gab es vor allem im Low- und Mid-Budget-Bereich unzählige Streifen die genau dieses zeigen: Aufgemotzte Autos, die durch den Mittleren Westen rasen und die Polizeimacht austricksen. ASPHALTRENNEN könnte man gegebenenfalls dazuzählen, oder auch DIE BUGGY-BUMSER. Oder eben KESSE MARY – IRRER LARRY (oder kurz: MARYLARRY).

Der Unterschied zu den weiter oben genannten allerdings ist eklatant: In Terence Maliks BADLANDS beispielsweise sehen wir einer James Dean-Kopie beim REBEL WITHOUT A CAUSE-Spiel zu, und die Sympathie ist ganz klar auf Seiten Martin Sheens, der den unangepassten Loner mit viel Liebe und großer Konsequenz spielt. DER TIGER HETZT DIE MEUTE auf der anderen Seite appelliert an das gesunde Gerechtigkeitsempfinden und hat Burt Reynolds als klare Sympathiefigur. Es ist toll und spannend anzusehen, wie Reynolds als Gator immer einen Schritt weiter denkt als die Bösewichter und die Gegenseite witzig und trickreich überlistet. ASPHALTRENNEN zeigt einen klaren Gegenentwurf zur bürgerlichen Gesellschaft und sympathische und einsame Charaktere im Kampf gegen sich selbst. Und MARYLARRY? Hier sehen wir drei geistig minderbemittelten Trotteln dabei zu, wie sie nicht fähig sind einer nur rudimentär vorhandenen Polizei aus dem Weg zu gehen und sich selbst immer wieder Steine in den Weg legen damit die Flucht auch möglichst schwierig wird.
Wiederum der Unterschied zu beispielsweise Franco & Ciccio ist der, dass keiner der drei Hauptdarsteller auch nur einen Funken Sympathie beim Zuschauer entfachen kann: Larry ist ein Aufschneider und Gernegroß, der in Daytona mal ein Auto in die Leitplanke gesetzt hat und damit auch noch angibt, und jetzt auf der Flucht, wo man tunlichst unauffällig bleiben sollte, ach so tolle Autokunststücke vorführen muss um auf sich aufmerksam zu machen. Deke ist der ruhige und gedankenvolle Gegenpol dazu, der aber zu wenig Präsenz hat um dem Zuschauer als Projektionsfläche dienen zu können. Wir wissen dass er ein toller Mechaniker war, sich aber durch seine Sauferei die Karriere zerstört hat. Seine Affenliebe zu Larry ist nicht wirklich nachvollziehbar. Er ist niemand dem ich einen Abend in der Kneipe finanzieren würde. Und Mary ist eine, Verzeihung, brunzdämliche Schnepfe die nicht weiterdenkt als bis zu ihrer Möse. Sie scheint lange Zeit nicht zu verstehen dass sie von der Polizei gejagt werden wegen eines Raubes, und dass im Falle eines Misserfolgs Schluss ist mit lustig. Bonnie weiß das, als sie 1967 in Clydes Auto steigt, und sie weiß auch dass sie dafür etwas tun muss – um frei zu leben und um blutig zu sterben. Mary weiß das nicht, dafür ist sie zu dämlich. Sie meint, dass ein Gang über einen Flohmarkt während der Flucht unbedingt Not tut, und die Erlebnisse während dieses Rundgangs müssen ja den Fluchtgenossen auch nicht erzählt werden, es hat ja alles keine Konsequenzen …

Somit taugen zumindest die Hauptfiguren nicht zur Identifikation, der Zuschauer sieht drei Idioten zu wie sie sich zum Affen machen. Auf der Gegenseite gibt es den coolen Sheriff Franklin, und Vic Morrow macht das ganz hervorragend und gibt dem Charakter viel Leben. Das Problem hier ist, dass Franklin einfach ein Arschloch ist. Wird er zu Beginn noch sympathisch gezeichnet, durch seine Weigerung kurze Haare und einen Colt zu tragen sowie durch seine Knorrigkeit, wird er mit zunehmender Jagd immer unangenehmer. Wie Franklin seine Umwelt und seine Untergebenen behandelt, da steigt zumindest mir die Galle hoch. Alle(!) weiteren Sprechrollen sind ebenfalls Arschlöcher oder zumindest Idioten oder beides gleichzeitig. Wahrscheinlich ist das in der Gegend dort einfach so, aber es stellt sich mir halt schon die Frage warum ich mir das anschauen muss. Eine Fahrt in den Öffis morgens um sieben liefert das gleiche Ergebnis für weniger Geld. In 3D und in Odorama …

Also gut, wir reden hier von einem Road-Movie, dann könnte es zumindest coole Autorennen geben, Polizeiwagen gegen ’69-er Dodge Charger, so SMOKEY AND THE BANDIT-mäßig. Oder wie bei FLUCHTPUNKT SAN FRANCISCO. Nö, auch nicht so richtig. Larry fährt zwar einen flotten Stiefel, aber die einzige Verfolgungsjagd die wirklich was hermacht ist die mit Wagen 17, und die ist zu kurz um wirklich dramatisch zu sein. Alle anderen Verfolgungsjagden sind eher unaufwendig gedreht und recht schnell zu Ende. OK, das Showdown mit dem Helikopter ist in Ordnung, aber irgendwie schlecht gealtert. Vielleicht lag es am mangelnden Budget, das weiß ich nicht, aber die große Action-Sause bleibt leider aus. Und wenn Larry zum x-ten Male kernig durch die Kurven brettert fängt man an zu überlegen, ob man sich nicht doch mal THE FAST AND THE FURIOUS geben sollte. Der x-te Teil soll ja ein guter Action-Heuler sein …

Was bleibt dann noch übrig, wenn die Charaktere Idioten sind und die Action mau? Antwort: Nicht viel … In erster Linie wird in MARYLARRY viel geredet, und da vor allem gestritten. Die Hauptpersonen verwenden sehr viel Zeit damit sich gegenseitig zu erklären wie dämlich doch der andere ist, und das war es. Ich meine, ein Road-Movie, das ist doch ein Film in dem Autos (oder Motorräder oder Trucks) durch Landschaften fahren die Freiheit symbolisiert, gesteuert von Menschen die Freiheit suchen, meist verfolgt von Typen die Unfreiheit repräsentieren. CONVOY kann da als Beispiel genannt werden, und CONVOY hat definitiv hervorragend gemachte Action, tolle Schauspieler und dieses spezielle Flair von Freiheit und Abenteuer. Gerade diese Dinge werden vom bereits erwähnten ASPHALTRENNEN erstklassig eingefangen, und gerade durch die Sprachlosigkeit der Protagonisten geradezu spürbar. In MARYLARRY hingegen wird in erster Linie gestritten, wenngleich die Schauspieler ebenfalls erstklassig sind, aber von Freiheit kaum eine Spur. Die Landschaft bietet zumindest in den ersten beiden Dritteln Impressionen dieser Freiheit, wenn die Ebenen weit sind, der Himmel unendlich erscheint und John Ford von einer Wolke herunterlächelt. Aber wenn dann endlich Spannung aufkommt und die Handlung dichter wird, nämlich im letzten Drittel, dann besteht die Landschaft merkwürdiger Weise aus Walnussbäumen. Was zwar sehr hübsch ausschaut, aber nichts mit diesem speziellen Gefühl von Freiheit zu tun hat. Vor allem aber geht einem diese ewige Streiterei irgendwann ziemlich auf den Senkel …

Und dann dieser Schluss. Ich gebe ganz offen zu, dass ich Filme mit diesem Deus-ex-Machina-Ende rundweg ablehne, zu naheliegend ist der Gedanke dass dem Drehbuchautor schlicht und ergreifend NICHTS dazu einfiel. Oder dass das Geld zu Ende war. Auf jeden Fall ist das Ende ideen- und sinnlos, und die Anweisung des Produzenten, dass das Gesetz immer obsiegen muss, ist deutlich hörbar. Ein Vergleich mit FLUCHTPUNKT SAN FRANCISCO verbietet sich schon allein deswegen, weil in dem einen Film die Aktion bewusst und freiwillig ausgeführt wurde, die Ausweglosigkeit mit Händen greifbar ist, und die Staatsmacht eine Straßensperre der etwas anderen Art ebenfalls bewusst einsetzt um der aufkeimenden Anarchie Herr zu werden. In MARYLARRY ist die Grundsituation eine ganz andere: Die Protagonisten haben immer noch das Gefühl sie könnten entkommen, und die Polizei hat außer einem wachsendem Schrottplatz und Benzinproblemen kaum Eingriffsmöglichkeiten um die Situation in den Griff zu bekommen. Kowalski hat eine einzige Straße zur Flucht, Larry derer 60! Nein, das Ende ist eine unheilige Allianz aus einer Anweisung des Produzenten und akuter Papiernot des Drehbuchautors, anders kann ich diesen Quatsch nicht deuten. Man denke an Arthur Penns sehr ähnlich gelagerten BONNIE UND CLYDE, der thematisch von MARYLARRY nicht weit entfernt ist, und wie dort der Schluss gestaltet ist.

Irgendwie ist MARYLARRY ein sehr durchwachsener Film mit starker Tendenz zur Verschwendung von Lebenszeit. Neben der gelungenen Sprücheklopper-Synchro rettet die letzte halbe Stunde noch einiges, hier nähern sich die Charaktere dem Zuschauer und werden menschlicher, die Handlung wird dichter, kompakter, und gibt ganz einfach mehr Gas. Trotzdem, Road-Movies gibt es einige erheblich bessere, Filme die das Lebensgefühl Mitte der 70-er zeigen ebenfalls, und bei Filmen in denen fast ausschließlich gestritten wird fallen mir einige Sternstunden des Kinos ein. SZENEN EINER EHE zum Beispiel. Oder Filme mit Doris Day und Rock Hudson. Und die sind auch unterhaltsamer als MARYLARRY.


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