Eine Kritik von Moonshade (Bewertung des Films: 7 / 10) eingetragen am 17.11.2021, seitdem 309 Mal gelesen
Zu den kleinen Highlights während der harten Pandemie-Monate ohne wirklichen Kino- oder Festivaleinsatz nach alter Art und Sitte gehörte 2020 sicherlich das viel gefeierte Filmchen „Host“ von Rob Savage.
„Filmchen“ nicht aus Respektlosigkeit so betitelt, sondern weil der Film mit einer Lauflänge von nicht ganz 57 Minuten nun wirklich nur das abbildet, was in Lockdown-Verhältnissen für kleines Geld (bzw. kein Geld) möglich war: das Maximum eines kostenfreien Zoom-Meetings.
Der Film geriet zum Streaming-Highlight und fuhr reihenweise Benennungen zum gruseligsten Film des Jahres ein, allerdings ist seine Prämisse weder wirklich neu, noch gewinnt sein Plot einen Sonderpreis für Innovation.
Im Kern stehen fünf junge Frauen, die gemeinsam mit einem lässigen hipsterähnlichen Supertyp, sich wöchentlich einmal gemeinsam über Zoom austauschen und gepflegt Quatsch machen, doch in diesem Fall plant die Veranstalterin etwas Knackiges: eine Séance via Zoom. Dazu hat sie ein Medium eingeladen, welches das Ritual anleiten soll, mit den Toten Kontakt aufzunehmen, selbst wenn der Beschwörerkreis rein virtuell miteinander verbunden ist.
Aber wie das nun mal so ist mit den jungen Leuten: man glaubt die Chose nicht recht, eine macht sich bei den Vorgaben einen Spaß und plötzlich hat das halbe Dutzend (vornehmlich die fünf Frauen, denn der Typ taucht nur am Anfang und am Ende auf) eine dämonische Wesenheit an der Backe, die sich offenbar in allen sechs Wohnstätten gleichzeit breitmachen kann.
Alsbald rumpelts im Gebälk, es klopft und rappelt, Dinge fallen um, Kerzen gehen aus, Mitwohnende sind plötzlich verschwunden, ein Stuhl rutscht von selbst. Die unvermeidliche Untersuchung der sicheren Heimstatt bringt alsbald Gruseliges zum Vorschein und binnen weniger Minuten wird es für die Teilnehmer lebensgefährlich bis tödlich, denn der Besucher kennt wirklich keine Verwandten.
Savage verzichtet dabei, stets alle Bildschirme permanent im Blick zu behalten und fokussiert mitunter mal nur auf einen oder zwei, nicht zuletzt, weil man bei der Durchsuchung der Räume ja auch auf Details achten soll – brav wird die Streamingdevice auch von allen mitgeführt.
Kommt das irgendwie bekannt vor? Ja, natürlich.
Wenn ich ganz böse argumentiere, ist „Host“ nicht nur vom Look an „Paranormal Activity“ angelehnt (lange Einstellungen, bis sich etwas bewegt; Unsichtbares, was per Kamera oder durch einen gezielten Handtuchwurf sichtbar wird), sondern auch ein Quasi-Remake von Simon Verhoevens „Unfriend“ aka „Friend Request“, nur stark vereinfacht – sogar der dauerhafte Blick auf die Bildschirme ist ähnlich angelegt.
Was den „Horror of it all” angeht, darf man also auf Bekanntes hoffen: Mobiliar gerät in Bewegung; Lichtquellen verlöschen, im Dunkel sind „Füße“ zu sehen – doch meistens löst geordnete Kreischerei hektische Fluchtreflexe aus und das lässt vieles zu kurzfristigen Wackelorgien gerinnen, in denen man eben nichts erkennen kann bis zur finalen (toten) Einstellung der Kameras. Immerhin (oder leider?) gönnt man dem Zuschauer dann zum Ende hin doch noch einen Blick auf den Eindringling, doch die besten Sequenzen sind eben die, die den Ausbruch des Grauens stets vorbereiten. Eine Sequenz mit einer frei im Raum schwebenden Gesichtsmaske ist da für mich ein kribbliger Höhepunkt. Das effektivste Bild gestalten die Filmemacher allerdings mit dem Bildschirmhintergrund der einen jungen Frau, die in einer Endlosschleife im Hintergrund durch ihr eigenes Bild geht – und das eben auch noch, als sie bereits tot ist.
Weltwunder möge man bitte nicht erwarten, dafür langten Zeit und Budget bei weitem nicht aus, aber effektiv und kreativ gefilmt ist die Geschichte dennoch und leidet auch nicht allzu lange unter den BFF-Blödeleien in der Vorstellungsphase. Straffheit ist also immer noch zu bevorzugen, wenn es um Spannung geht.
Hätte man das alles etwas übersichtlicher durchstrukturieren können, hätte ich gern mehr hergeschenkt, aber es mangelt eben an Identifikationsfiguren und Variantenreichtum – auf dem Mädelsabend spritzt der Prosecco aber garantiert damit in alle Zimmerecken. (7,5/10)
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