Eine Kritik von McClane (Bewertung des Films: 4 / 10) eingetragen am 30.11.2021, seitdem 359 Mal gelesen
„The Hitman’s Bodyguard“ machte anno 2017 keine großen Wellen, manövrierte sich aber unterm Strich in die Gewinnzone, weshalb das sequelfreudige Studio Millennium Media (ehemals Millennium Film) natürlich eine Fortsetzung in Auftrag gab: „Hitman’s Wife’s Bodyguard“.
Allerdings ist anfangs weder vom Hitman Darius Kincaid (Samuel L. Jackson) noch von seiner Frau Sonia (Salma Hayek) etwas zu sehen. Dafür von Bodyguard Michael Bryce (Ryan Reynolds), der nach den Geschehnissen des Erstlings um den Wiedererhalt seiner Lizenz bangen muss – immerhin verlor er einen Klienten an Darius und das Beschützen von Auftragsmördern lässt ihn bei seiner Kaste auch nicht gut dastehen. Da diese Sache Michael noch immer zu schaffen macht, verordnet seine Therapeutin ihm einen Italienurlaub. Die Verhaltensregeln: Einfach ausspannen, kein Bodyguarding, keine Waffen, kein Töten. Natürlich muss es nach alter Komödiensitte anders kommen, zumal in Europa nicht nur die Nu Boyana Studios von Millennium Films stehen, sondern auch der Vorgänger bereits auf dem alten Kontinent spielte.
Dort ist allerdings gerade die Kacke am Dampfen, da die EU harte Sanktionen gegen Griechenland beschlossen hat. Das wiederum ärgert den Geschäftsmann und Oberbösewicht Aristoteles Papadopolous (Antonio Banderas), welcher nun einen gewaltigen Terroranschlag gegen die Union vorhat, bei dem es um Diamantbohrer und Datenknoten geht. Doch bei seiner Vorbereitung hinterlässt er Hinweise, auf welche die Behörden stoßen, allen voran der grimmige Interpol-Agent Bobby O’Neill (Frank Grillo). Die Besetzung der Rolle mit Grillo mag zwar grundsätzlich eine gute Idee sein, doch leider hält man ihn grundsätzlich aus den Actionszenen des Films fern, was wie eine Verschwendung wirkt.
Derweil will Michael nur seinen Urlaub genießen, doch daraus wird nichts. Schon kurz nach seiner Ankunft steht Sonia mitten im Kugelhagel vor ihm, weil Darius entführt wurde und seine Hilfe braucht. Und da der Entführer gleichzeitig ein Kontaktmann des Oberschurken ist, wird das Trio in die Verschwörung gegen die EU mit hineingezogen…
„6 Underground“, „Free Guy“ oder eben „The Hitman’s Bodyguard” und sein Sequel – seit „Deadpool“ ist Ryan Reynolds gewissermaßen abonniert auf eine bestimmte Form von schwarzhumoriger Actionkomödie. Immerhin spielt der sympathische Star nicht immer die gleiche Rolle. Hier ist er als Sunnyboy mit Selbstwertproblemen zu sehen, der inmitten von Mord und Totschlag eigentlich nur nach Anerkennung sucht und macht seine Sache ähnlich gut wie im ersten Teil. Schwächer fallen dagegen die Performances von Samuel L. Jackson und Salma Hayek aus, die der Film zu dauerfluchenden, dauergeilen Karikaturen überzeichnet. Da die beiden Stars die Schmierenkomödie begeistert mitmachen, ist das bisweilen etwas anstrengend, dabei können sie gerade in den ruhigen Momenten zeigen was sie können. Antonio Banderas ist routiniert als Schurke mit Liberace-Styling, ebenso wie Frank Grillo in der Rolle des bärbeißigen Agenten, der sich Boston und Baseball sehnt. In einer Nebenrolle tritt zudem Morgan Freeman auf. Der liefert zwar auch nur okaye Routine ab, aber immerhin mal wieder in einer Rolle, deren Funktion nicht allein darin besteht den halben Film zu erklären. Erneut schaut Richard E. Grant für eine Art Cameo vorbei.
Schon beim Vorgänger war in Sachen Humor Hit-and-Miss angesagt, was für „Hitman’s Wife’s Bodyguard“ noch mehr gilt. Die Dauerflucherei von Sonia und Darius hielten Erstlings-Autor Tom O’Connor und seine beiden Drehbuch-Debütanten-Erfüllungsgehilfen Phillip und Brandon Murphy wohl schon alleine für so schweinelustig, dass man nur selten Platz für andere Gags fand. Hier kommen noch die pubertären Witzeleien hinzu, dass das Killer-Paar andauernd rattig aufeinander ist und man sich sehr viel über Sonias Vorbau auslässt, womit schon klar ist, dass das Sequel eine noch weniger feine Humorklinge schwingt. Manche Gags aus dem Erstling werden ansatzweise recycelt (Mord und Totschlag im Hintergrund, wenn Michael seine Ruhe genießt, eine Kneipenschlägerei als Moment der Versöhnung), außerdem das seit „Deadpool“ gern durchgenudelte Rezept das Töten von lauter Leuten als Slapsticknummer aufzuziehen – nur dass „Deadpool“ nebst Sequel dies wesentlich origineller und frecher machte. Auch hier gibt es einige gelungene Momente, etwa die Tagträume Michaels oder der Schlussgag, der zwar mit Ansage kommt, aber doch irgendwo sitzt. Insgesamt ist „Hitman’s Wife’s Bodyguard“ als Komödie aber noch durchwachsener als sein Vorgänger.
Was dadurch noch etwas problematischer wird, dass manche Actionszene in der ersten Hälfte als blutige Slapstickeinlage angelegt ist, aber dadurch wenige Schauwerte als Action an sich bietet, wenn die gesichtslosen Schergen im Dutzendpack vor die Flinten der Killer springen und auf immer gleiche Weise weggepustet werden, während Michael verzweifelt niemanden töten will. Immerhin bessert sich „Hitman’s Wife’s Bodyguard“ im Laufe der Zeit, fährt dann auch jene handgemachte Action auf, die man im Hause Millennium meistens gut beherrscht und liefert einige starke Verfolgungsjagden und Shoot-Outs. Auch das Finale auf einer Yacht macht Laune, nicht zuletzt da Regisseur Patrick Hughes, Stunt Coordinator Greg Powell und Fight Coordinator Balasz Lengyel für jeden der drei Protagonisten eine Art Spiegelbild installieren, mit dem sie sich dann gewissermaßen Boss-Fights liefern können.
Ansonsten ist vieles wie beim Erstling. Die CGI-Tricks sind bestenfalls Mittelklasse, werden aber zum Glück nicht so stark eingesetzt wie in manch anderer Millennium-Produktion – ein animierter Helikopter sowie zwei Schiffsexplosionen sehen allerdings reichlich suboptimal aus. Verpackt sind die Gags und Actionszenen in eine Dauerhatz, in der die Schurken, Interpol und weitere Parteien mitmischen und Daten, welche das Trio gestohlen hat, zum MacGuffin werden. Damit Raum für Buddy-Komik ist, wird die Annäherung zwischen Michael und Darius aus dem Vorgänger kurzerhand für nichtig erklärt und bei den Kincaids zieht zudem eine Ehekrise auf, damit noch mehr Zündstoff für Komik und Drama drin ist. Leider ist Film im Humor und in der Figurenzeichnung zu grob als dass das eine oder andere wirklich hervorragend funktionieren würde. Wenn es ansatzweise gelungene Charaktermomente gibt, dann jene, in denen der Film der Unsicherheit und den Kindheitstraumata von Michael auf den Grund gibt, aber die sind auch schnell wieder vorbei, damit die nächste Schimpfwortorgie weitergehen kann.
Die Schurkenfiguren sind dafür etwas präsenter als jene des Erstlings, aber immer noch keine Großtaten des Genres. So ist die überzogene Vaterlandsliebe von Aristoteles ein eher schwaches Motiv, sein Plan etwas 08/15, nur sein Style und seine Outfits, die ragen heraus. Dass man Banderas hier mit seiner „Desperado“-Kollegin Salma Hayek vereint, zimmert dabei immerhin eine leichte Metaebene ein. Andere Anspielungen spricht der Film direkt aus, wobei die Komödie „Overboard“ sogar intradiegetisch eine tragende Rolle spielt – nicht auf besonders subtile Weise, aber es ist ein Verweis auf jenes Action- und Comedy-Kino der 1980er und 1990er, an das sich „Hitman’s Wife’s Bodyguard“ anlehnt. Nicht umsonst denkt Agent O’Neill bei einem riesigen Diamantbohrer als allererstes an „Armageddon“ mit Bruce Willis.
Die glorreichen Tage der guten alten Buddy-Actionkomödie lässt „Hitman’s Wife’s Bodyguard“ allerdings merklich weniger aufleben als sein Vorgänger: Die Trefferquote der Gags ist sehr durchwachsen und Hayek sowie Jackson weniger stark als im Vorgänger. Es gibt aber ein gerüttelt Maß an handgemachter Action in guter Qualität, man hält sich mit CGI-Sünden weitestgehend zurück und das Tempo ist hoch. Das reicht für egale Gebrauchsware ohne große Halbwertszeit, die klar hinter dem Erstling zurückbleibt.
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