Eine Kritik von Maichklang (Bewertung des Films: 6 / 10) eingetragen am 27.06.2022, seitdem 230 Mal gelesen
Dass ein übersteigerter Kinderwunsch zu kriminellen Handlungen führen kann, haben bereits etliche Thriller veranschaulicht. Doch auf moralischer Ebene macht es Regisseur Manuel MartÃn Cuenca dem Publikum nicht ganz so einfach, indem er scheinbar gewöhnliche Menschen zusehends in eine Extremsituation rückt.
Wer hier einen Adrenalin geladenen Thriller mit Actionanteilen erwartet, ist definitiv fehl am Platz, denn allein die erste Stunde fühlt sich die Erzählung mehrheitlich nach Drama an. Cuenca nimmt sich wahrlich Zeit für seine Figuren, obgleich nur drei im direkten Fokus stehen und zwei am Rande mitmischen. Und damit sind nicht die beiden Schäferhunde gemeint, die, meistens angeleint, den Raum zwischen Einfahrt und Wohnungstür bewachen.
Die Geschichte setzt allerdings ein paar merkwürdige Schwerpunkte, denn natürlich fällt das Verschwinden eines Mädchens aus einer Einrichtung auf, doch die dazugehörige Polizeiarbeit tendiert gegen null. Obgleich Javier zu Irene befragt wird, verlaufen einige Ansätze im Sande, während die Situation im Landhaus, trotz zwischenzeitlichem Jahreszeitenwechsel kaum essenzielle Ereignisse zutage fördert.
Erst zur Halbzeit wird der Stoff endlich konkreter und geht ein wenig detaillierter auf die Hintergründe von Beziehungen ein: Woher stammt dieser intensive Kinderwunsch, wer ist die treibende Feder, wer geht diesen zweifelhaften Pakt etwas planvoller an und wie verändert sich die Dreierkonstellation im Lauf der Monate. Auf den ersten Blick scheinen die Sympathien klar verteilt, woran sich im Verlauf allerdings wenig ändert, denn überraschende Wendungen sind diesbezüglich nicht zu erwarten.
Obgleich der Stoff gegen Finale zum beinahe konventionell anmutenden Thriller mutiert, bleiben die meisten Vorgänge erahnbar und nicht allzu häufig kommt Hochspannung auf. Dies geschieht immer dann, wenn Cuenca mit dem Element der Ungewissheit spielt, indem etwa eine Begebenheit ins Off verlagert wird und an anderer Stelle ein Gespräch stattfindet, welches aus Sicht der Abwesenden bebildert wird.
Als deutlicher Pluspunkt kristallisiert sich rasch die starke Location heraus, welche hin und wieder mittels Luftaufnahme eingefangen wird, was das Gefühl von Isolation deutlich verstärkt. Der Schauplatz des Landhauses ist so abgelegen, dass Geräusche eines herannahenden Fahrzeugs natürlich sofort auffallen. Sobald leichte Herbststürme und Nebel mitmischen, punktet die Atmosphäre, was der sauber abgestimmte Score durchaus zu unterstreichen vermag.
Dennoch erscheint am Ende die Verpackung besser als der Inhalt. Während auf technischer Seite wenig zu beanstanden ist und sämtliche Mimen hervorragende Darstellungen abliefern, leidet die Geschichte unter ihren vorhersehbaren Aspekten und der Tatsache, dass diese in deutlich weniger Zeit als die 122 Minuten hätte erzählt werden können.
6 von 10
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