Eine Kritik von Leimbacher-Mario (Bewertung des Films: 9 / 10) eingetragen am 16.12.2021, seitdem 400 Mal gelesen
Fundament der Wunder
„Encanto“ ist der diesjährige animierte Disneyweihnachtsfilm und könnte kaum besser zum Fest der Liebe und Familie passen. Obwohl er atmosphärisch und wettertechnisch kaum weiter vom Winter entfernt sein könnte. Erzählt wird im gewohnt tonal und visuell wunderschönen Musicalstil von der Familie Madrigal, deren „Casita“ (Haus) ein magisches Eigenleben und in der jedes Mitglied eine ebenso magische Begabung besitzt. Naja, bis auf unsere kleine „Heldin“, Mirabel, die irgendwie keine spezielle Fähigkeit abbekommen hat. Doch gerade an ihr könnte das Schicksal und die Zusammengehörigkeit der Familie besonders hängen…
„Encanto“ macht es einem leicht, ihn zu kritisieren. Zumindest (böse gesagt) griesgrämigen, hartherzigen oder zu kritischen Menschen. Es wird zu viel gesungen. Mal wieder Lin-Manuel Miranda wie so oft dieses Jahr. Es gibt keinen Bösewicht. Wenig Geschichte und Handlungsplätze. Im Grunde nur eine erweitere Vorstellung der Familienmitglieder, nicht weit von der klassischen Art und dem Aufbau etwa von „Cats“. Die Auflösung ist doch etwas sehr basic. Für Kinder gibt’s vielleicht zu düstere Stellen. Für Erwachsene ist er vielleicht zu fluffig. Zu kitschig. Zu lieb. Zu naiv. Zu predigend. Und. Und. Und. Laber. Rhabarber. Versager. Alles Blödsinn, sage ich. „Encanto“ ist ein grandioses und mutiges Disneymeisterwerk. Konzentriert und königlich gut. Er feiert die Familie und jeden Einzelnen in seiner ganz eigenen Spezialität und Wichtigkeit. Er wirbt für Verständnis, Vergebung und Zusammengehörigkeit, Hilfe wie Eigenständigkeit. Er ist individueller und offener als man meinen könnte. Die Songs sind 1A. Nahezu jedes Familienmitglied ist tiefgründiger und verletzlicher als man meinen könnte. Man muss nur genauer hinsehen oder -hören. Visuell ist das durch die bunte Bank berauschend. Man erkennt etliche typisch familiäre Muster und Konflikte wieder. Das Tempo ist brausend, überschlägt sich jedoch nie und nimmt genau in den richtigen Moment den Fuß vom Gas. Er hat mir Spaß gemacht und mich tief berührt. Ich würde ihn sofort nochmal gucken. Und habe ja ab Heiligabend auf Disney+ genügend Gelegenheiten dazu.
Fazit: farbenfroh, fröhlich, familiär und einfach wunderschön! Lieber das Gute kitschig predigen als das Böse unbewusst befeuern. Eines der wohligsten Filmerlebnisse der letzten Jahre. Mirabel kann man einfach nur lieben - dazu braucht sie weder ein Talent noch eine Erklärung dafür!
P.S.: Ich habe ihn in der deutschen Synchro gesehen, die (wie meist bei Disney) sehr gut ist, sogar in den schwer zu übersetzenden, zum Teil eher gerappten Songs von Miranda. Die englische Version, wo ich mir nun auch alle Songs angehört habe, ist allerdings nochmal ein dickes Stück hörenswerter und idealer.
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