Eine Kritik von iHaveCNit eingetragen am 04.12.2022, seitdem 92 Mal gelesen
iHaveCNit: Call Jane (2022) – Phyllis Nagy – DCM
Deutscher Kinostart: 01.12.2022
gesehen am 03.12.2022
Arthouse-Kinos Frankfurt – Cinema - Lumiere – Reihe 5, Platz 12 – 20:15 Uhr
Wenn es um das Thema Schwangerschaftsabbrüche beziehungsweise Abtreibungen geht, haben mich aktuell in den letzten Jahren vor allem das intime Indie-Drama „Niemals Selten Manchmal Immer“ von Eliza Hittman und auch das radikale französische Drama „Das Ereignis“ von Audrey Diwan begeistern können. Wem gerade „Das Ereignis“ zu drastisch und radikal gewesen ist, dem kann aktuell das historische Porträt und Abtreibungsdrama „Call Jane“ von Phyllis Nagy empfohlen werden.
Im Chicago des Jahres 1968 ist die Anwaltsgattin Joy Griffin erneut schwanger geworden. Doch mit ihrem Alter befindet sie sich bereits im Status einer Risikoschwangerschaft, erschwerend kommt eine Herzschwäche hinzu, wodurch die Schwangerschaft für sie auch tödlich enden könnte. Ein regularer Schwangerschaftsabbruch wird ihr verwehrt. In ihrer Verzweiflung trifft sie zufällig auf die „Janes“, eine im Untergrund handelnde Organisation, die Frauen in insbesondere Joys Not hilft. Für Joy ist es eine schicksalhafte Begegnung, die ihr Leben auf den Kopf stellen wird.
„Call Jane“ ist vor allem ein historisches Porträt über die frauenrechtliche Jane-Bewegung und setzt ihr auch ein kleines Denkmal. Doch der Film ist nicht nur ein Porträt über die Bewegung, er ist auch ein Abtreibungsdrama, dass sich hauptsächlich auf die von Elizabeth Banks großartig gespielte Joy Griffin fokussiert und im weiteren Verlauf die ein oder anderen kleinen Einzelschicksale beleuchtet, dabei aber vor allem immer an Joys Seite bleibt. Der Film legt hier wert auf eine relativ harmlosere Wohlfühlatmosphäre und wirkt in der Umsetzung des Themas wenig radikal. Klar gibt es durch Ansätze innerhalb von Diskussionen unterschwellig weitere Themen wie Rassismus, Klassismus, Intersektionalität – aber alles bleibt hier auf einem sehr harmlosen, oberflächlichen Bereich. Der doch durchaus traditionell konservative Ansatz des Films lässt ihn trotz brisanter Entwicklungen im Abtreibungsrecht der vereinigten Staaten durch die Aufhebung eines Urteils, das die Jane-Bewegung einst überflüssig machte, nicht ganz so progressiv wirken, wie er durchaus hätte sein können. Ich als Mann könnte an dieser Stelle meine persönliche Ansicht zum Thema Schwangerschaftsabbrüche wiedergeben, tue es aber nicht, da das nicht Gegenstand des Films ist. Ich stehe zwischen den beiden Lagern der Abtreibungsgegner und Abtreibungsbefürworter und meine sehr differenzierten Ansichten zum Thema können sowohl traditionell konservative und christliche Abtreibungsgegner, radikal misogyne Abtreibungsgegner aus dem Bereich Red Pill, Pick-Up und der US-amerikanischen Manosphere und auch das Lager der teils radikalen, postmodernen, feministischen Abtreibungsbefürworter sehr harmlos gesagt aufregen. Und da der Film Wert auf eine harmlose Wohlfühlatmosphäre legt, möchte ich es bei eben dieser Wohlfühlatmosphäre belassen.
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