Eine Kritik von Maichklang (Bewertung des Films: 6 / 10) eingetragen am 27.07.2022, seitdem 969 Mal gelesen
Fälle von Besessenheit scheinen weltweit aufzutreten, doch je nach vorherrschender Religion wird dem Phänomen unterschiedlich begegnet. Da Friedkins Klassiker „Der Exorzist“ den Nährboden für nachfolgende Genrebeiträge ebnete, rechnet man im Verlauf mit dem üblichen katholischen Geistlichen, auf den man in Thailand allerdings lange warten kann.
In der thailändischen Provinz Isan: Ein Reporterteam begleitet die Schamanin Nim, welche die Beisetzung eines Familienmitglieds besucht. Hier bemerkt sie einige Veränderungen an ihrer Nichte Mink. Zunächst geht sie von einer Besessenheit durch die Gottheit Bayan aus, welche Mink ebenfalls auf das Schamanentum vorbereiten will. Doch damit soll sich Nim gründlich täuschen…
Für hiesige Sehgewohnheiten mag es nach wie vor ein wenig befremdlich anmuten, wenn sich Schamane ekstatisch bewegend Ritualsprüchen hingeben und mit irgendwelchen Hilfsmitteln vor Krügen oder Töpfen herumfuchteln. Jedoch gehen sie damit tief verwurzelten Traditionen nach und vor allem glauben sie an das, was sie praktizieren. Wobei Nim soweit differenziert, rein medizinisch begründeten Erkrankungen auch wirklich den Ärzten zu überlassen und sich nur dem zu widmen, in dem ein böser Geist steckt.
Entsprechend sachlich geht es in der Einleitungsphase zu. Der Stoff erhält einen weitgehend dokumentarischen Charakter, da die Kamera viel beobachtet und Beteiligte sich zuweilen an selbige richten. Inhaltlich werden diverse Sachverhalte allerdings zu breit getreten, während die Entwicklung von Mink sehr schleichend vonstatten geht, was anfangs nicht mehr als ein leichtes Unwohlsein zutage fördert.
Dramaturgische Steigerungen, die mit einem beschleunigten Tempo einhergehen, folgen erst nach einer Stunde, als Minks Wandlung bedrohliche Züge annimmt. Als in diesem Kontext zahlreiche Überwachungskameras zusätzlich installiert werden, fühlt man sich unweigerlich an „Paranormal Activity“ erinnert. Die nächtlichen Spukszenen zählen jedoch zu den inszenatorischen Höhepunkten, da es hier ein wenig unheimlich, allerdings auch etwas verstörend zugeht. Im finalen Akt gibt es indes deutliche Querverweise zu „Blair Witch Projekt“, als eine Zeremonie ansteht, an der die Dokufilmer logischerweise ebenfalls teilnehmen, wo vermehrt spezielle Egosichtweisen eingesetzt werden.
Mit einer satten Laufzeit von 130 Minuten schießt Regisseur Banjong Pisanthanakun („Shutter - Sie sind unter uns“) deutlich über das Ziel hinaus, was sich primär in der ersten Hälfte durch einige Längen bemerkbar macht. Die zweite unterstreicht wiederum sein inszenatorisches Geschick und erzeugt hier und da eine kleine Gänsehaut, obgleich die schematischen Abläufe nicht allzu viele Überraschungen mit sich bringen. Sauber performt ist die Chose obendrein und wer ein wenig Geduld mitbringt, erhält einen insgesamt passablen Genrebeitrag.
6,5 von 10
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