Guardians of the laxity - Let´s play DnD
„Ich schmiede Pläne!“, verkündet Barde Edgin bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit. Er könnte auch gleich sagen „Ich kann sonst nichts“, schließlich gibt es in seinem Team eine Barbarin fürs Grobe, einen Zauberer fürs Magische und eine Druidin fürs Unmögliche. Tatsächlich ist der sympathische Sprücheklopfer Herz und Hirn der kunterbunten Truppe, gibt Richtung wie Ton an. Erstere ist abenteuerlich, denn nach einer missglückten Diebestour hat ihr ehemaliger Kompagnon Forge nicht nur ein wertvolles Artefakt entwendet, sondern auch noch Edgins Teenager-Tochter entführt. Die Stimmung auf dieser durchaus ernsten Rettungsmission ist allerdings betont flapsig, denn Edgin hat neben seiner schnellen Auffassungsgabe eine noch schnellere Zunge.
Wer jetzt an die Marvel-Combo „Guardian of the Galaxy“ denkt, liegt gar nicht mal so falsch. Auch dort kämpft sich ein wild zusammen gewürfelter Haufen sympathischer Loser betont gewitzt durch ein bonbonfarbenes Fantasy-Abenteuer. Vor allem der von Chris Pine dargestellte Engin wirkt in Optik, Gestik und Mundwerk wie der etwas intelligentere Bruder von Star-Lord, dem sein Vornamensvetter Pratt denselben entwaffnenden Swashbuckler-Anstrich verpasste. Damit enden dann aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Edgin ist weder ein Super- noch ein Comicheld, denn seine Wurzeln liegen in einem der beliebtesten Pen-&-Paper-Rollenspiele des Planeten: „Dungeons & Dragons“.
Die aktuelle Verfilmung ist nicht der erste Versuch die millionenstarke Fangemeinde zum Kinobesuch zu motivieren, aber definitiv die erfolgversprechendste. Und das keineswegs nur wegen der kostenlosen „Stranger Things“-Werbung. Auf jeden Fall ist ihr ein entsprechender zu wünschen, denn ein solch pointiertes Unterhaltungsbrett ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Die aktuelle Schwäche der genreverwandten Konkurrenz von Marvel und DC ist dabei Segen und Fluch zugleich. „Dungeons & Dragons“ steckt in Sachen Timing, Charme, Tempo und Feelgood-Atmosphäre die letzten 5-6 Comic-Blockbuster recht locker in die Tasche. Während dort verkrampfte Schwermut und bleierne Redundanz herrschen und den beginnenden Niedergang ankündigen, verströmt „Dungeons & Dragons“ eine fluffige Leichtigkeit, die ein entspanntes Dauergrinsen hervorruft. Andererseits ist die bei Werken und Rezipienten erkennbare Müdigkeit ein nicht zu unterschätzender Querschläger, wenn man mindestens gefühlt in denselben Gewässern fischt.
So bleibt nur die Hoffnung auf entsprechende Mundpropaganda und Kritiker-Empfehlungen. Letzteres sei hiermit ausdrücklich getan. Wir haben eine charmante Helden-Truppe, aus der besonders das Duo Chris Pine und Michelle Rodriguez hervor sticht. In bester Buddy-Tradition erinnern sie an das Gespann Belushi-Schwarzenegger in „Red Heat“, wenn auch verbal wie brutal deutlich familientauglicher angelegt. Dazu gesellen sich noch René-Jean Page als stocksteifer Ritter Xenk sowie Hugh Grant als schmierlappiger Möchtegern-Herrscher Forge. Sicherlich scheint der ehemalige RomCom-Superstar inzwischen auf windige Antagonisten abonniert, aber gerade aufgrund seines patentierten Charmes geht man ihm dennoch immer wieder gern auf den Leim.
Dazu kommt die aus der Vorlage bekannte Fehlbarkeit unserer Helden, soll heißen, es geht so einiges schief bei der abenteuerlichen Schnitzeljagd. Diese nicht vorhandene Perfektion zieht sich auch durch Story und Look des Films. Beim Erzählen gibt es den ein oder anderen Stolperer und beim Visualisieren greift man ein ums andere Mal etwas zu tief in den kitschigen Farbtopf. Ob gewollt oder nicht, beides harmoniert wunderbar mit den Figuren und und ihren kalauernden Dialogen. Die beiden Regisseure John Daley und Jonathan Goldstein haben reichlich Erfahrung auf dem komödiantischen Parkett und führen dementsprechend souverän.
Einen ausgefeilten Plan für ein mögliches Sequel haben sie vermutlich noch nicht, der Ball liegt aber ohnehin erst einmal im Feld des zahlenden Publikums. Spontaneität ist in vielen Lebenslagen ohnehin die bessere Option, ganz sicher beim verbalen Schlagabtausch. Und da „Dungeons & Dragons“ vor allem auf dieser Ebene zündet, kann man sich entspannt zurück lehnen. Und sollte dem wortgewandten Edgin tatsächlich mal so gar nichts Geistreiches mehr einfallen, dann kann er immer noch beschwingt die Laute zupfen. Da wippen wir ebenfalls gerne mit.