Aufgemerkt, Freunde des Absonderlichen, Verfolger provokanter Nischenkultur. Zum Ende seiner Regiekarriere entzweit Kuei Chi Hung per The Boxer's Omen abermals mit einem Werk, welches praktisch jede Kritik berechtigt in den Vergleich zu Alejandro Jodorowsky stellt, aber genauso im bunten Feuerwerk indonesischen Plastiktrashs der Marke Devil's Sword schillern könnte.
Die Ausgangssituation ist dabei banal, wie sie im asiatischen Kino nur sein könnte. Bei einem Boxkampf schlägt ein thailändischer Kontrahent (Bolo Yeung) seinen Gegner schwer verletzt zu Boden. Dessen Bruder (Phillip Ko) sinnt nach Rache und reist dem bösen Buben nach. Anstatt sich nun aber in einer blutig ausgefochtenen Zornesschlacht zu verlieren, führt der Film in einen übersinnlichen Konflikt der fernöstlichen Geisterwelt und Reinkarnationslehre.
Ohnehin peinlich auf den Einsatz von Elementen der Exploitation bedacht - deutlich erkennbar zum Beispiel an schier gewollt ins Bild gerückten Brüsten - zieht es den rachsüchtigen Recken gar magisch in ein Kloster, in dem er mit dem Schicksal seines einstigen Bruders konfrontiert werden soll, dem dämonischen Einfluß des Bösen, welches nun auch ihn in seiner jetzigen, wiedergeborenen Daseinsform einholen wird.
Plump kategorisierende Zeitgenossen mögen nun rein um den Effekt bemühte Ausuferungen feststellen, wenn Kuei Chi Hung reihenweise Ekelszenen zwischen Innereien, Maden, Egeln und Erbrochenem inszeniert. Auch technisch wird dabei jedoch kaum auf Realismus gesetzt. Kunststofftiere und schnappende Plastikschädel bieten nicht einer gewissen Komik entbehrend dem Horror ein Gegengewicht, welches den Film weitaus erträglicher erscheinen läßt.
Konträr zum gewöhnlichen Fantasystreifen konzentriert sich die im Zentrum stehende Schlacht nicht auf Gut gegen Böse, sondern stellt eine Person unfreiwillig dem tiefen Abgrund gegenüber, verlangt von ihr die Zuwendung zu reiner Lebensweise nach klösterlicher Lehre, um der Bedrohung ausreichende Kraft entgegen setzen zu können. Fernab jeden weltlichen Bezugs gelingt The Boxer's Omen so die spirituelle Metapher vom Ideal und Scheitern, die sich dank Abstraktion auf tatsächlich fast jeden weltlichen Charakter anwenden ließe.
Zwar ist das Ursache-Wirkungs-Prinzip zwischen Lebensphilosophie und persönlichen Tiefschlägen längst keine Neuigkeit, doch läßt sich dem Film dadurch seinem Eintopf aus Lebens- und Verdauungssäften sogar eine Botschaft entlocken.
Da die Shaw Brothers schon zu ihrer güldenen Zeit industriell arbeiteten, ist anzunehmen, daß auch hinter The Boxer's Omen primär kommerzielle Absichten stehen. Wohl aber muß man Kuei Chi Hung anerkennen, daß er dieses Prinzip seinerseits zur Kunstform erhebt, die mit einer exotisch-surrealen Qualität zu überzeugen weiß.
Kaum ist es möglich, diesen Trip in Worte zu fassen, ohne sich in Erklärungsversuche zu verrennen, die in die Irre leiten oder dem Werk nicht gerecht werden könnten. In seiner Konsequenz auf voller Distanz unbequem ist The Boxer's Omen kein flüssiger Actionfilm, kein Horrorthriller des seichten Unterhaltungskinos. Es handelt sich um eine Reise durch eine farbenfrohe Anderswelt, die dem Zuschauer gestalterisch abverlangt, sich den hier gültigen Naturgesetzen zu öffnen. Eine kontroverse wie beachtenswerte Sehenswürdigkeit.