Eine Kritik von Moonshade (Bewertung des Films: 4 / 10) eingetragen am 05.10.2021, seitdem 402 Mal gelesen
„Die Braut des Satans“ – klingt wie die apokryphe Nr. 358 aus der Endlosserie „Geisterjäger John Sinclair“ (der übrigens quasi nie Geister gejagt hat, ich habs jahrelang verfolgt), ist aber und deshalb wollte ich mir dieses Machwerk unbedingt noch einpfeifen der letzte Horrorfilm, den die legendären „Hammer Film Productions“ kurz vor der Pleite (oder dem kreativ-monetären Winterschlaf, der über 25 Jahre anhielt) anno 1976 noch auf den Markt brachte.
Geplant war noch vieles mehr, allein das Budget kam in allen Fällen danach nicht mehr zusammen und nach 1979 war der Ofen praktisch komplett aus, von ein paar TV-Arbeiten mal abgesehen.
„To the Devil a Daughter“ war jedoch nicht ein billig-schmählicher Abgesang, sondern eindeutig noch einmal als Prestigeproduktion gedacht. Es handelte sich nämlich erneut um eine Verfilmung eines Romans von Dennis Wheatley, dessen bisweilen okkulte Agenten- und Abenteuergeschichten schon die Basis für den 1968er Hammer-Klassiker „The Devil Rides Out“ (bei uns passenderweise „Die Braut des Teufels“), ebenfalls mit Christopher Lee, waren. Damals hatte Lee eine seiner raren positiven Hauptrollen abbekommen und der Film hatte eine (späte) neue Seite von Hammer gezeigt, also warum nicht einen zweiten Versuch starten.
Leider fiel der Film von Peter Sykes um Längen nicht so stylish und atmosphärisch aus wie sein Vorgänger gerade mal sieben Jahre zu vor, obwohl trotz technischer Unzulänglichkeiten man offenbar bemüht war, visuell einen eigenen Stil für die dämonischen Beeinflußungen zu finden.
Im Kern geht es wieder mal um den guten alten Antichristen, der hier schnell noch über die Schwelle huschen will, bevor „Das Omen“ den biblischen Fiesling so richtig auf die Menschheit losließ.
Aber von vorn: Christopher Lee ist hier ein exkommunizierter Priester, der aber einfach mit den gleichen Verkleidungen auf der dunklen Seite der Macht weiter macht, allein hängt sein Christus nicht mit verschränkten Beinen am Kreuz, sondern sein Astaroth macht einen hübschen Spagat, er ist somit für alles offen.
Father Michael, wie er so schön heißt, möchte nun also die Wiederkehr des Bösen und deswegen verfolgt er einen recht aufwändigen Plan, bei dem seine Auserwählte zweimal unheilig getauft werden muss, einmal mit dem Blut seiner Mutter bei der Geburt, dann mit dem Blut eines Kindes. Besagte Auserwählte läuft nun als „Teenage Nun“ Catherine in der Gestalt von Nastasja Kinki durch den Film, wird aber bei ihrem letzten Urlaub aus dem Kloster von dem Okkultismusexperten Verney (ein sehr knautschiger Richard Widmark) abgefangen. Verney hatte den Auftrag von Catherines Vater, den Denholm Elliot als zittriger Ex-Teufelsverbündeter wunderbar abliefert. In der Folge darf man dann rituellen Aufbau beiwohnen (Wehen, Geburten, Blutentnahmen, hier und da ein Mord), während der böse Priester mit übernatürlichen Kräften versucht, an die holde Maid heran zu kommen.
Sollte dieser Plot jemandem bekannt vorkommen, ja, es ist nahezu derselbe wie bei „The Devil Rides Out“, nur eben mit ein paar mehr Nacktheiten und wesentlich mehr Blut, auch wenn hier noch sehr dezent mit dem Lebenssaft umgegangen wird. Natürlich glauben die Guten fast alles nicht an übernatürliche Kräfte und müssen dann dafür büßen, während diverse parallele Handlungsstränge manchmal mehr Verwirrung über die Vorgänge und Absichten produzieren, als es wohl gewollt war.
Lee hat nur wenig Bedeutsames zu tun, aber immer noch mehr als Widmark, der für die Rolle schon bedeutend zu alt wirkt, aber alles mit Charisma wett macht. Die Kinski wie immer wunderbar talentfrei und mimisch eine Untiefe, aber immerhin lässt sie zumindest in einer Szene mal das Kleid herunter, was angesichts ihres Alters sicher nicht unbedenklich war. Die häufig kolportierte Story, Lee hätte in der Orgienszene tatsächlich die Hosen runter gelassen, kann man aber getrost zu Grabe tragen, denn obwohl man einen nackten Po beim Drübersteigen sieht, kommt Lees Gesicht unter der Maske erst nach einem Gegenschnitt zum Vorschein, insofern wird er das wohl nicht persönlich gewesen sein.
Sykes und sein Team mühen sich sichtlich, die Story in strahlendes Licht und passable Farben zu tauchen, nutzen ungewöhnliche Winkel und Kameraperspektiven für die dämonischen Einflüsse und machen aus wenig technischen Möglichkeiten viel, aber wo der Vorgänger in der Lage war, aus seinen tricktechnischen Schwächen durch Atmosphäre Stärken zu machen (die Spinne, der Todesengel auf dem Pferd), gelingt das hier leider nie. Der Film wirkt nach anfänglichen Stärken später immer zerfaserter und altbackener, weiß Bedrohlichkeiten nicht zu bebildern und gipfelt in einem geradezu sensationell kurzen und irre unspektakulären Showdown, bei dem man sich ein „Wie, das war es jetzt?“ kaum verkneifen kann.
Fest steht, dass die Transformation Hammers in die Horror-Moderne durch die letzten Werke der 70er als gescheitert angesehen werden kann. Hammer eiferte hier populären Vorbildern der letzten Jahre nach, benutzte dafür aber Narrative aus der eigenen und erzählerischen Vergangenheit – in dieser Form wirkte die Firma nun plötzlich wirklich binnen 5 Jahren unmodisch und aus der Zeit gefallen. Denn in der Startbox warteten nicht nur Star Wars, sondern auch modernerer Horr wie „Das Omen“, de Palmas „The Fury“, all die schönen Kings und Cronenbergs und selbst der Carpentersche Output hatte schon begonnen.
Um so erfreulicher, dass die selige Firma sich dann knapp 30 Jahre später wieder daran machte, wahre Qualitäten auf Film zu bannen, auch wenn sie die Innovation nicht mehr für sich gepachtet hatten. Hier gibt’s schmale 4/10.
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