Eine Kritik von McClane (Bewertung des Films: 8 / 10) eingetragen am 19.06.2005, seitdem 1088 Mal gelesen
Im Zuge der Teeniefilmwelle Ende der 90er kam so einiges an harmlosem Liebesgeplänkel, doch Roger Kumbles „Eiskalte Engel“ bildet einen herrlich fiesen Ausnahmefilm.
Es handelt sich um eine weitere Verfilmung des Briefromans „Gefährliche Liebschaften“, in dessen Mittelpunkt ein eiskalter Verführer steht. Diese moderne Version spielt jedoch nicht mehr im 18ten Jahrhundert, sondern heutzutage und funktioniert dennoch. So wird aus der gelangweilten höfischen Gesellschaft die gelangweilte reiche Jugend der USA und man kann sich gut vorstellen, dass die Kiddies sich die Zeit mit Intrigen vertreiben wie die Adeligen von damals.
An vorderster Intrigenfront mischen Sebastian Valmont (Ryan Phillipe) und seine Stiefschwester Kathryn Merteuil (Sarah Michelle Gellar) mit, die skrupellos auf den Gefühlen anderer Menschen herumtrampeln. Sebastian verführt z.B. die Tochter seiner Therapeutin, nur um dieser eins auszuwischen, weidet sich am Ärger der erzürnten Mutter – während ihm das gebrochene Herz der Tochter (Tara Reid in einer frühen Rolle) gänzlich egal ist. Das ist herrlich fies und etabliert direkt einen ziemlich bösen Ton von dem andere Teenieschnulzen nur träumen können.
Sebastian sucht eine Herausforderung und erfährt, dass Annette Hargrove (Reese Witherspoon), die Tochter des neuen Rektors, Jungfrau bleiben will bis sie wirklich liebt. Das reizt den Playboy so sehr, dass er mit seiner intriganten Stiefschwester deswegen eine Wette eingeht: Gewinnt sie, kriegt sie sein Auto, gewinnt er, darf er mit ihr die Laken wälzen.
Wer den Roman oder eine der anderen Verfilmungen kennt, den wird die Geschichte zwar nicht unbedingt überraschen, aber sie bleibt selbst dann noch ziemlich spannend, da Regisseur Roger Kumble seinen Film einfach verdammt flott in Szene setzt. Zwar fehlt ein wenig der Realismus, da die Geschichte in der heutigen Zeit nicht mehr so gut anwendbar ist wie zur Entstehungszeit des Romans, aber das stört ehrlich gesagt nicht. Zudem hält Kumble seinen Film knackig kurz, sodass die Sache vorbei ist, ehe das Liebesgeplänkel langweilig wird. Obendrauf gibt es noch einen Hammersoundtrack mit Mucke von Blur, Counting Crows, Skunk Anansie und vielen anderen, doch vor allem der Titelsong „Every You, Every Me“ von Placebo ist genial.
Was „Eiskalte Engel“ ebenfalls zum flotten Jugenddrama macht, ist der fiese Witz, der anfangs dominiert. Die beiden intriganten Stiefgeschwister verhalten sich herrlich unmoralisch, nutzen jede Situation zu ihren Gunsten aus und sorgen mit ihrer Dreistigkeit stets für Zuschauerlachen. Allein die Therapeutenszene am Anfang ist ein Brüller, aber auch Aktionen wie die Erpressung des Footballers sind extrem amüsant.
Doch „Eiskalte Engel“ verkommt trotzdem nicht zur Komödie, sondern schafft es auch gefühlvoll zu sein. So geht es schon zu Herzen, wenn der eiskalte Verführer Sebastian so langsam merkt, dass er sich in sein unschuldiges Opfer verliebt hat und er sein altes Leben bereut. Die Endsequenz, in der für Gerechtigkeit gesorgt wird, wirkt zwar etwas unrealistisch und kitschig, aber dank der guten Musik („Bittersweet Symphony“ von The Verve) beeindruckt sie trotzdem.
Das Funktionieren des frechen Films liegt aber nicht zuletzt an dem exzellent gecasteten Teenie-Ensemble. Vor allem Reese Witherspoon und Ryan Phillipe spielen ihre Rollen sehr überzeugend, allerdings hat es bei den beiden ja auch im wahren Leben gefunkt, da dürften diese Parts nicht so schwer gewesen sein. Sarah Michelle Gellar ist beeindruckend fies, auch wenn es ihrer Rolle an Charakterzügen außer Bosheit mangelt. Selma Blair macht einen soliden Job, ist aber in erster Linie als Comic Relief dar und wird schauspielerisch kaum gefordert. Exzellent sind Christine Baranski und Joshua Jackson in genialen Nebenrollen, in denen sie die Hauptdarsteller beinahe an die Wand spielen.
Unterm Strich bekommt man eine flotte Adaption von „Gefährliche Liebschaften“: Böse, witzig und trotzdem dramatisch, wenn auch ziemlich unrealistisch.
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