Eine Kritik von Moonshade (Bewertung des Films: 8 / 10) eingetragen am 21.04.2002, seitdem 1311 Mal gelesen
Ja, so muß ein Polit-Thriller aussehen. Harrison Fords zweiter Einsatz als Jack Ryan macht endlich da weiter, wo "Die Stunde der Patrioten" in so mancher Hinsicht zu kurz kam: politische Verwicklungen und Intrigen noch und nöcher.
Wiederum Philip Noyce bastelte aus der Clancy-Vorlage einen strukturell so ungewöhnlich komplexen und komplizierten Thriller zusammen, daß man bei Nichtkenntnis verdammt aufpassen muß, damit man den Faden nicht verliert.
"Das Kartell" ist nicht gerade verbraucherfreundlich angeordnet mit einem zentralen Helden, der uns in jeder Szene entgegenspringt. Das Drehbuch läuft mit einer Fülle von Nebenhandlungen und Beziehungen der Personen (die auch noch verdammt zahlreich sind) geradezu amok, auf das sich nur die Aufmerksamsten darin zurechtfinden.
Auch findet man hier nicht nur die gängigen Muster, sondern läßt die Story reichlich Haken schlagen, von einer vom Präsidenten geheim angeordneten Racheaktion gegen ein mittelamerikanisches Drogenkartell und der Beschlagnahmung von reichlich Drogengeld.
Fords Ryan verirrt sich mehr zufällig in diesem Dickicht, als er für den mit Krebs im Endstadium belasteten James Earl Jones als stellvertretender CIA-Direktor in die Mühle der Intrigen gerät. Während Ryan sich in einer kaum erklärbaren Affäre vorantastet und mittels eines Gegenschlags des Kartells in eine Todesfalle gerät (die wohl intensivste Actionsequenz seit langem), kann der Zuschauer dem Fortschritt der Handlung in Mittelamerika folgen, wo die Eingreiftruppe mit Guerilla-Taktiken arbeitet. Willem Dafoe bietet als Söldner-Führer eine ganz hervorragende Leistung, schön nah an der Realität.
Wunderbar auch, daß das Buch immer fleißig die Richtung ändert, die Regierung plötzlich mit dem Kartell Geschäfte macht und die eigenen Söldner opfert, damit das nicht bekannt wird. Schließlich geht es nicht mehr darum, diese Intrige zu lösen, sondern sie überhaupt noch nachweisen zu können. Ford hat wie immer die menschlichsten Züge, wenn er, sich selbst aufgebend, in die Drogenhölle reist, um Überlebende zu retten und zwischen die Kartelle gerät.
Dankbarerweise mündet der Film noch spannender in einem Wettlauf mit der Zeit, die Datenbeweise, die die Verwicklung der Regierung in die Affäre belegen, wenigstens teilweise zu sichern. In einem klassischen Antihöhepunkt scheint Ford am Ende die US-Regierung zu kippen.
Das Oval Office bekommt hier mal so richtig sein Fett weg und da auch noch jeder seinen persönlichen Interessen nachgeht, macht das die Sache sogar noch schlimmer. Die USA sind hier ein schlimmer Wendehals, der immer so paktiert, wie es gerade nutzt, zu jeder Dolchstoßlegende (hallo Vietnam-Trauma) bereit. Damit dürfte der Film näher an der Realität stehen, als so mancher andere Thriller, der ja nebenbei auch noch unterhalten soll. Ein richtiges Happy End wird zugunsten eines offenen Endes vermieden, daß wiederum Geschmack nach mehr macht (wozu es aber leider nicht kam), aber bei einem so offenen, ambivalenten Film bin ich dafür ganz dankbar.
Was hier nicht funktioniert, ist nebenbei Unterhaltungen führen oder mal zwischendurch rausgehen, schwupps, ist der Faden weg. Dafür wird man aber mit einem der bestdurchdachtesten Drehbücher seit langem verwöhnt, nicht gerade emotional, aber dafür einfach geschickt. (8/10)
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