Eine Kritik von Moonshade (Bewertung des Films: 1 / 10) eingetragen am 09.10.2009, seitdem 391 Mal gelesen
Okay, ich kapituliere.
Ich denke, ich habe, meistens gewollt, schon so manchen Scheiß eingepfiffen, aber daß sich etwas außerhalb jeglicher Bewertungsskala einnordet, ist mir dann doch noch nicht untergekommen.
Heimlich zugesteckt von einem guten Bekannten, habe ich mich (der Notenskala entsprechend als Erster) an "Jan-Gel, the Beast of the East" getraut, einen 53minütigen Gnadenhammer, der frechweg von sich behauptet, so etwas wie ein Film zu sein. Es handelt sich dabei, und der Titel kann einen in die Irre führen, weder um eine verlängerte Zahnpastawerbung, noch um eine kurze Asia-Kloppe, sondern um...tja, da fängt es schon an...es soll also um einen aufgetauten Höhlenmenschen gehen.
Zusammengewichst hat das alles ein gewisser Conrad Brooks, bei dessen namentlicher Erwähnung allen Ed-Wood-Freunden ein Leuchten in die Pupille treten sollte, denn der Gute war in zahlreichen Bitparts beim Trashmeister on tour und hat dann nach knapp 25jähriger Filmpause in den 80ern wieder angefangen, in irgendwelchen Z-Klasse-Cheapos aufzutreten und bietet hier mal seine seltenen (selten unfähigen) Inszenierungskünste an. Eine Hommage an Tor Johnson solls werden. Au weia...
Es hilft alles nix, ich muß die Grütze nacherzählen, sonst glaubt man es mir nicht.
Wir eröffnen mit Archivmaterial: ein Berg, ein eingefrorener Cave-Man, der irgendwie wie ein vollbärtiger Fettsack in einem billigen Tierfellbikini ausschaut. Fertig. Schnitt. Wir haben kein Budget, dafür haben wir eine Videokamera.
Nicht einfach eine simple Kamera - wir haben so ein Teil, mit dem Mutti vor 15 Jahren die Konfirmation von Heidi oder Angelika aufgenommen hat. Eine. Also immer mit Abblende. Neue Szene.
Also neue Szene: sitzt ein Mann in einem Büro. Soll wohl Anthropologe sein, denn er blättert in einem Bildband über die menschliche Evolution. Neben ihm stehen zwei Höhlenmenschactionfiguren auf einem Beistelltischchen. Dazu ein Telefonat. Wir erfahren also alle Hintergründe: der Höhlenmensch ist wech. On the Run. Auf einem weiteren Tischchen steht ein Bier. Aufmachen. Einschenken. Trinken. Mit sich selbst reden. Sogar mit Nahaufnahme. Aus fünf Winkeln am Telefon. Vier Minuten.
Schnitt. Ein Swimmigpool. Daddy hüpft aus der Totalen vom Brett. Unelegant. Mutti schwimmt. Da kommt der Jan-Gel und grunzt. Natürlich zwei vollkommen unterschiedliche Aufnahmen. Sie schreit aufs Stichwort. Er guckt irritiert. Der Höhlenmensch grollt. Oder wimmert. Oder ist Asthmatiker. Schwer zu sagen. Blutrausch ist angesagt - aber nee: Schnitt auf Pferde. Und auf eine Hauskatze. Aha.
Die Behörden werden informiert (ein notdürftiges Büro). Telefonat. Ohne weiteren Einfluß auf die Handlung.
Yogi-Bär durchwühlt eine Mülltonne. Schnitt. Schon ist er in der Innenstadt und läuft in eine Appartmentwohnanlage oder Hotel. Kein Portier. Einfach rein. Gang lang. Bei dicker Frau klopfen. Sie öffnet, weil sie auf Pizza wartet. Öffnet den Mund zu monströsem Schrei. Quiekt. Fällt um. Jetzt der Pizzabote. Der spannt erst mal in alle Zimmer, den ganzen Gang lang. Vor ihrem Zimmer tritt er auf sie drauf, ganz überrascht. Der Versuch eines Jokes. Höhö!
Jetzt die ganz große Ed-Wood-Nummer: rein ins nächste Zimmer, darin der versoffene Poet, der irgendeinen Stuß deklamiert und den Beleopardenfellten zum Mitsaufen einlädt. Nischt wie weg, das macht sogar Höhlenmenschen Angst.
Wieder rin in die Anlage. Auf eine Galerie klettern. Von oben ein Mädchen am Swimmingpool sehen, daß ihm wohl aus einem Meter Entfernung unten entgangen ist. Wieder runter. Sie springt in den Pool. 11 Minuten rum.
Intermezzo: was zur Hölle ist hier los? Wirre Szenen, sinnfreie Handlung und eine geniale Budgetidee von Mr.Brooks. Wir engagieren keine Z-Schauspieler, wir engagieren gar keine Schauspieler. Alles Laien von der Straße, die dummerweise versuchen zu schauspielern oder auch nicht. Das Meiste wird sowieso überdeutlich von Tafeln abgelesen. Darum auch so nette Pausen in den Gesprächen und das Linsen nach der Kamera. Unmotiviertes Aufsabbeln, null Mimik. Minimalismus, bloß nicht zuviel tun. Allerdings auch kein Enthusiasmus, was machen die Leute da? Fast alle treten nur in einer Szene auf, die alle über zwei Tage offenbar unabhängig voneinander aufgenommen wurden. Prosit!
Weiter gehts: Captain Les, der alte Monsterjäger (ein alter Rentner) gibt einer angeblichen Reporterin mit der häßlichsten Doppelstegbrille seit 1983 ein Interview. Sie fährt ab, er wird gemeuchelt. Lustig, unser Höhlenmensch. Kommt langsam und im Johnson-Gang mit erhobenen Klauen geschlichen. Aber bloß nicht fliehen. Ein Reporter verliest den Käse im Radio. 17 Minuten.
Jetzt gehts los: Mr.Brooks kommt an, er hat eine Plauze und einen Cowboyhut und ist offenbar der Meinung, schauspielern zu müssen, obwohl er es nicht kann. Auf dem Bahnsteig, Gary West, sein Kontaktmann mit kaltem Stumpen, gewählt, weil er einen Military-Dress sein eigen nannte. Sagt seinen Test so steif wie ein Brett auf. Is auch egal, Brooks will nur was zu fressen. Ist auch wichtiger. Dann mal ins Hotel. Bzw. ein Privathaus, in dem man zwei altertümliche Sessel und einen Tisch vor eine Tür gestellt hat (wieso?). Sitzen kann man darauf nicht, das Essen ist auch nicht da, was soll die Sache, fragt Brooks selbst. Und die Szene endet.
Nu sitzen wir in der Küche und essen Kuchen. Alte Monsterjagderinnerungen. Brooks ein jovialer Arsch. Das Mikro hängt zwei Meter lins ins Bild. 23 Minuten.
Meanwhile: Uga-Uga geht am Fluß lang. Zwei Friedhofsgräber unterhalten sich. Klingt beinahe wie ein richtiges Gespräch. Geht um die Natur des Bösen oder seine Existenz. Religionsfrage. Laberlaber. Ein kleiner Grabstein wird wieder hingestellt: die große Johnson-Wood-Hommage ist komplett. Feierabend. Beide werden gemeuchelt.
Büroimitation, eine Karte an der Wand. Gary West pennt fast ein, während Brooks sich selbst produziert. Noch ein Sheriff in einem anderen Zimmer, mit anderer Tapete und anderer Beleuchtung. Soll aber das Gleiche sein. Schwer, drei Darsteller in einen Raum zu kriegen.
Draußen vor der Laube: der Rookie kommt an. Vermutlich der Nachbarsjunge im Ringelshirt, Hängehosen und mit Basecap. Kommt jetzt mit. Spielt aber keine Rolle. Langweilt sich offenbar. Ich auch.
32.Minute: Uga hat ne Uschi entführt. Hin zu Muttis Haus. Rookie bleibt unbewegt draußen stehen und paßt auf, daß keiner die Veranda klaut. Drinnen Monolog von alter Dame, die angestrengt alles abliest. Brooks im Off liest offensichtlich seinen Text rein - verpaßt aber öfters seinen Einsatz. Alle raus. Rookie steht wie ne Eins.
34.Minute: Das Drama nimmt seinen Lauf. Uga trägt Uschi zum Flußufer. Dort ist es aber schmutzig, deswegen hat er wohl vorher ne grüne Decke geklaut und bettet sie darauf. Rücksichtsvoll oder keine Kohle für ne spätere Maschine Wäsche.
Ankunft der Helden. Rookie hat extra das Hemd gewechselt (hihi!). Eine Runde Schilflaufen.
36.Minute: die schönsten drei Minuten des Films. Im Baum sitzt eine etwa 80 cm lange Gummischlange mit offenem Maul. Uschi schreit. Uga greift zu und dann gehts los. Er kämpft, er würgt sie, er legt sie sich um den Hals, er hält sie sich unter den Bauch, er rollt mit den Augen, er hebt sie über den Kopf, Nahaufnahme, rollende Augen, er tanzt, die Wampe schwankt im Abendrot. Volle drei Minuten. Ganz großes Kino.
40.Minute: die "Searchers" treffen im Unterholz einen alten Zausel, der eine Gummispinne in der Tüte trägt. Fürs Abendessen. Soso.
42.Minute: Uschi tupft bei Uga Kunstblut ab. Gegenseitige Vorstellung. Jan-Gel. Uschi heißt Beth. Sie lächelt. Nach dem Schreck erst mal ausruhen. Sie schickt ihn auf Wache auf eine Steinformation. Kaum ist er weg, türmt sie. Frauen sind alle Schweine.
44.Minute: die Verfolgung beginnt. Uga jodelt sein Abbild in einer Pfütze an.
48.Minute: die Verfolgungsjagd ist im vollen Gange. Alle sind überall. Mal auf Steinen, mal im Gras, mal im Unterholz. Alle sind engagiert. Wie ein totes Streichholz.
49.Minute: Uga steht auf der Steinformation. Gary schießt. Uga steht im Gras und fällt um. (es lebe die Montage). Brooks ist enttäuscht. Er wollte ihn lebend.
51.Minute: Drei Mann in einem Büro. Die Uga-Leiche ist entschwunden, droht uns eine Fortsetzung?
52.Minute: the end!!!! (Abspann, anderthalb Minuten).
Ja, man muß sich echt entscheiden: Apathie oder Begeisterung, ob des Grundschulniveaus mit dem hier Darsteller geführt, Schnitte gesetzt und Dramatik groß geschrieben wird. Ich vermute, alle hier hatten ne Wette verloren oder sind landläufig inzestuös mit dem Regisseur verschwägert. Ganz super: die Heimarbeitsschnitttechnik. Noch toller: der zweimal schüchtern aufdriftende Drama-Soundtrack. Am tollsten: das stete Hintergrundrauschen, das Homevideo so unverkennbar macht.
Es fehlen dann aber doch die Worte: schierste Guerillafilmmaking von Achtjährigen im Fichtelgebirge könnte nicht schlimmer sein.
Selbst ertragen ist ein Muss, man kann es nicht wirklich beschreiben. The Ultimate Challenge.
(Was? Ein zweiter Teil ist mit auf der Scheibe? Ich lass mich einweisen...) 1/10
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