Eine Kritik von RegieHansS (Bewertung des Films: 9 / 10) eingetragen am 23.05.2021, seitdem 178 Mal gelesen
"Werwolf von Tarker Mills" (USA 1985, Note 1, aka"Silver Bullet") ist eine der herausragenden Stephen-King-Verfilmungen, der nach seinem Roman auch das Drehbuch schrieb. Regie überließ man dem unbekannten Daniel Attias, dessen erste Regiearbeit es war. Danach drehte er fast nur noch Fernsehserien, aber viele und auch gute. Erstaunlich wie gut und professionell die Regie des Neulings ist, denn der Film fühlt sich an wie ein typisches 80er-Jahre-Produkt der damals bekanntesten Filmemacher. Dieser reibungslose, geschmeidige Ablauf ohne Durchhänger und mit Genuß an fast jeder Szene.
Was ihn so sehr von den meisten Werwolf-Streifen unterscheidet, sind seine harmonischen Szenen. Neben vielen gruseligen und unheimlichen Sequenzen sind immer wieder auch schöne Szenen mit idyllischer Musik, anheimelndem Familienleben und freundlichem Tageslicht dazwischen. Das soll aber nicht heißen, er wäre ein seichter Familienfilm. Ganz im Gegenteil: Gerade durch die teilweise sympathisch gezeichneten Charaktere wird das Ganze noch spannender. Man bangt mit den Leuten und verfolgt jeden Schritt mit.
Die fast kriminalistischen Ermittlungen des Jungen Marty im Rollstuhl (Corey Haim), seiner Schwester und seines Onkels, wer denn der Werwolf ist, sind spannend und mit einigen netten Details ausgestattet. Da gibt es u.a. eine aufregende Verfolgungsjagd Auto gegen Moped-Rollstuhl.
Es ist wohl der herzerwärmendste Werwolf-Thriller, denn das angespannte Verhältnis des Jungen zu seiner älterren Schwester (sehr süß: Megan Follows), welches in der Gefahr immer besser wird, und das schon immer tolle Verhältnis zu seinem super-netten Onkel Red (Gary Busey) sind so in dieser 3-Personen-Konstellation plus seine beiden annehmbaren, aber nicht ganz so aufgeschlossenen Eltern selten in Filmen. Der Onkel ist zudem an der Schwelle zum Alkoholiker, aber ein patenter Pfundskerl. Die Geschichte wird im Deutschen von der Schwester erzählt, was ebenfalls sehr gut wirkt und eher selten ist, daß Mädels eine Jungs-Geschichte erzählen dürfen.
Everett McGill spielt der Pfarrer vortrefflich in einer Mischung aus stolz, gefährlich und religionsfanatisch.
Typisch für die 80er Jahre sind Musik, Kamera (Übersicht und Blickwinkel), Beleuchtung (tagsüber hell und nachts auch noch genug Licht, daß man alles erkennen kann) und Farben nahe an den 100% für einem Genrefilm.
Die Dialoge sind gut bis sehr gut. Die Typen einprägsam.
Einzige zwei Schwächen:
a) Die Traumszene, in der sich alle in der Kirche in Werwölfe verwandeln ist überflüssig und uninteressant. (Das sind Traumsequenzen immer)
b) Wenn in zwei kurzen Momenten ein Werwolf-Arm mit einem Knüppel die Leute erschlägt, dann wirkt das albern.
Aber zwei so kleine und sehr kurze Schwächen ziehen einen 94-Minuten-Film nicht runter. Man bedenke auch, daß der komplette Mittelteil von "American Werewolf" nur auch solch schwachen, dämlichen Momenten zusammengesetzt ist. Dort sind viele Traumsequenzen.
Das Werwolf-Design des Tarker Mills Wolfs hat Carlo Rambaldi (der auch Conan2 mit Ungeheuern versorgte) sehr gut hinbekommen. Die Rückverwandlung ist diesmal ein Trickhighlight, denn sie wird statt der üblichen Verwandlung gezeigt.
Eine gepflegte Portion Härte gibt's auch. Mal ein abgerissener Kopf, mal ein halb weggefetztes Gesicht, blutige Leichen, usw. Aber nicht auffällig viel Gore. Eher im mittleren Bereich. Es hat schon seinen Grund, weshalb er in Deutschland im Kino und auf Video nur gekürzt kam. Die DVD/BluRays sind aber uncut, eigentlich FSK 18, aber ab einem gewissen Datum wurden ja sehr viele 18er auf 16er runtergestuft, was in vielen anderen Fällen sehr fragwürdig war.
"Werwolf von Tarker Mills" macht weitgehend alles richtig, hat eine herrliche Atmosphäre und ist im Ergebnis einer der wenigen Werwolffilme, nach dem man nicht traurig ist sondern wohlig und glücklich. Einfach schön auf der ganzen Linie.
(Auszug aus meinen Buch -Nachschlagewerk zu Filmgenres- 3000 Seiten)
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