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Zwei Kuckuckseier im Gruselnest (1979)

Eine Kritik von Stefan M (Bewertung des Films: 7 / 10)
eingetragen am 27.05.2022, seitdem 108 Mal gelesen



Alle Welt (na ja, oder zumindest Deutschland) spricht nicht zuletzt dank diverser Veröffentlichungen von Turbine und der ausführlichen Sezierung im Rahmen der „Die schlechtesten Filme aller Zeiten“-Reihe durch Oliver Kalkofe und Peter Rütten von „Das Söldnerkommando“, weil dem bezaubernd beknackten Film hierzulande seinerzeit kongenial mit einer mindestens ebenso beknackten Schnodder-Synchronisation gekontert wurde, woraus sich in unserem Sprachraum ein geradezu bizarres Kunstwerk mit Wortneuschöpfungen ergab, auf die die meisten von uns vermutlich selbst im Fieberwahn während eines Alkoholrauschs nicht kommen würden – es sei denn, man heißt Rainer Brandt. Oder Michael Richter, der beim „Söldnerkommando“ den Hut aufhatte.

Aber Michael Richter hatte die Dialogregie auch in anderen Filmen an sich gerissen – und einer davon ist der fast vergessene und nur noch auf VHS erhältliche „Zwei Kuckuckseier im Gruselnest“, der 1983 sogar in westdeutschen Kinos lief, wenn auch erst vier (!) Jahre nach Erscheinen des Originalfilms „Polvos mágicos“, einer faden und völlig zahnlosen Horrorkomödie aus Spanien, die dem Vernehmen nach unter chaotischen Drehbedingungen litt. Das scherte Richter wenig bis gar nicht: Er ersann eine Synchronisation, die tatsächlich verbal noch größeren Amok läuft als sein „Söldnerkommando“.

Und für höchsten Unterhaltungswert waren ihm darüber hinaus noch weitere Mittel recht: Der Film wurde rabiat von rund 85 auf 75 Minuten heruntergekürzt, um den ohnehin in der Originalversion reichlich vorhandenen Leerlauf zu trimmen, und die Handlung sinnentstellt. Das Grundgerüst – zwei Männer kommen in ein düsteres Schloss mit allerlei schrägen Gestalten, um eine Hochzeit zu feiern, wobei sich die Auserwählte jedoch als Hexe entpuppt – bleibt zwar gerade noch so enthalten, aber ein Hexenkult wird zu einer Gruppe von Außerirdischen umfunktioniert, die wieder auf ihren Heimatplaneten zurückkehren will (was an einer Stelle zu einem anachronistischen E.T.-Nach-Haus-telefonieren-Gag führt, nur weil eine der Sprecherinnen die E.T.-Synchronsprecherin Paula Lepa ist). Nicht einmal der Schluss blieb unangetastet: Damit nicht genug, dass die letzten drei Minuten samt und sonders gekappt wurden, der Film wird auch noch inmitten einer Gruselszene einfach brutal abgewürgt. Es folgt ein Schwarzbild, über das Tiny Tims radikal den Stil des Films brechender und fußnägelaufkräuselnder Song „Tiptoe Through the Tulips“ erklingt. Der Song ertönte schon zuvor in all seiner Breite im Vorspann und ersetzte eigenmächtig Stelvio Ciprianis düster gefärbte, dem Genre entsprechende Musik.

Das zeigt bereits mehr als deutlich: Hier wurde ein Film bis zur Unkenntlichkeit in etwas verwandelt, was er in Wirklichkeit gar nicht ist. Man könnte also durchaus böse sein aufgrund des rücksichtslosen Umgangs mit dem Ursprungsmaterial – wenn er denn durch die albern-absurde Neubearbeitung nicht so unglaublich lustig wäre, woran wie gesagt vor allem die irrsinnige Synchronisation entscheidenden Anteil trägt. Schon die Eröffnungstitel wurden durch die Stabangabe „Lyrik und Prosa: Michael Richter“ ergänzt, und dies deutet an, wie der Hase läuft – und das Vergnügen potenziert sich noch dadurch, dass sich professionelle Urgesteine unter den Sprechern tummeln: Edgar „Benjamin Blümchen“ Ott ist dabei, Tilly Lauenstein, Lothar Blumhagen, aber auch Manfred Lehmann und – nicht zu vergessen – Arnold Marquis, der sich in „Zwei Kuckuckseier im Gruselnest“ in seiner wohl anspruchslosesten Sprechrolle als (im Originalton sich eigentlich verständlich artikulierender) Butler mit unverständlichem Kauderwelsch um Kopf und Kragen brabbelt („Mintschki! Mantschki! Karwinkel! Karwenkel! Möpp! Möpp!“). Ferner wimmern Kinderpuppen sinnfreie Krampf-Reime („Wieselchen und Purzelfein – Ich hab‘ im Bauch ein Löchelein – Im Kopf hab‘ ich ein Nägelchen – Ich bin ein armes Mädelchen“), ein Totenkopf wirft im tiefsten Hamburger Slang mit Beleidigungen um sich, und generell schleudern sich die Sprecher mit Verve auch den infantilsten Wildwuchs nur so entgegen („Pater Noster!“ – „Euer Monstranz!“).

Richter und sein Team geben alles und haben Spaß dabei. Das wirkt ansteckend, auch wenn sich nicht leugnen lässt, dass die permanente Salvenfeuerei mitunter schon an Übereifer grenzt. Jede Möglichkeit, einen blöden Spruch vom Stapel zu lassen, wird genutzt – und darüber hinaus, weil man offensichtlich mit dem Ziel in den Film ging, jede noch so platte Zote ins Dialogdrehbuch zu bringen, wann immer der Kopf eines Zuschauers nicht in Richtung Kamera gedreht ist bzw. gar keiner der Schauspieler im Bild zu sehen ist. Um bei diesem Feuerwerk überhaupt mitzukommen, müsste man eigentlich ständig die Stopptaste drücken. Das führt tatsächlich dazu, dass man sich an manchen Stellen eine Ruhepause wünscht, weshalb es dann auch gelegen kommt, wenn eine Figur eine bis zwei Minuten über finstere Dachböden schleicht und dabei einfach mal die Klappe hält.

Und trotzdem: Richter wollte in der deutschen Bearbeitung ganz offensichtlich einen Film retten, der unter normalen Umständen nicht zu retten gewesen wäre. Dafür hat er alles gegeben – koste es, was es wolle. Herausgekommen ist eine teils markerschütternd amüsante Gaga-Komödie, die es vielleicht nicht gut mit dem Original meinte, aber im Vergleich immer noch für eine Verbesserung gesorgt haben dürfte (das sage ich als jemand, der die spanische Version grob überflogen und aus Dialogsicht nicht verstanden hat). Wichtig ist allerdings eine Vorliebe für platte Schnodder-Synchros. Ist die vorhanden, ist „Zwei Kuckuckseier im Gruselnest“ eine Fundgrube, die es verdient hätte, auch einem größeren Publikum bekannt gemacht zu werden. 7/10.


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