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”Hier wird jetzt deutsch gesprochen.”

Quax in Afrika [ auch Quax in Fahrt ] ist ein sogenannter Überläuferfilm, der 1943 in einem noch funktionierenden System begonnen wurde und erst nach dessen Auflösung und dem anschliessenden Stunde Null - Übergang in die Kinos gelangte; in Deutschland selber sogar ein ganzes Jahrzehnt später.
1943 war zwar das 25jährige Bestehen der Ufa gefeiert worden, aber ebenso bei der Schlacht von Stalingrad kapituliert; das Tausendjährige Reich ging bereits seinem Ende entgegen, ohne dass es die Verantwortlichen wahr haben wollten. Auch die Filmindustrie tat ihr Möglichstes, die Gedanken des Reichsministers und Schirmherrn des deutschen Films im Entscheidungskampf umzusetzen; so wurde in dem Jahr Kolberg für 8 ½ Millionen Mark in Auftrag gegeben, um die Notwendigkeit des Widerstandes zu bebildern - die durchschnittlichen Produktionskosten lagen bei 1,4 Millionen. Es wurde auch nicht mit der Traumfabrik aufgehört, als man zumeist auf Prag als Drehort ausweichen musste, die Mitarbeiterzahl notgedrungen um über die Hälfte zurückging und kurz darauf Herstellung und Vertrieb von Büchern und Zeitschriften ganz eingestellt sowie sämtliche Theater geschlossen wurden.

Natürlich schuf man jetzt auch entsprechend seichte Werke wie Die Fledermaus, Liebe nach Noten oder Das kleine Hofkonzert, die eine willkommene Alternative zur hochgezüchteten Propaganda bereithielten und statt Kriegskummer staatspolitisch wichtige Unterhaltung boten. Auch der zweite Quax möchte den gepeinigten, bald ums nackte Überleben fürchtenden Zuschauer eine friedlich inszenierte Welt bieten, an einen anderen Ort zu einer besseren Zeit entführen und die Volksseele bedienen; ein Ziel, was ihm trotz aller Mängel auch durchaus gelingen mag, wenn man das Setting schon vorbeugend in die zivile Ära von 1932 zurückverlegt. Allerdings hat man selbst im Vergleich zum auch leicht strittigen Vorgänger Quax, der Bruchpilot [ 1941 ] diesmal leider schon eine ganz andere Tonart parat, die ihn nicht gerade zum Vorzeigebeispiel in Sachen political correctness machen. Abseits vorhandener rassistischer Tendenzen im letzten Drittel, in der man die Völkerschau der europäischen Kolonialzeit mitsamt fremdländischer Exotik und Erotik in der heimischen Kiesgrube wiederaufleben lässt, scheint auch vorher schon ein seltsam nationalistischer Schulterschluss - Ton durch. Der das teils bornierte Werk in Regie von Helmut Weiß und künstlerischer Gesamtleitung von Heinz Rühmann schwerer bekömmlicher macht als Kurt Hoffmanns aufgekratzten-romantisierenden Einstieg, welcher mit einer letztlich systemstabilisierenden Kritik innerhalb komödiantisch versüsstem Leichtsinn an das Thema heranging.

Wo dort noch eine trunkene Grundstimmung herrschte und man sich ausgelassen - freudestrahlenden Belanglosigkeiten hergab, ist man nun viel weniger beflügelt.
Ausserdem hat ganz offenkundig die ausgerechnet falsche Theorie aus dem Erstling angeschlagen: Otto Groschenbügel, genannt 'Quax' [ Heinz Rühmann ] ist nicht mehr der Querulant mit eigener Meinung, sondern der angepasste Nachplapperer mit stramm stehenden charakterlichen Eigenschaften. Wo er zuvor mit dem Lebensmotto "mit allem Komfort" durch die Gegend stiefelte, darf man jetzt nur noch "Disziplin !" von ihm hören.

Damit vermeidet man zwar eine Wiederholung der Geschichte, kann im günstigen Fall auch direkt an die bisherigen Erlebnisse an- und den Narrationskreis gleich mit schliessen und stellt sich als eine von den Ausgangspunkten her durchaus gekonnt zusammengeschusterte Fortsetzung dar. Aber hat wenig aus dem instinktiven Erfolg gelernt und weiss oftmals bei vielen Momenten eben nicht, was den Reiz von sowohl Rühmann als auch seiner verbundenen Filmographie darstellt. Seine Popularität beruhte zumeist auf dem narrativen Grundsatz der authoritären Erziehung, die er stellvertretend für das Publikum durchmachte; diesen Eingliederungs-, Anpassungs-, Einordnungs und Integrationsprozess der Sozialisation aber weitgehend unbeschadet überstand. Der kleine Mann, der sich in dem ersten Quax, Der Feuerzangenbowle, Keine Angst vor grossen Tieren, ja sogar noch in Der Pauker gegen höhere Mächte durchsetzen musste und diese Klippe von Missfallen und Widrigkeiten schlussendlich souverän überstand. Der Kleinbürger, der dem anstehenden Klimawandel von Unmut, Verärgerung, Verdrossenheit trotzte und sich auf seine spezielle Art bewährte, und sich in der Hirarchie festigen konnte, ohne seinen Charme und die Menschlichkeit zu verlieren. Der Spassmacher vom Dienst, der neben anderen zahlenmässig eingeschränkten Spielleitern wie Karl Hartl, Veit Harlan, Gustaf Gründgens, Carl Froelich, Gustav Ucicky und Willi Forst die absolute Spitzengage verdiente.

Die hiesige Erzählung nach Dr. Hermann Grotes "Quax auf Abwegen" präsentiert ihn dabei wirklich auf Irrgängen; ohne Umschweife befindet sich die Figur von Beginn weg in der Rolle des diktatorischen Fluglehrers, der bei seinen Schülern genau das kritisiert, was er zuvor selber praktiziert hat und was ihn einstmals auch seinen sympathisch individualistisches Wesen verliehen hat. Hier sieht man das Kind im Manne nur noch selten durchscheinen, stattdessen ist er direkt für die Herstellung der Ordnung zuständig. Die Kraft militärischen Gehorsams hat ihn ergriffen: Befehl ist Befehl und Dienst ist Dienst. Disziplin, Können und Kameradschaft werden proklamiert. Schliesslich stehen Menschenleben und Werte auf dem Spiel.
Auch die anderen Parts wie Hansen [ Lothar Firmans ], Besitzer der Fliegerschule Bergried, haben sich vom strengen Drangsal plötzlich zum altersweisen Belami mit Gentleman - Manieren morphiert, so dass man den Nachfolger theoretisch gleich mit differenzierten Rollennamen ausstaffieren könnte.
Noch nicht einmal die vorherige Liebe zwischen Quax und seiner Marianne Bredow [ Karin Himboldt ] hat Bestand: Nach ein paar Tagen Abwesenheit schmeisst sich Jeder an einen neuen Partner. Was zumindest im bayrischen Sujet dann auch schon der einzige Missklang prinzipientreuer Einstellung ist.

So herrscht diesmal eine affirmative Gleichschaltung vor statt einer stimmungsvoll-liebenswerten Parodie.
Ein mässig komödiantisches Schelmenstück mit einer wenig zugänglichen 'Identifikationsfigur' statt einer befreienden Lösung. Zwar ist die filmische Arbeit selbstsicher in einem vertrauten Milieu inszeniert, auch mit Rücksicht auf Dramaturgie, angezogenem Schnittrhythmus und modernen Montagen ausgestattet, aber von der glaubhaft dargestellten Aufbruchsstimmung und Improvisationstalent ist nichts mehr zu spüren. Der frühere Lausebengel wie Du und Ich als chauvinistischer Alphawolf und aggressiv überzogener Platzhirsch gleichermassen, der nicht nur Marianne in der Frauenschule auf die Haushaltsführung hat drillen lassen und anwesende weibliche Lehrlinge als "Himmelsziegen" bezeichnet; sondern auch den ehedemen opportunistischen Humor, das subversive Potential und die Karikatur von Obrigkeitsstaat und Untertanengeist zuungunsten simplen Beleidigungen und Schimpfkanonaden verloren hat. Die flotte Bildregie fängt keine gutgetimten Sketche ein, sondern verlegt sich gemäss der Beherrscher der Luft - Propaganda auf angeschnittene Actionszenen, die neben vielen Manövern und [Beinahe-]Abstürzen auch eine Verfolgungsjagd Flugzeug / Eisenbahn bereithalten; wobei auffällig ist, dass man weder auf treffendem Witz noch realismusantäuschenden Modellen und Rückprojektionen wirklich viel Wert legt. Optimistischer Ansporn ist ebenso weg wie die Lockerheit, da hilft auch das zuhauf eingebrachte Singen und Musizieren der Bruderschaft nicht mehr viel. Zumal es erneut einen recht steifen Beigeschmack besitzt, entgegengesetzt zum weimarisch-seeligen Operettenentzücken [ Zwei Herzen im Dreivierteltakt, Der Kongress tanzt, Die Drei von der Tankstelle ] auch ungewohnt altbacken und fehl am Platze zugleich wirkt und teilweise uninteressante bis furchtbare Darsteller an Bord der Konfektionsware hat.

Der eigentliche Aufhänger des staubig-narzistischen 'Klamauks', der kein einziges Mal mehr von Seitenhieben profitiert, gestaltet sich dann in einem Wettflug über die Kontinente: Nach einem tänzerischen Balzakt auf Zwischenstation im südspanischen Granada stürzt Quax mit Renate Scholl [ Hertha Feiler ] im afrikanischen Busch ab, um die finale Episode als Verkürzung von Germanin - Die Geschichte einer kolonialen Tat auszuarbeiten: Im schwarzen Zauberland bekommt er prompt Kontakt mit den Eingeborenen, die ihn als 'weissen Gott, der von der Sonne fuhr' bezeichnen. Bwana Quax, der als arischer Übermensch vor den Farbigen kaum Angst und "die Brüder eh schon mal im Berliner Zoo gesehen" hat, revanchiert sich auf seine liebreizende Weise: "Willkommen, willkommen, ihr Trottel. Wo sind die Gastgeschenke ?"
Das sie ihm darauffolgend gerne einen Pfeil durch die Nase trimmen wollen, kann man ihnen schlecht verdenken.

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