Eine Kritik von Mein Senf (Bewertung des Films: 5 / 10) eingetragen am 25.08.2005, seitdem 877 Mal gelesen
Ein abartiger Sexualfetisch, der sich dank Internet, Schmuddelgazetten und Boulevardmagazinen wachsender Popularität erfreut, bildet die Grundlage für diesen Psychothriller, der vor allem den extremen Ekelfaktor seines Themas instrumentalisiert und darüber hinaus weniger Wert auf gut ausgearbeitete Spannungsbögen, oder einer sinnvollen Storyentwicklung legt.
Der australische Cop Phillip Jackson (Jack Thompson) ist auf Internetkriminalität spezialisiert und stößt bei seinen Recherchen im World Wide Web auf eine Seite, auf der Frauen abgebildet werden, die von ihren Partner vorsätzlich gemästet werden. Da es Ungereimtheiten gibt offensichtlich aber kein Gewaltverbrechen stattfindet, versucht er auf eigene Faust die Hintergründe der Internetseite aufzuklären und gerät dabei an den psychopatischen Feeder (Alex O’Lachlan), der bestreitet mit seinem Fetisch Straftaten zu begehen, aber mindestens eine fette Leiche im Keller hat.
Woher die Inspiration des Drehbuchautoren rührte, wird durch eine der ersten Szenen klar, in dem Cop Jackson im fernen Deutschland das Alter Ego des Kannibalen von Rothenburg dingfest machen darf. Das ganze wird dabei quasi dokumentarisch gezeigt, grausame Details, wie der berühmte tranchierte Penis, müssen dabei gar nicht mehr erfunden werden, sondern sind einfach vom tatsächlichen Fall übernommen worden. Als der traumatisierte Jackson dann bei seiner täglichen Internetrecherche, dem Feeder auf die Schliche kommt, hat der Film bereits seinen frühen Höhepunkt erlebt, da die Handlung hier quasi dokumentarisch und kein Stück überzogen wirkt. Mit den Waffen der modernen Polizeiarbeit, werden IP-Adressen gehakt und geblockt, langsam kommt der vermeidliche Jäger seinem Opfer näher. Hier blitzt einmal die Affinität von Regisseur Brett Leonard zu diesem Thema auf, die er in „Der Rasenmäherman“ (1992), „Hideaway“ (1995) und „Virtuosity“ (1995) ja schon hinreichend unter Beweis gestellt hat.
Die Kameraarbeit, gekennzeichnet von grellen Farbfiltern, hektischen Schnitten, unruhigen Schwenks - Videoclipästetik wirkt hingegen etwas unpassend und immer einen Deut zu experimentell. Parallelmontagen wie die Sexszene zwischen Cop und Freundin und das Pettings des Feeders mit seinem Opfer sind inszenatorisch zwar interessant, bleiben aber eine Message schuldig. Offenkundig soll die Nähe zwischen Jäger und Gejagten verdeutlicht werden. Immerhin hat auch Cop Jackson einen kleinen Fetisch und lässt sich beim Sex bereitwillig von seiner Gespielin unterdrücken. In allen anderen Bereichen sind Protagonist und Antagonist aber so denkbar unterschiedlich, dass man die Charakterzeichnung als schlicht misslungen, zumindest aber diffus bezeichnen muss. Schauspielerisch vermag Jack Thompson seine Rolle als getriebener, moralisch aufrechter Ermittler nur wenig überzeugend, bisweilen sogar langweilig darzustellen, während Alex O’Lachlan, dessen Rolle als durchgeknallter Bösewicht natürlich wesentlich dankbarer ist, charismatisch und bisweilen sogar sympathisch rüberkommt.
Als cleverer Schachzug erweist die Entscheidung, den Killer als engelsgesichtigen, makellosen Wohlstandsbürger zu portraitieren. Das ist zwar nicht ganz neu und erinnert in gewisser Weise an „The Dentist“ (1996), bildet aber einen gelungenen Kontrast zu seinem fettleibigen, bizarr entstellten Opfern. Misslungen ist hingegen der Versuch, relativ lange offen zu lassen, ob es sich bei dem Feeder lediglich um einen gewöhnlichen Perversen handelt, oder tatsächlich Gefahr von ihm ausgeht. Als Zuschauer hat man zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass nichts anderes als die Tötung des so genannten „Gainers“ durch den Feeder am Ende der gigantischen Fressorgie stehen muss. Dankenswerterweise wird dieser Akt ausgespart, ansonsten enthält der Film dem vom Ekel abgestoßenen und gleichzeitig faszinierten Zuschauer beinahe nicht vor. Exzessive Fressorgien, Pinkelspiele, rituelles Wiegen des Opfers, Einreibespielchen mit Muffins und Schwarzwälder-Kirschtorte und Fütterungen mit Einlaufschlauch und purem Fett. Gegen Ende werden solche Szenen standesgemäß immer bizarrer, im etwas lang gezogenen Finale kommen noch einige unvermittelte Gewaltausbrüche hinzu. Der Schlussgag
ist zwar originell, zerstört aber den halbwegs realistischen Grundton des vorangegangen Film. Schließlich weißt eine Texttafel eingangs darauf hin, dass die Charaktere in diesem Film zwar fiktiv seien, aber alles Gezeigten auf Tatsachen beruhe.
Unterm Strich hinterlässt „Feed“ einen äußerst zwiespältigen Eindruck und als Zuschauer gewinnt man den Eindruck, dass die Lust am Grenzenüberschreiten und Tabus brechen bei den Filmemachern größer war, als die bizarre Thematik in einen halbwegs überzeugenden Thrillerplot zu tauchen.
Daran werden ich mich noch lange erinnern:
Die Fettblase die der Feeder dem betäubten Cop unter die Haut spritzt, um ihn zu peinigen.
Unser News-Bereich wurde überarbeitet und wird in Kürze weiter ausgebaut werden, damit Sie stets aktuell über alle Neuigkeiten rund um die Welt des Films informiert sind.