Eine Kritik von McClane (Bewertung des Films: 7 / 10) eingetragen am 09.03.2002, seitdem 1228 Mal gelesen
Mit „From Hell“ haben die Hughes-Brüder Albert und Allen („Menace II Society“, „Dead Presidents“) einen viktorianisch anmutenden Thriller geschaffen.
Im London des Jahres 1888 geht Jack the Ripper um und ermordet Prostituierte. Diesem Gewerbe geht auch Mary (Heather Graham) nach ebenso ihre fünf engsten Freundinnen. Die sechs haben allerdings ein großes Problem: Eine Straßengang, die das Viertel beherrscht, verlangt Schutzgeld von ihnen. Als eine der Damen ermordet wird, fällt der Verdacht auch sofort auf die Gang. „From Hell“ zeichnet ein recht düsteres Bild vom London vergangener Tage und konzentriert sich auf die Personen aus dem sozialen Abseits. Allerdings wurde bei der Stilisierung arg übertrieben, denn düster ist ja ganz schön und gut, aber wie glaubwürdig wirkt ein Film, in dem nie auch nur ansatzweise die Sonne scheint? Trotzdem ist die Atmosphäre fantastisch.
Inspektor Abberline (Johnny Depp) wird auf die Morde angesetzt. Doch der Inspektor hat ein schweres Laster: Er ist süchtig nach Opium und Absinth. Würden ihm im Rausch nicht Visionen kommen, die bei der Aufklärung seiner Fälle helfen, hätte sein Vorgesetzter Police Inspector Sir Charles Warren (Robbie Coltrane) ihn längst an die Luft gesetzt. Die Figur des Inspektors ist erfrischend in der Riege der Hollywood-Helden. Denn Abberline ist zwar auch kein schlechter Mensch, aber für seine Sucht gibt es keine Entschuldigung. Trotz des gleichen Berufs und der gleichen Zeit ist Johnny Depps Figur weit entfernt von seinem „Sleepy Hollow“-Helden (obwohl der Trailer starke Assoziationen weckt).
Abberline beginnt zu ermitteln, merkt aber bald, dass es sich bei Jack the Ripper nicht um einen gewöhnlichen Mörder handelt. Denn der Killer geht präzise und nach einem Ritual vor und ist nicht auf Geld aus. Auch die Straßengang scheint auszuscheiden, doch bald werden weitere Prostituierte ermordet – und alle gehören zu dem Freundeskreis um Mary...
„From Hell“ ist ein Film, über den man im Vorfeld möglichst wenig wissen sollte. Denn bereits der Trailer verrät zu viel von dem Film und versaut einige Wendungen (zumal er wenig Appetit auf den Film macht).
Denn die Story ist genial erdacht worden und bietet eine stimmige Storyline voller Täuschungen und Plotwendungen. Die Spannung wird recht hoch gehalten. Leider ist im Punkt Story auch ein größerer Kritikpunkt zu finden: Zum Ende des Films hin, zieht sich „From Hell“ ein wenig. Die Szenen beginnen sich ein wenig zu wiederholen und der Film wirkt etwas gestreckt. Eine Hommage an "Der Elefantenmensch" ist übrigens auch zu finden.
Auch das Fehlen eines guten Showdowns fällt negativ ins Gewicht. Zwar kann man die Szenen kurz vor Schluss als Showdown bezeichnen, aber sie fallen ein wenig unspektakulär aus und das ach so tolle Täuschungsmanöver an dieser Stelle ist so durchsichtig, dass wohl jeder Zuschauer vor Inspektor Abberline den Irrtum erkennt.
Absolut fantastisch ist die Atmosphäre, auch wenn die Hughes Brüder ab und zu mal übertreiben (siehe oben). Die Bilder vom London des 19. Jahrhunderts sind wunderbar düster und sorgen für eine wohlige Gänsehaut. Denn in das Flair des Films kann man förmlich eintauchen.
Auch wenn sich „From Hell“ auch mal Elementen moderner Serienkillerfilme (zu Beginn) und Copkrimis (zum Ende hin) bedient, gibt es doch einige Tatsachen, die mal eine Abwechslung von der üblichen Hollywoodware bieten. Der ungewöhnliche Held ist nur eine davon. Allerdings waren die Damen des 19. Jahrhunderts ungefähr genauso schlau wie die Teenies der 80er Jahre Schlitzerfilme (Oh lecker Trauben, auch wenn das letzte Opfer, eine meiner Freundinnen noch dazu, damit geködert wurde, steig ich mal in die finstere Kutsche).
Die Schauspieler sind ziemlich gut. Johnny Depp spielt wie so oft den schrägen Sonderling auf seine gewohnt gute Art. Coltrane gibt mal wieder polternd den liebenswerten Rohling zum besten und auch die Nebenrollen (vor allem Ian Holm) sind eine Freude. Lediglich Heather Graham kann nicht so recht überzeugen. Zum einen lächelt sie ein wenig zu oft für ihre Rolle (oder glaubt irgendjemand, dass eine unfreiwillige Prostituierte, deren Freundinnen reihum aufgeschlitzt werden, noch viel Grund dazu hat). Zum andern scheint das Drehbuch (trotz aller Versuche nicht so sehr Hollywood zu sein) penibel auf ihre absolut positive Darstellung zu sein. Trotz ihres Berufs scheint sie sich überhaupt nicht für Freier zu interessieren und wenn der ganze Freundeskreis morgens beim Waschen ist, sieht sie aus wie aus dem Ei gepellt – ihre Freundinnen hingegen haben ungepflegtes Haar und etwas Dreck im Gesicht (wer will raten was realistischer ist?).
Trotz der angesprochenen Kritikpunkte ist „From Hell“ kein schlechter Film, sondern ein solider Thriller mit sehr viel Sinn für Atmosphäre.
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