Deep Throat (1972) & Laß jucken Kumpel (1972)
Alfred Kinsey und Herbert Marcuse leisteten Vorschub, nach Einführung der Pille ereignete sich dann (auch in der Praxis) die sexuelle Revolution im Rahmen der 1968er-Bewegung. Als sich im Rahmen dieser Bewegung und auch im Angesicht der sexuellen Revolution die Frauenbewegung vor allem in den frühen 70er Jahren formierte, da waren die Errungenschaften der sexuellen Revolution längst schon vor allem der Verwertungslogik zum Opfer gefallen: Die entsprechenden Filme und die Frauenbewegung standen sich quasi diametral gegenüber und waren doch Produkte ein und derselben Bewegung.
Den Höhepunkt solcherlei filmischer Erzeugnisse bildete – gemessen an der Breitenwirksamkeit, nicht an seiner Qualität – Gerard Damianos am 12. Juni uraufgeführter "Deep Throat" mit Linda Lovelace und Harry Reems. Der pornografische Schnellschuss mit Schnürsenkelbudget, das teils von der Mafia gekommen sein soll, machte den pornografischen Film gesellschaftsfähig, begründete den porno chic der 70er-Jahre und spielte das unverhältnismäßig vielfache seiner Kosten wieder ein: auch Figuren des öffentlichen Lebens von Rang und Namen zählten zum Publikum des Films, der kurz darauf auch einen Decknamen im Watergate-Skandal abgab; und der sich mit reichlich Klamauk und einem launigen Soundtrack um eine junge Frau dreht, deren Klitoris in der Kehle sitzt, sodass entsprechend tiefreichende Fellatio-Akte ihr die Befrieidung verschaffen, die vorher ausgeblieben ist. Trotz dieser Prämisse, die gerade die weibliche Lust ins Zentrum setzt, ist es aber doch vor allem der Orgasmus des Mannes, der besonders zelebriert wird. Ganz und gar nicht konform mit dem Freiheitsdrang der sexuellen Revolution geht indes die eigentlich recht konservativ verlaufendes Handlung daher, die mit einer wenig beglückenden Orgie startet und im vielversprechenden Hafen der Ehe endet. Der eigentliche Skandal folgte aber erst, als Linda Lovelace später von den Drehbedingungen berichtete: So seien zahlreiche Misshandlungen durch ihren Lebensgefährten den Dreharbeiten vorausgegangen und teils von der Crew registriert und weitestgehend ignoriert worden. Mit Feministinnen sprach Lovelace dann auch über Gewalt, Zwang und Nötigung sowie Erniedrigung im Porno-Geschäft insgesamt; dass Lovelace späterhin auch eine Ausbeutung durch feministische Gruppen beklagte, führte dazu, dass diejenigen, die diese Anklagen nicht berücksichtigen wollten, ebendiese Anklagen leichtfertig als gelogenen Unfug komplett beiseitewischen konnten. Für die Sicht von Lovelace, die in diesem April 70 geworden wäre, aber vor 20 Jahren inmitten tragischer Lebensumstände ein frühes Ende in einem Verkehrsunfall fand, machte sich 2013 Rob Epsteins und Jeffrey Friedmans Biopic "Lovelace" mit Amanda Seyfried in der Titelrolle stark.
Hierzulande trieben die Unterhaltungsfilm-Auswüchse der sexuellen Revolution auch unter Einfluss der Bücher und Filme Oswalt Kolles ihr Unwesen zunächst etwas verschämter unter dem Deckmantel des Dokumentarischen: Ernst Hofbauers "Schulmädchen-Report - Was Eltern nicht für möglich halten" (1970) war nach einer Reportage Günther Hunolds der Startschuss einer langen Reihe von Fortsezungen und Blaupause für vergleichbare Kost. Die Befriedigung des Voyeurismus unter dem Deckmantel des Dokumentarischen war möglich geworden, nachdem die FSK in den 60er Jahren im Zusammenhang mit den sogenannten Schwedenfilmen und der Aktion Sauberen Leinwand dem gesellschaftlichen Wandel folgte oder vielmehr Teil seines Ausdrucks war; vom Aufklärungsfilm war über teils mondo-artige Muster der Weg zum reinen Sensationalismus nicht weit. Regisseure wie Alois Brunner oder Franz Marischka fanden für ihre Sexfilme auch eindeutige Spielfilmformen, vor allem die Komödie. Der am 28. Juli 1972 uraufgeführte "Laß jucken, Kumpel!" von Marischka wird bisweilen noch als Ruhrpott-Milieustudie gelesen, die als solche noch semi-dokumentarische Ansätze aufweise (und auch zunächst als dokumentarisches Werk beworben wurde), vor allem aber vermengt der Film das Drama mit der klarer in den Vordergrund tretenden Komödie: Der einstige Schlager- und Heimatfilmer Marischka bemüht sich um Lokalkolorit, wenn er die Ehe seines Hauptfigurenpaares einfängt, die nach den Büchern von Hans-Henning Claer zwischen Maloche und Zechen und ihren Herausforderungen einerseits und den erotischen Bedürfnissen und Gelüsten andererseits durch diverse Episoden plätschert. Der kommerzielle Erfolg des Films war enorm, bald gab es dafür die Goldene Leinwand. Mehrere Fortsetzungen folgten, wobei der Ulk noch stärker in den Vordergrund rückte und gerade die Figur des Italieners Lucky unfreiwillig den despektierlichen Blick der Bevölkerung auf die ausländischen Gastarbeiter wiederspiegelte.
Die positiven Aspekte des Films stellt HappyHarry mit dem Harten ins einem Review heraus...
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