Skepp till India land (1947)
Zwei Filme hatte er 1946 bereits vorgelegt. Am 22. September 1947 brachte Ingmar Bergman seinen dritten Film in die schwedischen Kinos, nachdem er kurz zuvor in Cannes zu sehen war. Bergman war da gerade erst 29 Jahre alt, hatte sich aber mit bald siebenjähriger Theaterarbeit, dem Drehbuch zu "Hets" (1944) und den ersten Regiearbeiten bereits weitgehend etabliert. Im Rückblick hat man im Bewusstsein, dass Bergman zehn Jahre später – nach einigen vorläufigen Höhepunkten wie "Sommarlek" (1951), "Sommaren med Monika" (1953), "Gycklarnas afton" (1953) und "Sommarnattens leende" (1955) – seine Phase rasch aufeinanderfolgender Meisterwerke beginnen sollte, dass er selbst später seine ersten Filme als naiv und als Kopien von Julien Duvivier und Marcel Carné kritisierte, dass sein Ableben noch ganze sechs Jahrzehnte in der Ferne lag. Dementsprechend droht "Skepp till India land" ein wenig in Vergessenheit zu geraten und bloß noch von Bergman-Komplettist(inn)en gesichtet zu werden: Diese Komplettist(inn)en bekommen dann aber ein relativ stimmiges Frühwerk geboten, in dem – wenn auch ein Theaterstück von Martin Söderhjelm die Grundlage bildet – vieles bereits angelegt ist. Zwar wird hier recht melodramatisch eine Dreiecksgeschichte mit einer Frau zwischen Vater und Sohn entwickelt, die noch zu allem Überfluss auf ein positives Ende hinausläuft, an dem alles Unheil überwunden zu sein scheint; aber diese in der Tat naive Geschichte eines jungen Paares, dessen Glück bedroht ist, besitzt inszenatorisch starke Momente, angefangen beim Vorspann, der unbewegte Hafenarbeiter und Seeleute vor wogender, glänzender See zeigt, ehe sich diese Liebes- und Eifersuchtsgeschichte im Regime des Ozeanischen entwickelt. Und dann sind da jenseits der Form die inhaltlichen Aspekte: hier befindet sich bereits die tiefe Verachtung zwischen zwei Menschen, die einander nahestehen und von dieser Nähe zu Abwehr und Attacken getrieben werden; hier befindet sich die Kränkung zwischen Liebenden, um die sich Scham und Enttäuschung ranken; hier gibt es diese Kluft zwischen dem, was ist, und dem, was begehrt wird. Auch wenn Bergman sein "Skepp till India land" späterhin nicht sonderlich schätzte, so fällt es nicht schwer, darin doch eine Keimzelle seiner späteren Filme zu entdecken; und wenn man dieses Frühwerk dann nicht bloß mit seinem Haupt-, sondern auch mit seinem durchwachsenen Spätwerk vergleicht (von dem zu distanzieren Bergman naturgemäß nicht mehr die Zeit hatte), fällt es zusätzlich schwerer, diesen Film – der seinerzeit recht geteilt wahrgenommen worden ist – als Anfängerfehler zu betrachten.
In der Classic Bergman Box von Artificial Eye liegt "Skepp till India land" seit rund zehn Jahren auf Blu-ray vor: Fassungseintrag von ratz
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