Sisters (1972)
Zwar hatte Brian de Palma bereits 1969 bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin durch den Silbernen Bären für seine Satire "Greetings" mit Robert de Niro auf sich aufmerksam gemacht, doch richtig bekannt wurde er erst im Verlauf der 70er-Jahre, als er seine Verehrung für Alfred Hitchcock in seinen Filmen ausdrückte und den Altmeister, der zu dieser Zeit längst seinen Zenit überschritten hatte, exzessiv – manche Kritiker meinen bis heute: zu exzessiv – zitierte.
Ein erster Schritt in diese Richtung war der am 18. November 1972 uraufgeführte "Sisters", der Elemente wie den Voyeurismus-Aspekt aus "Das Fenster zum Hof", den abrupten und völlig unerwarteten Tod einer Hauptfigur aus "Psycho" und nicht zuletzt die langen Kamerafahrten u.a. aus "Cocktail für eine Leiche" herauspickt und sie zu einer neuen Geschichte verbindet, die permanente Déjà-vus hervorruft. Das hat auch mit der musikalischen Untermalung von keinem Geringeren als Bernard Herrmann zu tun, Hitchcocks einstigem Stammkomponisten, der einen im besten Sinne altmodischen und mitunter schrillen Score beisteuert.
de Palma macht sich allerdings auch den Fortschritt der Technik zunutze und bringt einige bemerkenswerte visuelle Ideen ein wie etwa die Egoperspektive oder die Split-Screen-Technik, die noch in den Kinderschuhen steckte und es nicht nur ermöglichte, zwei Ereignisse parallel stattfinden zu lassen, sondern auch ein und dasselbe Ereignis aus unterschiedlichen Perspektiven. Dies bringt der 32-jährige Regisseur vor allem in einer Szene gewinnbringend ein, wenn auf der einen Seite ein Pärchen beim Vertuschen eines Mordes gezeigt wird und auf der anderen Seite die Augenzeugin eben jenes Mordes, wie sie die Polizisten zur Wohnung führt, in der gerade die Vertuschungsaktion stattfindet. In diesem Moment greift dann auch Hitchcocks gern genutzte Zuschauermanipulation, den Tätern die Daumen zu drücken, obwohl es lediglich wenige Minuten her war, dass die Mörderin den Helden auf brutale und sehr fiese Weise niedergestochen hat.
Zum Finale dieser nicht selten abstrusen Geschichte um mysteriöse Zwillingsschwestern, das den Film deutlich in Richtung Horror umkippen lässt, sind auch neuere Einflüsse – allen voran Roman Polanski mit "Rosemary's Baby" – nicht mehr wegzudiskutieren, die den Film zu einer interessanten, weil zwischen klassischem und modernem Stil schwankenden Erfahrung machen. Brian de Palma selbst hatte mit "Sisters" aber gerade erst angefangen, seine Handschrift zu verfeinern.
Seit fast 2½ Jahren liegt de Palmas Klassiker hierzulande im schmucken Mediabook auf Blu-ray vor: Fassungseintrag von Freddy Krueger
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