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von ratz

Vor 50 Jahren: Der dritte Teil aus Costa Gavras Polit-Trilogie

Stichwörter: Costa-Gavras Deutschland Drama Frankreich Italien Jubiläum Klassiker Montand Polit-Thriller Solinas Spielfilm Thriller

État de siège (1972)

Der „politische Film“ hatte im ideologisch aufgeladenen Klima des Kalten Krieges Konjunktur, vor allem seit den Studentenbewegungen ab den späten 1960er Jahren und natürlich nur westlich des Eisernen Vorhangs. Das Politische konnte dabei mehr oder weniger manifest auftreten, es mochte subversiv in Genrefilmen wie Western oder Thrillern anklingen oder ganz explizit verhandelt werden wie im ganz großen Klassiker von Gillo Pontecorvo, „La battaglia di Algeri“ (1966, Anniversary-Text). Der griechisch-französische Regisseur Costa Gavras war Pontecorvos Beispiel gefolgt und hatte mit den Polit-Thrillern „Z“ (1969) und „L’aveu“ (1970) zwei mitreißende Plädoyers gegen das Vorgehen von Unrechtsstaaten vorgelegt. Mit „État de siège“, der am 30. Dezember 1972 in Deutschland Premiere feierte, schloß er diese Quasi-Trilogie auf hohem Niveau ab.

Auch in „État de siège“ basiert der Plot auf tatsächlichen, gerade zwei Jahren zurückliegenden Ereignissen, auch hier zeigt Costa Gavras die Verletzbarkeit der Demokratie und die Folgen ihrer Aushöhlung oder gar Abschaffung durch antidemokratische Machthaber. Erneut spielt Yves Montand die Hauptrolle – diesmal allerdings als Antagonist, als US-amerikanischer Agent, der eine undemokratische Regierung in Uruguay unterstützt und von einer linken Guerillagruppe entführt wird. Costa Gavras und der erfahrene Drehbuchautor Franco Solinas inszenieren die Entführung und ihr unrühmliches Ende als spannenden Thriller, dessen dokumentarische Machart für Authentizität sorgt, aus seiner Sympathie für die Guerilla keinen Hehl macht und damals wie heute viel Diskussionsstoff über Gewalt als politisches Mittel bereitstellt. Wie treffsicher allerdings Costa Gavras‘ Darstellung der Instabilität in den lateinamerikanischen Staaten war, zeigt sich nur wenige Monate, nachdem die Arbeiten für „État de siège“ in Chile abgeschlossen waren (in Uruguay selbst konnte der Film wegen der inhaltlichen Brisanz nicht gedreht werden): im September 1973 putschte das Militär gegen die demokratisch gewählte chilenische Regierung und etablierte eine Militärdiktatur, die 13 Jahre lang bestehen sollte. Auch dafür wurden die Voraussetzungen nicht zuletzt durch US-amerikanischen Geheimoperationen geschaffen – der Hauptanklagepunkt in „État de siège“.

Costa Gavras‘ Polit-Trilogie gilt heute als sein wichtigstes Vermächtnis (er konnte später an den Erfolg dieser Filme nicht mehr wirklich anschließen) und bleibt angesichts der globalen Tendenzen, demokratische Staatsstrukturen zu unterminieren, unvermindert aktuell. Wie „Z“ und „L’aveu“ ist auch „État de siège“ im letzten Jahr bei Filmjuwelen auf Blu-ray erschienen (Fassungseintrag) und hat ein ansehnliches, kontextualisierendes Bonuspaket an Bord. Und wie auch für die anderen Teile von Costa Gavras Trilogie warten die OFDb-User Bretzelburger und buxtebrawler mit ausführlichen und tiefschürfenden Kritiken auf.


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