Musik i mörker (1948) & Hamnstad (1948)
Die Filme Ingmar Bergmans, die am 17. Januar 1948 und am 11. Oktober 1948 zur Uraufführung gelangen, stellen erst einmal keine große Überraschung dar: Wie in "Det regnar på vår kärlek" (1946) und "Skepp till India land" (1947) geht es auch 1948 erst in "Musik i mörker", dann in "Hamnstad" wieder über junge Paare in Bedrängnis. Und doch kann man in beiden Fällen auch Alleinstellungsmerkmale wahrnehmen: So war "Musik i mörker" eine Auftragsarbeit des Regisseurs, der zuvor – aus dem Theater kommend – Bühnenstücke als Vorlagen seiner Filme wählte. Diesmal wurde von seinem Produzenten Lorens Marmstedt ein Roman von Dagmas Edqvist an Bergman herangetragen. Dieser tat "Musik i mörker" späterhin gerne als vernachlässigenswerte Auftragsarbeit ab; vielleicht weil etwa das Thema der Blindheit darin mit einer Bedeutungsschwere verarbeitet wird, wie man sie eher im Stummfilm à la "Gang in die Nacht" (1921) beobachten konnte. Dennoch: Die Geschichte eines erblindeten jungen Mannes, der sich nunmehr der Musik widmet, und einer angehenden Lehrerin (Mai Zetterling), die Gefühle für ihn empfindet, welche die Umgebung jedoch zu unterdrücken gedenkt, bis sich schließlich beide zum Ende hin füreinander stark machen und ihre jeweilige Berufung erkennen, knüpft schon an Bergmanns frühere Filme an. Die Hoffnung des Titels und die Kraft der Musik gehen konform mit einer Bildsprache, die auf Emotionalisierung und Überwältigung setzt: überrumpelnde Kontrastmontage, symbolische Traumsequenzen, idyllische Landschaften, dramatische Schattenwürfe, zaghafte Nackheit, auffällige Untersichten – Bergman zieht alle Register... und es ist vielleicht genau dieser etwas manipulative, bemühte Touch, der die berechnende, optimistische Handlung zu einem teils als schwülstig, teils als kommerziell eingestuften Ergebnis führte. Ein Ergebnis, das sich freilich auch genießen lässt: nicht grundlos gehört "Musik i mörker" zu Bergmans größeren Erfolgen im Frühwerk.
Mehr verrät Cineast18 in seinem Review...
Der folgende "Hamnstad" geht eher einen anderen Weg: Trotz hoffnungsvoller Zuversicht des jungen Liebespaares am Ende dieses Film ist der Film doch eher pessimistisch. Auch von innen droht sich die junge Liebe zu zersetzen, womit Bergman seinen späteren Filmen etwas näher kommt. Ein Matrose und eine suizidale Frau kommen sich hier näher, freunden sich an, derweil das drohende Erziehungsheim wie ein düsterer Alpdruck über der jungen Frau liegt, deren Lebenswandel den Geliebten auch nicht vollends erfreuen wird. Formal nahm sich Bergman – wie so viele ambitionierte Regisseure in den nächsten ein bis zwei Dekaden – den frisch aufgekommenen Neorealismus zum Vorbild; Themen wie Abtreibung und Settings wie Industrieanlagen sorgen zusätzlich für einen realistischen Touch, der von der Kritik meist honoriert wurde. Doch weder der vereinnahmende Schwulst, noch der herbe Realismus gaben eindeutige Richtungen vor: Bergman sollte immer wieder realistische Bestrebungen, Theatralik, Symbolismus, surreale Spitzen, Verfremdungseffekte, Süßlichkeit, Komödiantisches, Horribles, Kammerspielhaftes und vieles mehr vermengen. Die sich immer wieder (mal mehr, mal weniger deutlich) wandelnde, mehrer Phasen durchlaufende Form sollte zwar Wiedererkennungsmöglichkeiten bieten, aber es sollten eher Themen (Schuld, Scham, Qual) und oftmals bühnentaugliche Dramaturgien sein, die man fest mit Bergman verbindet, weniger ein konsequent durchgehaltener Stil...
Mit anderen frühen Werken bis zu Bergmans internationalem Durchbruch liegt "Hamnstad" in der Ingmar Bergman Edition 3 bei Arthaus kostengünstig auf DVD vor: Fassungseintrag von Vince
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