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von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Djibril Diop Mambétys erster Langfilm

Stichwörter: 1970er Drama Jubiläum Klassiker Komödie Mambéty Satire Senegal Spielfilm Tragikomödie

Touki Bouki (1973)

Ein Schlachthof im Senegal. Blutig lassen dort einige Rinder ihr Leben, ehe sie zerteilt werden. Auf dem Hinweg reitet ein Junge auf einem der Tiere der getriebenen Herde voran. Nach der Schlachthofszene, die in ihrer Drastik noch immer zu den eindringlichsten Schlachthaus-Szenen gehört, wird er wieder durchs Bild reiten: ganz alleine, der Kamera entgegen. Auf der Kamera dröhnt bereits Motorenlärm. Einen Schnitt später sieht man den Herangewachsenen im over the shoulder shot auf seinem Motorad durch die Gassem rasen, zwei Hörner eines Rinderschädels als Lenkergriffe. Mory, der junge Mann, ist vom Cowboy zum Easy Rider avanciert, hervorgegangen aus einem gewalttätigen Schlachthaus-Milieu, in dem man lernt, vom Leid anderer Lebewesen zu profitieren. All das steckt in diesem prägnanten, mitreißenden Beginn... und noch etwas mehr: Der over the shoulder shot, der fast schon die Hörner als Bestandteile von Morys Körper erscheinen lässt, lässt scheinbar die männliche Hauptfigur den selbstgewählten Weg der Rinder beschreiten... Begleiten wird ihn dabei die Studentin Anta, eine recht emanzipierte Figur, die mit Mory den Traum von einer Karriere in Frankreich teilt: Pariser ist der Sehnsuchtsort, der beiden Erfolg und einen Ausweg aus ärmlichen Verhältnissen bieten soll. Gaunereien sollen auf Kosten Anderer den Weg zu den begehrten Schiffskarten ebnen. Den Weg der Rinder soll aber letztlich eine andere Figur gehen: ein Dieb, der mit dem Gefährt mit dem Hörner-Lenkrad unter die Räder kommt. Mory wird mit dem zerbrochenen Schädel in seiner Heimat und bei seinen Erinnerungen bleiben, bloß Anta wird an Bord gehen, wo zum wiederholten Mal ein Paris-Chanson und erstmals ein paar französische Dialoge, die sich etwa über afrikanische Kunst erheben, neben Antas Abgeschiedenheit an Bord einen ironischen Blick auf die Hoffnungen einer besseren Zukunft ergeben. So reichhaltig wie unterhaltsam ist das im Mai 1973 uraufgeführte und in Cannes bei den Filmfestspielen ausgezeichnete Langfilmdebüt von Djibril Diop Mambéty, der zuvor schon einen 25- und einen 60-Minüter vorgelegt hatte. "Touki Bouki", also die den deutschen Titerlzusatz ergebende "Reise der Hyäne", war der Film, der Mambéty zur großen Leitfigur senegalesischen Kinos neben Ousmane Sembène machte: Als solche ist er in die Filmgeschichte eingegangen, auch wenn er bloß noch einen weiteren Langspielfilm in seiner überschaubaren Filmografie vorlegen konnte: die Dürrenmat-Verfilmung "Hyènes" (1992).
In Martin Scorsese’s World Cinema Project No. 1 liegt der Klassiker neben fünf anderen Meistwerken des Weltkinos bei Criterion als Dual Format Edition vor: Fassungseintrag von ~Nightwalker~


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