Beitrag

von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Unbequeme Vergangenheitsbewältigung aus Japan

Stichwörter: 1960er Drama Historienfilm Japan Jubiläum Klassiker Krieg Literaturverfilmung Spielfilm Suzuki Tamura

Shunpu den (1965)

Seijun Suzuki konnte Mitte der 60er Jahre auf zehn Jahre Regie-Erfahrung und knapp 30 Filme zurückblicken, aber erst "Yaju no seishun" (1963) geriet in seinen Augen - und den Augen einiger Kritiker - zum ersten originären und hochwertigen Suzuki-Streifen. Damit beginnt eine nach wie vor ausgesprochen produktive, zugleich aber auch herausragende Phase, während der er im engen Rahmen der Studiobedingungen seine künstlerischen Ambitionen umzusetzen trachtete - die dann aber bereits im Rahmen von "Koroshi no rakuin" (1967) durch ein Zerwürfnis mit Studiobossen zu ihrem Ende gelangte.

"Shunpu den" ist - wie zuvor Suzukis "Nikutai no mon" (1964) - die Verfilmung eines Taijirô Tamura-Romans. Der zugrundeliegende Roman wurde bereits - von Akira Kurosawa in ein Drehbuch umgearbeitet - 1950 verfilmt, doch Suzuki, der wie Tamura in den frühen 40er Jahren an der Front im Japanisch-Chinesischen Krieg eingesetzt worden war und den Krieg später als absurd und brutal bezeichnete, bemüht sich in seiner Version um einen düsteren und scharfen Tonfall. Erzählt wird im Film die Geschichte einer 'Trostfrau', einer Prostituierten, die mit Leidensgenossinnen die Moral der kämpfenden Truppen stärken soll und in diesem Rahmen von dem sadistischen Hauptmann Narita regelmäßig vergewaltigt und misshandelt wird. Zwar kann sie eine sanfte Liebesbeziehung zu einem Untergebenen des Hauptmanns aufbauen, doch wird ihre Beziehung von Narita, vom Kriegsgeschehen und von den eingeimpften Vorstellungen von 'Ehre' gleichermaßen belastet. Die Thematik des von allerlei Kriegsverbrechen begleiteten 'Trostfrauen'-Einsatzes und die scharfe Kritik am absurd erscheinenden militärischen Ehrenkodex machen den am 28. Februar 1965 uraufgeführten Film zu einem vergleichsweise schonungslosen Beitrag japanischer Vergangenheitsaufarbeitung. Suzukis mitunter arg experimentierfreudiger Stilwille beschränkt sich hier im Prinzip auf den Nouvelle Vague-geprägten Einsatz von Standbildern (den zuvor bereits Truffaut, Marker und Varda erprobten) und setzt ansonsten auf relativ konventionelle, aber kunstvoll gestaltete Breitbild-Kompositionen in geschickt kreierten s/w-Bildern.
Bei Eye See Movies liegt der Film im digipak auf DVD vor: Fassungseintrag von Shinji Ikari


Kommentare und Diskussionen

  1. Noch keine Kommentare vorhanden

Um Kommentare schreiben zu können, müssen Sie eingeloggt sein.

Registrieren/Einloggen im User-Center

Details
Ähnliche Filme